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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 225/2023 vom 28.03.2023
Entwicklung der Treibhausgasemissionen 2022
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und das Umweltbundesamt haben aktuelle Zahlen zu den Treibhausgasemissionen in Deutschland, getrennt nach Sektoren, veröffentlicht.
Trotz der steigenden Emissionen im Energiebereich durch den Einsatz von Kohle und Kraftstoffen sanken die bundesweiten Emissionen im vergangenen Jahr in Deutschland zumindest leicht um 1,9 Prozent. Ursache hierfür ist der Ausbau erneuerbarer Energien sowie die bundesweiten Bemühungen um Energieeinsparungen.
Insgesamt wurden 2022 rund 746 Millionen Tonnen Treibhausgase freigesetzt. Im Vergleich zu 2021 bedeutet dies eine Reduktion von 15 Millionen Tonnen. Damit sind die Emissionen in Deutschland seit 1990 um 40,4 Prozent gesunken. Die Zielwerte des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) werden damit in Summe eingehalten.
Im Bereich des Energiesektors ist seit 2021 ein signifikanter Anstieg von 10,7 Millionen Tonnen zu verzeichnen. Grund ist, dass trotz der Einsparungen beim Erdgas ein vermehrter Einsatz vor allem von Stein- und Braunkohle zur Stromerzeugung die Emissionen steigen lässt. Dies konnte zumindest teilweise durch den Anstieg der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gedämpft werden. Deren Produktion stieg um neun Prozent.
Die Sektoren Verkehr und Gebäude liegen dagegen wieder über den im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmengen. Die Emissionen im Verkehr steigen sogar und liegen mit 1,1 Millionen Tonnen (0,7 Prozent) über dem Wert von 2021. Trotz der besonders hohen Kraftstoffpreise im Jahr 2022 und der befristeten Einführung des 9-Euro-Tickets im ÖPNV sind die Emissionen des Straßenverkehrs wieder gestiegen. Auch die Vielzahl an Neuzulassungen von Elektroautos genügte nicht, um diese Entwicklung auszugleichen.
Bei den Gebäuden kam es 2022 zu einer Emissionsminderung von knapp sechs Millionen Tonnen CO?-Äquivalenten (minus 5,3 Prozent) auf rund 112 Millionen Tonnen CO?-Äquivalenten. Die Emissionsreduzierung liegt auch im Gebäudesektor wesentlich in den gestiegenen Energiepreisen begründet, welche zu einer Einsparung der Energieeinsätze führte. Die milde ?Witterung? unterstützte diese Einsparung. Die Einsparziele konnten dennoch nicht erreicht werden.
Im Sektor Industrie sanken die Emissionen 2022 deutlich um 19 Millionen Tonnen CO? -Äquivalente bzw. 10,4 Prozent auf 164 Millionen Tonnen CO?-Äquivalente. Hier wirken sich die durch den Krieg in der Ukraine stark gesunkenen Energieeinsätze, insbesondere in der metallverarbeitenden und chemischen Industrie aus.
Im Sektor Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um gut 0,9 Millionen Tonnen CO? -Äquivalente (minus 1,5 Prozent) zurück. Der Rückgang ist insbesondere auf einen weiteren Rückgang der Schweinezahlen und einen geringeren Einsatz von Mineraldünger zurückzuführen.
Im Bereich des Abfallsektors sind die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um rund 4,5 Prozent auf 4,3 Mio. Tonnen CO?-Äquivalente gesunken. Damit bleibt der Abfallsektor erneut unter der im Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von 8,5 Mio. Tonnen CO?-Äquivalenten. Der Trend, dass die Emissionsmengen im Bereich des Abfallsektors seit vielen Jahren konstant sinken, setzt sich somit auch in diesem Jahr fort. Dies wird im Wesentlichen durch die sinkenden Emissionen aus der Abfalldeponierung infolge des Verbots der Deponierung organischer Abfälle bestimmt.
Die Emissionsdaten des Jahres 2022 werden nun vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Der Expertenrat legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Danach haben die jeweils zuständigen Ministerien laut Gesetz drei Monate Zeit, ein Sofortprogramm vorzulegen, das Vorschläge für Maßnahmen enthält, die den Gebäudesektor und Verkehrssektor in den kommenden Jahren auf den vorgesehenen Zielpfad bringen. Die Bundesregierung arbeitet allerdings bereits an einem ?Klimaschutz?-Sofortprogramm, das diese Anforderungen so weit wie möglich erfüllen soll.
Anmerkung aus kommunaler Sicht
Das Sinken der bundesweiten Emissionen ist insgesamt begrüßenswert, da es die deutschlandweiten Klimaschutzbemühungen stärkt. In der sektorspezifischen Betrachtung zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede, welche die langfristigen Klimaziele gefährden könnten. Erforderlich ist ein Minus von 65 Prozent der Emissionen seit 1990 bis zum Jahr 2030.
Defizite zeigen sich vor allem im Bereich des Gebäude- und Verkehrssektors. Gerade aufgrund ihres hohen Energiebedarfs und ihrer insgesamt hohen Emissionsanteile sind Anpassungen dringend erforderlich.
Dem Bausektor fehlt es, trotz entsprechendem Sofortprogramm, weiterhin an Fachkräften und Innovationen, um die jahrelangen Versäumnisse im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit aufholen zu können. Insbesondere im Kontext der Gebäude- und Sanierungsanforderungen ist die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) umstritten. Um die Mehrkosten von Belastungen für Bürger/innen und auch Kommunen abfangen zu können, braucht es eine Innovations-, Investitions- und auch Personaloffensive, damit entsprechende Projekte realisierbar gestaltet werden können.
Der Anstieg der Emissionen im Verkehrssektor 2022 gegenüber dem Pandemiejahr 2021, welches mit Lockdowns verbunden war, kommt nicht überraschend. Ebenso erwartbar war die Überschreitung der Jahresemissionsmengen des Klimaschutzgesetzes. Denn weiterhin fehlt es an einem klaren Fahrplan des Bundes, wie die im Klimaschutzgesetz gesetzten Ziele eingehalten werden sollen. Zu nennen sind neben der Förderung der Elektromobilität auch der Ausbau des ÖPNV und Radverkehrs. Für eine klimafreundliche Mobilität ist ein umfangreiches Umsteuern erforderlich, um beispielsweise eine große Zahl an Pendlerinnen und Pendlern in ländlichen Räumen in klimafreundliche Bahn- und Busverbindungen zu lotsen. Das Deutschlandticket allein wird hier nicht ausreichen. Neben dem attraktiven Tarif braucht es einen langfristig angelegten Ausbau von Bus und Bahn. Dies muss neben dem Ticketrabatt für die kommenden Jahren vom Bund mitfinanziert werden, damit kommunale ÖPNV-Aufgabenträger zusätzliche Angebote bestellen können.
Der Ausbau erneuerbarer Energien wird nicht zuletzt von den Kommunen vor Ort umgesetzt und angetrieben. Der weitere Anstieg des Anteils erneuerbarer Energieträger in Strom- und Wärmeerzeugung in 2022 zeigt, dass die Energiewende trotz krisenbedingter Komplikationen vorangeht. Es ist zu erwarten, dass die Umsetzung verschiedener gesetzlicher Maßnahmen, wie z.B. der EU-Notfallverordnung, in den kommenden Jahren zu einem beschleunigten Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien führen wird. Diese Beschleunigung wird die Akzeptanz in den Kommunen strapazieren und muss mit mehr Teilhabe an der Energiewende einhergehen. Eine verpflichtende Beteiligung der Kommunen an der Wind- und Solarkraft ist dabei dringend nötig, um die regionale Wertschöpfung positiv zu beeinflussen und Akzeptanz fördern. Außerdem ist der vorausschauende Ausbau der Netze ein wichtiger Schritt, um den Anstieg erneuerbarer Energien am Energiemix zu gewährleisten. Denn zum einen müssen erneuerbare Energien ins Netz aufgenommen werden, zum anderen müssen lastenseitig immer mehr Anschlüsse für Ladeinfrastruktur und Wärmepumpen unterstützt werden.
Um die erforderlichen Transformationen flächendeckend vor Ort in Städten und Gemeinden umsetzen zu können, bedarf es umfassender Anpassungen in allen Sektoren. Hierfür fehlt es vielfach an den entsprechenden Rahmenbedingungen. Dies hatte bereits der Expertenrat für Klimafragen in seinem jüngsten Gutachten deutlich kritisiert (BT-Drs. 20/4430).
Für Kommunen bedeutet dies nicht allein das Erfordernis ausreichender Beratungs- und Förderangebote. Zugleich braucht es ausreichender gesetzlicher Kompetenzen, damit Städte und Gemeinden effektiv und zeitnah fortschrittliche Vorhaben umsetzen können. Gerade technische und strukturelle Möglichkeiten bedürfen zusätzlicher Anreize, um Innovation und Fortschritt in gelebte Praxis zu verwandeln.
Weitere Informationen: www.bmwk.de
Az.: 23.1.7-001/008 gr