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StGB NRW-Mitteilung 157/1999 vom 05.03.1999
Entwurf eines Maßregelvollzugsgesetzes
Vor dem Hintergrund des offensichtlichen Mangels an Therapieplätzen in den Maßregelvollzugseinrichtungen Nordrhein-Westfalens, aber insbesondere auch zur Erhöhung der Sicherheit der Einrichtungen hat die Landesregierung den Entwurf eines Maßregelvollzugsgesetzes auf dem Stand vom 26.1.1999 vorgelegt. Danach wird das Land Aufgabenträger des Maßregelvollzugs, sodaß ihm das Sonderbaurecht des § 37 BauGB zusteht. Die Durchführung der Aufgaben soll im Wege der Organleihe den Landschaftsverbänden übertragen werden. Zusätzlich soll auch anderen öffentlichen und privaten Trägern die Möglichkeit eröffnet werden, Maßregelvollzugspatienten aufzunehmen. Um die Akzeptanz der Einrichtungen zu verbessern, sollen in einem Gesamtkonzept aus Therapie und Sicherheit die Sicherheitsstandards gezielt verbessert werden. Lockerungsentscheidungen dürfen danach bei bestimmten Vortaten nur dann getroffen werden, wenn sowohl ein weiterer Sachverständiger beigezogen als auch das Benehmen mit der Vollstreckungsbehörde hergestellt ist. Ferner soll durch die gesetzliche Regelung von Beiräten an den Standorten dem Informationsbedürfnis der Bürger ebenso Rechnung getragen werden wie ihrem Anliegen, Anregungen und Bedenken zu Fragen der Therapie und Unterbringung bei den Maßregelvollzugseinrichtungen einbringen zu können.
Der Nordrhein-Westffälische Städte- und Gemeindebund hatte sich im zuständigen Fachausschuß und im Präsidium bereits im September 1998 eingehend mit einem Vorentwurf zur Änderung des Maßregelvollzugsgesetzes befaßt. Die Geschäftsstelle hat auf der Basis der bestehenden Beschlußlage und unter Berücksichtigung der aktuellen Diskussion zur Verwaltungsstrukturreform unter dem 10.2.1999 gegenüber der Ministerin für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit NRW Stellung genommen. Der Wortlaut der Stellungnahme ist bei der Geschäftsstelle abrufbar. Der allgemeine Teil der Stellungnahme lautet wie folgt:
Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund unterstützt das Anliegen der Landesregierung, die Akzeptanz der forensischen Einrichtungen in der Bevölkerung mit einem neuen Maßregelvollzugsgesetz zu verbessern, das in einem Gesamtkonzept aus Therapie und Sicherheit eine spürbare Verbesserung der Sicherheitsaspekte verfolgt. Aus Sicht des kreisangehörigen Raumes - in dem diese Einrichtungen ganz überwiegend ihren Standort haben - ist es unabdingbar, daß die Sicherheit und der Schutz der Allgemeinheit wie des Personals neben der Behandlung und Betreuung als Ziele festgeschrieben werden und eine präzisere Regelung der Vollzugslockerung im Gesetz selbst erfolgt.
Zur Erhöhung der Transparenz des Maßregelvollzugs begrüßt der NWStGB ausdrücklich, daß die bereits vorgetragene Forderung nach einer gesetzlichen Absicherung der Beiräte an den Standorten der Einrichtungen aufgegriffen wird. Sowohl im Hinblick auf die Zusammensetzung als auch zu weiteren Verfahrensregelungen für die Beiräte muß allerdings noch eine deutlich stärkere Ausrichtung auf die örtlichen Beteiligungsbelange erfolgen. Daneben ist im Entwurf der fachlich anerkannte Grundsatz der Dezentralisierung noch völlig unzureichend verankert. Nur über eine breitere Streuung von Einrichtungen und Plätzen des Maßregelvollzugs können überschaubare Verantwortungsbereiche erreicht werden, die eine angemessene Therapie, eine ausreichende Sicherheit und die nötige Akzeptanz in der Bevölkerung gewährleisten. Es fehlt im Gesetzentwurf eine Zielvorgabe zur Größe einzelner Einrichtungen bzw. eine Schutznorm für Standorte, die Überbelegungen im Maßregelvollzug der zuständigen Behörden und der zur Durchführung herangezogenen Dritten sowie bei der Weiterbehandlung in anderen Einrichtungen verhindert.
Der NWStGB hat Verständnis für die Absicht der Landesregierung, den Maßregelvollzug zukünftig in die Aufgabenverantwortung des Landes zu geben und dadurch staatliche Sonderbaurechte zu nutzen. Das Verbandspräsidium hat bereits im vergangenen Herbst die wesentlichen Argumente gegenübergestellt, die für eine Zuständigkeit des Landes anstelle einer Aufgabenkompentenz bei den Landschaftsverbänden sprechen.
Angesichts objektiv gegebener Gefährdungen für den Maßregelvollzug in Nordrhein-Westfalen durch den offensichtlichen Mangel an Therapieplätzen würden die kreisangehörigen Kommunen eine Verlagerungsentscheidung des Landtags akzeptieren, auch wenn damit ein spürbarer Verlust an gemeindlicher Planungshoheit verbunden wäre und allein die Macht des Sonderbaurechts gem. § 37 Abs. 1 BauGB noch keine tatsächlich integrierten Standorte für Vollzugseinrichtungen garantiert.
Konsequenterweise sollte das Land allerdings die Aufgaben des Maßregelvollzugs selbst durchführen und die entsprechenden Einrichtungen zumindest mittelfristig von den Landschaftsverbänden übernehmen. Dies entspräche nicht nur der neuen Akzentuierung des Entwurfs in bezug auf Parallelen zum Strafvollzugsrecht, sondern auch der offenbar seitens der Landesregierung angestrebten Zuordnung von bisherigen Aufgaben der Mittelinstanzen entweder zur staatlichen oder zur kommunalen Ebene. Die Nutzung der Landschaftsverbände im Wege der zwangsweisen Organleihe wäre aus Verbandssicht jedenfalls ein verfassungsrechtlich fragwürdiger und rechtspolitisch überflüssiger Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung.
Durchaus offen steht der NWStGB einer teilweisen Übertragung von Aufgaben des Maßregelvollzugs auf Kommunen oder Dritte gegenüber, um ein gestuftes Therapieangebot und eine größere Variationsbreite bei der Umsetzung der vielfältigen Vollzugsaufgaben zu erreichen. Für diese Alternativen sind aber gesetzliche Regelungen unabdingbar, wonach jedenfalls bei der Übertragung auf Kommunen vor Erlaß der Rechtsverordnung das Einvernehmen mit den für die Durchführung vorgesehenen Kommunen sowie den kommunalen Spitzenverbänden hergestellt werden muß bzw. die Zustimmung der privaten Träger zur Übertragung erforderlich ist.
Az.: III 858