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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 114/2000 vom 20.02.2000
Entwurf einer Abfall-Verwaltungsvorschrift
Der Geschäftsstelle ist ein Entwurf des Bundesumweltministeriums zu einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) zur Kenntnis gelangt. Inhalt dieses Entwurfes ist u.a. die Frage, wie "Abfälle zur Beseitigung" von "Abfällen zur Verwertung" abzugrenzen sind und ob in bezug auf diese Abfallarten für den Abfallbesitzer/-erzeuger Trennungspflichten am Orts des Abfallsanfalls entstehen. Der Entwurf sieht vor, daß bei Abfallbesitzern/-erzeugern, die keine privaten Haushaltungen sind, Trennungspflichten zwischen "Abfällen zur Beseitigung" und "Abfällen zur Verwertung" nicht bestehen sollen. Die Geschäftsstelle hat sich deshalb mit Schreiben vom 3.2.2000 an die Umweltministerin des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau Bärbel Höhn, gewandt und zu dem Entwurf des Bundesumweltministeriums wie folgt Stellung bezogen:
"Mit Bestürzung haben wir den Entwurf des Bundesumweltministeriums zu einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) zur Kenntnis genommen. Würde dieser Entwurf umgesetzt, so stünde sowohl die kommunale Abfallentsorgung als auch das in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerte öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip vor dem Ende.
Seit dem Inkrafttreten des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ist festzustellen, daß insbesondere in Kommunen mit höheren Entsorgungspreisen die Mengen der überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen erheblich weggebrochen sind. Wenn nunmehr in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zusätzlich festgelegt wird, daß entgegen § 4 a Abs. 1 Landesabfallgesetz NRW die Abfallbesitzer/-erzeuger nicht verpflichtet sind, am Ort des Abfallanfalls die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" von den nicht überlassungspflichtigen "Abfällen zur Verwertung" getrennt zu halten, so wird dem Abfallexport in bezug auf die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" Tür und Tor geöffnet.
Zunächst spricht bereits der in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerte Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung dafür, daß "Abfälle zur Beseitigung" derjenigen Kommune als öffentlich-rechtlichem Entsorgungsträger zu überlassen sind, in dessen Zuständigkeitsbereich sie erstmalig anfallen. Zu diesem Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls mit Urteil vom 09.07.1992 (Az.: 7 C 21/91, NVwZ 1993, S. 581 ff., S. 582) zum Abfallgesetz 1986 entschieden, daß die gebietsbezogene Verantwortlichkeit eine zugleich rationelle wie umweltschonende Abfallentsorgung ermöglichen soll, indem sie in einem überschaubaren Bereich die Abfallströme ordnet und lenkt und damit einen dem Wohl der Allgemeinheit abträglichen "Abfallexport" vermeidet. Diese Sichtweise des Bundesverwaltungsgerichtes zum alten Bundesabfallgesetz gilt auch für den in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG verankerten Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung (so: Schink in: Brandt/Ruchay/Weidemann, Loseblatt-Kommentar, zum KrW-/AbfG, § 15 Rz. 27; Kunig in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Aufl 1998, § 15 KrW-/AbfG Rz. 8, Queitsch, KrW-/AbfG, Systematische Darstellung, 2. Aufl. 1999, Rz. 42, S. 36 f.).
Hieraus folgt, daß "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" bereits an der Anfallstelle durch den Abfallbesitzer/-erzeuger getrennt zu halten sind und die überlassungspflichtigen "Abfälle zur Beseitigung" derjenigen Kommune zu überlassen sind, in deren Zuständigkeitsbereich sie erstmalig anfallen. Anderenfalls würde dem Mülltourismus bei den überlassungspflichtigen "Abfällen zur Beseitigung" Tür und Tor geöffnet und eine ortsnahe Entsorgung der "Abfälle zur Beseitigung" nicht mehr gewährleistet bzw. der Grundsatz der Gebietsbezogenheit der Abfallentsorgung in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG leerlaufen. Insbesondere wäre die Folge, daß überlassungspflichtige "Abfälle zur Beseitigung" in der Regel nur noch dort entsorgt würden, wo zur Zeit jeweils die niedrigsten Entsorgungskosten anfallen. Weiterhin liefe auch das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip nach § 15 KrW-/AbfG gänzlich leer, weil es zumindest im Zuständigkeitsbereich von bestimmten entsorgungspflichtigen Kommunen keine "Abfälle zur Beseitigung" mehr geben würde. Diese Konsequenz hat der Bundesgesetzgeber mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz aber offensichtlich nicht beabsichtigt.
Weiterhin ist darauf hinzuweisen, daß der Entwurf des Bundesumweltministeriums auch nicht die Rechtsprechung berücksichtigt, die ein Verwertungshindernis annimmt, wenn "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" in einem Abfallgefäß zusammengeworfen werden (so: OVG Koblenz, Beschluß vom 03.02.1999 - Az.: 8 B 10134/99, NVwZ 1999, S. 682 ff.; VG Regensburg, Urt. vom 10.11.1997 - Az.: RN 13 K 97.993 - NVwZ 1998, S. 431; bestätigt durch Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Beschluß vom 03.02.1998 - Az.: 20 BZB 98.196 - NVwZ 1998 S. 205; VG Sigmaringen, Beschluß vom 26.01.1998 - Az.: 3 K 1517/96 - NVwZ 1998, S. 429, bestätigt durch VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 24.03.1998, Az.: 10 S 493/98 - NVwZ 1998, S. 1207).
Zwar hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof inzwischen seine Rechtsprechung geändert (vgl. Urteil vom 30.11.1999 - Az.: 20 B 99.1068 - ). Gleichwohl weist selbst der Bayerische Verwaltungsgerichtshof darauf hin, daß auch eine andere Beurteilung der Rechtslage nach dem KrW-/AbfG denkbar ist, der er sich allerdings nicht (mehr) anschließen möchte. In diesem Zusammenhang führt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof aus, daß aus dem KrW-/ AbfG durchaus ein Trenngebot für "Abfälle zur Beseitigung" und "Abfälle zur Verwertung" an der Anfallstelle des Abfalls durch den Abfallbesitzer/-erzeuger entnommen werden kann. Denn die Vermischung beider Abfallarten laufe den Zielen der Kreislaufwirtschaft zuwider, eine möglichst hohe Verwertungsquote unter Ausschluß der Beseitigungsabfälle von der Kreislaufwirtschaft zu erreichen (so: Paetow in Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Auflage 1998, § 11 Rz. 11 unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf, Bundestags-Drs. 12/5672, S. 43).
Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie, sich nachdrücklich dafür einzusetzen, daß der Entwurf der allgemeinen Verwaltungsvorschrift mit diesem Inhalt nicht erlassen wird, weil anderenfalls das öffentlich-rechtliche Entsorgungsprinzip in § 15 Abs. 1 KrW-/AbfG gänzlich ausgehöhlt wird. Hätte der Bundesgesetzgeber dies gewollt, hätte es keiner Regelung von Abfall-überlassungspflichten für "Abfälle zur Beseitigung" aus anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz bedurft. Im übrigen wäre auch die Regelung von Abfallentsorgungspflichten überflüssig gewesen. Insgesamt erscheint es nunmehr mehr als erforderlich, das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz abzuändern und im Rahmen einer Gesetzesänderung eine dem § 4a Abs. 1 LAbfG NRW entsprechende Regelung zur Klarstellung in das Bundesgesetz aufzunehmen."
Az.: II/2 31-02-7