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StGB NRW-Mitteilung 504/2016 vom 05.07.2016
Entscheidungskompetenz über Freihandelsabkommen CETA
Geht es nach der Europäischen Kommission, sollen die nationalen Parlamente der EU-Staaten nicht über das Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) abstimmen. Dies erklärte EU-Kommissionspräsident Juncker am Rande des EU-Gipfels in Brüssel. Nachdem es dazu Kritik aus mehreren Mitgliedstaaten unter anderem der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat, kündigte Juncker an, dass die Kommission in den kommenden Tagen neu über diese Frage nachdenken werde. Bundeskanzlerin Merkel und auch der in der Bundesregierung für Handelsabkommen federführende Bundeswirtschaftsminister Gabriel hatten zuvor beide erklärt, dass der Bundestag in die Entscheidung über das Abkommen einbezogen werden müsse. Dies entspricht der kommunalen Position. Die EU-Kommission hat nunmehr im Streit über die Ratifizierung der Verträge nachgegeben und akzeptiert, dass die Verträge nur mit Zustimmung des Bundestages bzw. der anderen nationalen Parlamente in Kraft treten können.
Die diskutierte Frage zur Einbindung der nationalen Parlamente hat sowohl einen politischen als auch einen rechtlichen Hintergrund. Politisch befürchtet die Europäische Kommission, dass die Parlamente einzelner Staaten mit einem Veto künftig die europäische Handelspolitik blockieren können, wozu auch Referenden gehören. Unter anderem deshalb stellt sich die Kommission in der juristischen Frage, ob das Abkommen ein sog. gemischtes ist und deshalb der Zustimmung durch die nationalen Parlamente bedarf, auf den Standpunkt, dass CETA ein reines EU-Abkommen ist. In diesem Fall werden lediglich die Regierungen der Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament an der Ratifizierung beteiligt, nicht aber der Bundestag. Die Bundesregierung ist dagegen der Auffassung, dass das CETA-Abkommen ein gemischtes Abkommen ist, also sowohl die Kompetenzen der Europäischen Union als auch die Rechte der Mitgliedstaaten berührt. Dies entspricht der Rechtsauffassung des Juristischen Dienstes des Europäischen Rates.
Die Entscheidung über das CETA-Abkommen ist auch deshalb bedeutsam, gilt sie doch als Blaupause für das momentan mit den Vereinigten Staaten in der Verhandlung befindliche Handelsabkommen TTIP. Hält die Kommission an der Auffassung fest, dass es lediglich im Sinne eines „EU-only“ der Zustimmung der europäischen Ebene bedarf, müssten sich zum Erreichen einer Beteiligung der nationalen Parlamente die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einstimmig dafür aussprechen, CETA als sog. gemischtes Abkommen einzustufen. Allerdings gibt es in dieser Frage unterschiedliche Auffassungen. So hat bereits der italienische Wirtschaftsminister in einem Brief an EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström zugesagt, die Kommissionslinie zu unterstützen.
Aus kommunaler Sicht ist es nicht nur rechtlich, sondern auch politisch erforderlich, die Legitimation der nationalen Parlamente zu den Handelsabkommen CETA aber auch TTIP einzuholen. In Deutschland sollten neben der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat auch die Kommunen beteiligt werden, damit die Interessen aller staatlichen Ebenen gewahrt bleiben. Eine nationale Beteiligung ist schon allein wegen der öffentlichen Kritik an den Handelsabkommen aber auch aufgrund der politischen Diskussion sowohl im Bund, in den Ländern und vor allem auch in den Kommunen unverzichtbar. Dies hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund zuletzt in Gesprächen mit dem Bundeswirtschaftsministerium deutlich gemacht.
Az.: 28.5 we