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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 220/2022 vom 06.04.2022
Energiebeschaffungskosten: Kommission nimmt Befristeten Krisenrahmen zur Stützung der Wirtschaft an
Die Europäische Kommission hat am 23.03.2022 einen Befristeten Krisenrahmen angenommen, der die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen soll, den in den Beihilfevorschriften vorgesehenen Spielraum zu nutzen, um die Wirtschaft infolge der Invasion von russischen Truppen in die Ukraine zu stützen. Um die Folgen der Sanktion gegen Russland, die sich auch auf die europäische Wirtschaft auswirken, abzumildern, ergänzt der Befristete Krisenrahmen das bestehende Instrumentarium für staatliche Beihilfen um viele andere Möglichkeiten. So können die Mitgliedstaaten zum Beispiel Maßnahmen zur Entschädigung von Unternehmen für unmittelbar durch außergewöhnliche Umstände erlittene Schäden und Maßnahmen, die in den Mitteilungen der Kommission über die Entwicklung des Energiemarkts aufgezeigt sind, treffen. Nach Einschätzung der Geschäftsstelle erlaubt es der Rahmen der Bundesregierung, kommunale Unternehmen mit einem Bürgschaftsprogramm zur Beschaffung von Energie auf dem Großmarkt zu unterstützen, welches diese vor Preisschwankungen schützt. Der Bundeswirtschaftsminister hat ein solches Programm in Aussicht gestellt.
Der neue Rahmen bietet laut Pressemitteilung der Kommission den Mitgliedstaaten die Möglichkeit,
- Unternehmen, die von der derzeitigen Krise oder den deshalb verhängten Sanktionen und Gegensanktionen betroffen sind, begrenzte Beihilfen zu gewähren,
- dafür zu sorgen, dass den Unternehmen weiterhin ausreichende Liquidität zur Verfügung steht, und
- Unternehmen für die Mehrkosten zu entschädigen, die ihnen aufgrund außergewöhnlich hoher Gas- und Strompreise entstehen.
Diese Arten von Maßnahmen werden auch Unternehmen in Schwierigkeiten offenstehen, da sie aufgrund der derzeitigen Umstände nach der COVID-19-Pandemie unter Umständen einen akuten Liquiditätsbedarf verzeichnen. Diese Maßnahmen gelten nicht für von Russland kontrollierte Unternehmen, die mit Sanktionen belegt wurden.
Ein Beispiel: Wenn Mitgliedstaaten die Auswirkungen des drastischen Anstiegs der Betriebsmittelkosten so gering wie möglich halten wollen, können sie unverzüglich Regelungen einführen, um von der Krise betroffenen Unternehmen jeweils mit bis zu 400.000 Euro zu stützen.
Um gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu wahren, enthält der neue Befristete Krisenrahmen laut Kommission eine Reihe von Vorkehrungen. Die Mitgliedstaaten werden zudem aufgefordert, Nachhaltigkeitskriterien für die Gewährung von Beihilfen für die Energiemehrkosten infolge der hohen Gas- und Strompreise aufzunehmen.
Hintergrund
In dem auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gestützten „Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine“ wird anerkannt, dass das Wirtschaftsleben der gesamten EU beträchtlich gestört ist. Zur Behebung dieser Störung können nach dem Befristeten Krisenrahmen drei Arten von Beihilfen gewährt werden:
- Begrenzte Beihilfebeträge: Die Mitgliedstaaten werden Regelungen auflegen können, mit denen sie von der Krise betroffene Unternehmen, die in Landwirtschaft, Fischerei oder Aquakultur tätig sind, Beihilfen von bis zu 35.000 Euro je Unternehmen gewähren können. Betroffene Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen können jeweils bis zu 400.000 Euro erhalten. Diese Beihilfen müssen nicht als Ausgleich für einen Anstieg der Energiepreise konzipiert sein, da die Krise und die restriktiven Maßnahmen gegen Russland die Wirtschaft in vielfältiger Weise treffen, unter anderem durch Störungen der physischen Lieferketten. Diese Unterstützung kann in jeder Form, einschließlich direkter Zuschüsse, gewährt werden.
- Liquiditätshilfe in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen: Die Mitgliedstaaten werden vergünstigte staatliche Garantien und zinsvergünstigte öffentliche und private Darlehen bereitstellen können. Mit den staatlichen Garantien soll sichergestellt werden, dass die Banken weiterhin Darlehen an alle von der derzeitigen Krise betroffenen Unternehmen vergeben.
- Die Mitgliedstaaten können für Bankdarlehen von Unternehmen staatliche Garantien gewähren oder Garantieregelungen einführen. Die Garantieprämien für neue Darlehen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Nicht-KMU werden durch die Senkung des geschätzten Marktsatzes für Jahresprämien vergünstigt.
- Die Mitgliedstaaten können zinsvergünstigte öffentliche und private Darlehen an Unternehmen ermöglichen. Diese Darlehen müssten zu einem Zinssatz gewährt werden, der mindestens dem risikofreien Basiszinssatz zuzüglich der für KMU und Nicht-KMU jeweils anwendbaren Kreditrisikomarge entspricht.
Für beide Beihilfearten gelten Obergrenzen für den Darlehenshöchstbetrag in Abhängigkeit von den betrieblichen Erfordernissen des jeweiligen Unternehmens, wobei der Umsatz, die Energiekosten oder der besondere Liquiditätsbedarf zu berücksichtigen sind. Die Darlehen dürfen sowohl für Investitions- als auch Betriebsmittelbedarf gewährt werden.
- Beihilfen zum Ausgleich erhöhter Energiepreise: Die Mitgliedstaaten sollen in die Lage versetzt werden, Unternehmen, insbesondere energieintensive Unternehmen, teilweise für Mehrkosten zu entschädigen, die ihnen aufgrund außergewöhnlich hoher Gas- und Strompreise entstehen. Diese Unterstützung kann in jeder Form, einschließlich direkter Zuschüsse, gewährt werden. Die Gesamtbeihilfe je Empfänger darf sich zu keinem Zeitpunkt auf mehr als 30 Prozent der beihilfefähigen Kosten oder mehr als 2 Mio. Euro belaufen. Wenn dem Unternehmen Betriebsverluste entstehen, können weitere Beihilfen erforderlich sein, um die Aufrechterhaltung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zu gewährleisten. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten Beihilfen gewähren, die diese Obergrenzen übersteigen, und zwar bis zu 25 Mio. Euro für energieintensive Unternehmen und bis zu 50 Mio. Euro für Unternehmen, die in bestimmten Wirtschaftszweigen wie der Erzeugung von Aluminium und anderen Metallen, Glasfasern, Zellstoff, Düngemitteln oder Wasserstoff und vielen Grundchemikalien tätig sind.
Der Befristete Krisenrahmen wird zur gezielten Unterstützung der Wirtschaft beitragen und gleichzeitig Beeinträchtigungen der fairen Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt begrenzen.
Daher enthält er eine Reihe entsprechender Vorkehrungen:
- Proportionale Methodik: Es muss ein Zusammenhang bestehen zwischen dem Beihilfebetrag, der dem betreffenden Unternehmen gewährt werden kann, und dem Umfang seiner wirtschaftlichen Tätigkeit sowie dem Maß, in dem es von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise betroffen ist, wobei der Umsatz und die Energiekosten des Unternehmens zu berücksichtigen sind.
- Beihilfevoraussetzungen: Der Begriff „energieintensiver Betrieb“ wird im Einklang mit Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a der Energiebesteuerungsrichtlinie definiert als Unternehmen, dessen Energiebeschaffungskosten sich auf mindestens 3 Prozent seines Produktionswertes belaufen.
- Nachhaltigkeitskriterien: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert zu erwägen, für die Gewährung von Beihilfen zur Entschädigung für Mehrkosten aufgrund außergewöhnlich hoher Gas- und Strompreise in nichtdiskriminierender Weise Anforderungen in Bezug auf den Umweltschutz oder die Versorgungssicherheit festzulegen. Die Beihilfen dürften den Unternehmen daher dabei helfen, die derzeitige Krise zu überstehen, und gleichzeitig den Grundstein für eine nachhaltige Erholung legen.
Der Befristete Krisenrahmen gilt bis zum 31. Dezember 2022. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, wird die Kommission vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist.
Anmerkung
Aufgrund der beihilferechtlichen Vorgaben müssen Finanzhilfen bei der EU-Kommission vorab notifiziert werden. Allerdings hat die EU-Kommission bereits von Beginn der Corona-Pandemie angekündigt, dass sie in kürzester Zeit Beihilfen genehmigen kann. Ob die nationalen Programme auch Hilfen für kommunale Unternehmen auflegen müssen, lässt sich aktuell noch nicht abschließend sagen. Bislang sind der Geschäftsstelle keine Unternehmen bekannt, die durch die Sanktionen in Schieflage geraten sind.
Jedoch zeichnet sich ab, dass die Beschaffung von Energie aufgrund der starken Preisschwankungen an der Großhandelsbörse in jüngster Zeit insbesondere zu einem finanziellen Kraftakt für die Energieversorgungsunternehmen geworden ist. Zur Absicherung von Termingeschäften an den Energiebörsen benötigen sie Liquidität, da durch die angespannte Marktlage die Sicherheitsleistungen, die die Börse für den Ausfall von Handelspartnern einfordert, dramatisch gestiegen sind. Um eine sichere Energieversorgung zu gewährleisten, muss den Stadtwerken sowie kleineren Versorgern mit kommunaler Beteiligung ein Rettungsschirm in Form von Bürgschaften eingerichtet werden. Einen solchen hat der Bundeswirtschaftsminister angekündigt. Mit dem Befristeten Beihilferahmen dürfte die Kommission hierfür die entsprechende Grundlage geschaffen haben. Denn die Kommunen können dieses wirtschaftliche Risiko aufgrund ihrer Aufgabenfülle nur bedingt auffangen
Die Pressemitteilung zum Befristeten Beihilferahmen ist zu finden unter:
ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/STATEMENT_22_1949
Az.: 28.2-001/001 we