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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 176/2012 vom 10.02.2012
Einigung beim Kreislaufwirtschaftsgesetz
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat sich am 08.02.2012 über das künftige Kreislaufwirtschaftsgesetz als Nachfolgegesetz zum heutigen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz geeinigt (vgl. auch Presseinformation der Landesregierung NRW Nr. 141/2/2012). Streitpunkt war bis zuletzt der Schutz der bestehenden Erfassungssysteme der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (Städte, Gemeinden und Kreise) vor gewerblichen Sammlungen von verwertbaren Abfällen.
Nunmehr ist folgende Kompromiss-Regelung gefunden worden: Die Abfallüberlassungspflicht der privaten Haushalte bei (nicht gefährlichen) Abfällen zur Verwertung entfällt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 KRWG-E nur dann, wenn diese durch gewerbliche Sammlung einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt werden, soweit überwiegende öffentliche Interessen dieser Sammlung nicht entgegen stehen. Gemeinnützige oder gewerbliche Sammlungen sind unzulässig für gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen und gefährliche Abfälle.
Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 KrWG —E stehen überwiegende öffentliche Interessen einer gewerblichen Sammlung entgegen, wenn die Sammlung in ihrer konkreten Ausgestaltung, auch im Zusammenwirken mit anderen Sammlungen, die Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, des von diesem beauftragten Dritten oder des aufgrund einer Rechtsverordnung eingerichteten Rücknahmesystems gefährdet.
Eine Gefährdung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers oder des von diesen beauftragten Dritten ist anzunehmen, wenn die Erfüllung der Abfallentsorgungspflicht durch den öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträger zu wirtschaftlich ausgewogenen Bedingungen verhindert oder die Planungssicherheit und Organisationsverantwortung wesentlich beeinträchtigt wird (§ 17 Abs. 3 Satz 2 KrWG-E).
Eine wesentliche Beeinträchtigung der Planungssicherheit und Organisationsverantwortung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers ist insbesondere anzunehmen, wenn durch die gewerbliche Sammlung
- Abfälle erfasst werden, für die der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger oder der von diesem beauftragte Dritte einer haushaltsnahe oder sonstige hochwertige getrennte Erfassung und Verwertung der Abfälle durchführt,
- die Stabilität der Gebühren gefährdet wird oder
- die diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen wird (§ 17 Abs. 3 Satz 3 KRWG-E).
Nunmehr werden die Sätze 4 bis 6 (neu) an den § 17 Abs. 3 KrWG-E angefügt. Diese lauten:
"Satz 4:
§ 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 1 und Nr. 2 KRWG-E gilt nicht, wenn die vom gewerblichen Sammler angebotene Sammlung und Verwertung der Abfälle wesentlich leistungsfähiger ist als die von dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder den von ihm beauftragten Dritten bereits angebotene oder konkret geplante Leistung.
Satz 5:
Bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit sind sowohl die in Bezug auf die Ziele der Kreislaufwirtschaft zu beurteilenden Kriterien der Qualität und der Effizienz, des Umfangs und der Dauer der Erfassung und Verwertung der Abfälle als auch die aus Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilende gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit der Leistung zugrunde zu legen.
Satz 6:
Leistungen, die über die unmittelbare Sammel- und Verwertungsleistung hinausgehen, insbesondere Entgeltzahlungen, sind bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit nicht zu berücksichtigen“.
Mit Blick auf die nunmehr gefundene Kompromiss-Regelung ist auf Folgendes hinzuweisen:
In § 17 Abs. 3 Satz 4 KrWG-E wird niedergelegt, dass die Sammel- und Verwertungsleistung des gewerblichen Sammlers „wesentlich leistungsfähiger“ sein muss, als dass bereits bereitgestellte oder konkret geplante Angebot des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers. Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist entscheidend, dass für die in Satz 5 genannten Leistungskriterien messbare und gewichtige Leistungsvorteile vorliegen. Eine nur unwesentliche Verbesserung des Angebots bleibt damit außer Betracht. Die Darlegungs- und Beweislast für die höhere Leistungsfähigkeit der gewerblichen Sammlung trägt wie bisher dessen Träger.
Darüber hinaus ist die Anwendung der Prüfung der Leistungsfähigkeit beschränkt worden. Die Gleichwertigkeitsprüfung bezieht sich jetzt nicht mehr auf § 17 Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 KrWG-E („diskriminierungsfreie und transparente Vergabe von Entsorgungsdienstleistungen im Wettbewerb erheblich erschwert oder unterlaufen würde“). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass vertragliche Regelungen zwischen dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und einem privaten Dritten (privaten Entsorgungsunternehmen) nicht durch gewerbliche Sammlungen unterlaufen werden können. Insoweit wird auch die private Entsorgungswirtschaft als Vertragspartner eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers geschützt.
Die neue Formulierung in § 17 Abs. 3 Satz 5 KRWG-E stellt jetzt darauf ab, dass die gemeinwohlorientierte Servicegerechtigkeit aus der Sicht aller privaten Haushalte im Gebiet eines öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu beurteilen ist. Damit wird sichergestellt, dass es für den Leistungsvergleich nicht allein auf die vom Sammler ggf. gezielt ausgesuchten ertragreichen Erfassungsgebiete ankommt, d.h. es wird auf das gesamte Zuständigkeitsgebiet des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers abgestellt.
Der neue § 17 Abs. 3 Satz 6 KRWG-E stellt ausdrücklich klar, dass es für die Prüfung der Leistungsfähigkeit allein auf einen Vergleich der konkreten Sammel- und Verwertungsleistung ankommt und Entgeltzahlungen sowie eventuelle weitere Zusatzangebote des gewerblichen Sammlers zu seiner Sammlung, wie etwa eine Müllsortierung in Großwohnanlagen oder eine Stellplatzreinigung nicht in die Vergleichsbetrachtung einbezogen werden dürfen. Damit wird sichergestellt, dass der gewerbliche Sammler sein Angebot nicht mit Zusatzleistungen aufwerten darf, die nicht in der Zweckbestimmung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes liegen.
Die Bundesregierung hat eine einseitige Protokollerklärung abgegeben, wonach sie die im Kompromiss gefundenen Regelungen binnen eines Jahres nach dem Inkrafttreten des KRWG erneut überprüfen möchte. Bundestag und Bundesrat haben am 09.02.2012 bzw. 10.02.2012 den im Vermittlungsausschuss gefundenen Kompromiss angenommen. Nach der Annahme durch den Gesetzentwurf ist davon auszugehen, dass das Gesetz nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten voraussichtlich am 01.06.2012 oder 01.07.2012 in Kraft treten wird.
Az.: II/2 3102 qu-ko