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StGB NRW-Mitteilung 103/2013 vom 20.12.2012
Ergebnisse des Klimagipfels von Doha
Am 08.12.2012 ging nach einem Tag Verlängerung der zweiwöchige Weltklimagipfel in Doha/Qatar zu Ende. Gemessen an den hohen Erwartungen, die sich seit dem 4. Weltklimabericht der Vereinten Nationen im Jahr 2007 an die jährlichen UN-Klimagipfel richten, waren auch die diesjährigen Verhandlungsergebnisse von Doha eine Enttäuschung. Die schleppende Fortentwicklung eines allgemeinverbindlichen Klimaschutz-Völkerrechts wurde von zahlreichen Verbänden und Parteien kritisiert. Bundesumweltminister Peter Altmaier bezeichnete unter Hinweis auf die schwierigen Verhandlungen die Verlängerung des Kyoto-Protokolls bis zum Jahr 2020 und das Festhalten am Ziel eines im Jahr 2015 abzuschließenden weltweiten Klimavertrags als Erfolg.
I. Völkerrechtlicher Rahmen der Klimaschutzpolitik
Die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC) ist ein internationales Umweltabkommen mit dem Ziel, die globale Erwärmung zu verlangsamen und ihre Folgen zu mildern. Die wichtigste Verpflichtung der Vertragspartner besteht darin, regelmäßige Berichte zu veröffentlichen, die Fakten zur aktuellen und prognostizierten Treibhausgasemission enthalten. Die Klimarahmenkonvention wurde 1992 in New York City verabschiedet, noch im gleichen Jahr in Rio de Janeiro von den meisten Staaten unterschrieben und trat 1994 in Kraft.
Die derzeit 192 Vertragsstaaten der Konvention treffen sich jährlich zu Konferenzen, den sogenannten Weltklimagipfeln, auf denen über konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz verhandelt wird. Die bekannteste dieser Konferenzen fand 1997 im japanischen Kyoto statt und erarbeitete das gleichnamige Protokoll, das unter anderem die völkerrechtliche Grundlage des EU-weiten Emissionsrechtehandels enthält. Die Klimagipfel fungieren zugleich als Vertragsstaatenkonferenzen des Kyoto-Protokolls, seitdem dieses am 16. Februar 2005 in Kraft trat. Der diesjährige Gipfel in Doha war die 18. Vertragsstaatenkonferenz (Conference of the Parties/ COP 18).
II. Der Stand der Verhandlungen
Ein wichtiges Ziel der Verhandlungen in Doha war ein Nachfolgeabkommen für das nach bisherigem Stand in diesem Jahr auslaufende Kyoto-Protokoll. Die stattdessen in Doha zunächst vereinbarte Verlängerung des Kyoto-Protokolls bis zum Jahr 2020 gilt dementsprechend als Kernelement des aktuellen Kompromisspakets. Da wichtige Schwellenländer wie China nicht erfasst sind, die USA das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben, Kanada ausgetreten ist und Russland und Japan der zweiten Verpflichtungsperiode nicht beitreten, repräsentieren allerdings die knapp drei Dutzend Industrieländer, die sich zum Kyoto-Prozess bekennen, nur rund 15 % der globalen Kohlendioxidemissionen.
Bereits beim letztjährigen Klimagipfel in Durban/Südafrika wurde daher vereinbart, bis zum Jahr 2015 einen für alle UN-Mitgliedsstaaten verbindlichen Klimavertrag auszuhandeln, der 2020 in Kraft treten soll, um die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Auf mehr als ein Bekenntnis zu diesem Zwei-Grad-Ziel und zu dem entsprechenden Verhandlungsprozess konnten sich die Gipfelteilnehmer in Doha nicht verständigen. Auch im Hinblick auf die Finanzierung der internationalen Klimapolitik durch den bereits im Jahr 2010 beim Klimagipfel in Cancún/Mexiko beschlossenen „Green Climate Fund“ wurden in Doha kaum Fortschritte erzielt.
Das Zwei-Grad-Ziel, zu dem sich die Vereinten Nationen bekennen, beruht auf der wissenschaftlich hergeleiteten Annahme, dass die Erderwärmung bei einer Überschreitung dieser Grenze in einen unumkehrbaren Prozess übergeht. Derzeit nimmt der weltweite Ausstoß von Treibhausgasen um jährlich drei bis vier Prozent zu. Die Klimawissenschaft hat aufgrund einer Fortschreibung dieser Entwicklung eine globale Erwärmung von mindestens drei Grad ermittelt. Das Zwei-Grad-Ziel gilt zwar noch als erreichbar, macht aber mit jedem verstrichenen Jahr größere Anstrengungen und höhere Ausgaben erforderlich.
III. Die internationale Klimaschutzpolitik aus kommunaler Sicht
Grund für die verzögerte Fortentwicklung des Klimaschutz-Völkerrechts ist insbesondere, dass wegen des Einstimmigkeitsprinzips das Tempo von den Langsamsten bestimmt wird. Es mehren sich daher die Stimmen, die sich für eine Allianz der Vorreiter aussprechen, um Druck auf die Verweigerer auszuüben. In diesem Sinne haben sich auch die Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem gemeinsamen Antrag (Drs. 17/11651) für eine Klimapolitik der unterschiedlichen Geschwindigkeiten („KluG“) ausgesprochen.
Angesichts der Entscheidungsschwäche der internationalen Staatengemeinschaft gewinnt die eigenverantwortliche Klimaschutzpolitik der Kommunen und ihrer internationalen Organisationen weiter an Bedeutung. Sie praktizieren bereits das für die völkerrechtliche Ebene vorgeschlagene Vorreitermodell. So haben viele deutsche Städte und Gemeinden bereits 1992 unter dem Eindruck des sogenannten Nachhaltigkeitsgipfels von Rio damit begonnen, den Klimaschutz als einen festen Bestandteil der Kommunalpolitik zu etablieren. Zudem sind sie inzwischen auf europäischer und globaler Ebene mit Partnerkommunen vernetzt und treten mit ihren entsprechenden Organisationen auf der internationalen Bühne als bedeutende Klimaschutzakteure in Erscheinung.
Die Beteiligung der Kommunen an den Vertragsstaatenkonferenzen gewährleistet etwa der in Barcelona ansässige Weltverband der kommunalen Spitzenverbände, United Cities and Local Governments (UCLG). Als Mitglied im Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) ist auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) mittelbares UCLG-Mitglied. Zu den Institutionen, die der kommunalen Klimaschutzpolitik internationales Gewicht verleihen, gehören weiterhin der von der Europäischen Kommission initiierte Konvent der Bürgermeister/innen für lokale nachhaltige Energie (Covenant of Mayors), dem über 1000 deutsche Kommunen angehören. Hervorzuheben ist auch das Klimabündnis (Climate Alliance), zu dem sich weltweit über 1 500 kommunale und regionale Gebietskörperschaften zusammengeschlossen haben, um im Sinne ihrer globalen Verantwortung die eigenen Handlungsmöglichkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels gemeinsam auszuschöpfen. Nicht zuletzt der Ausschuss der Regionen der Europäischen Union (AdR) engagiert sich für den internationalen Klimaschutz.
Exemplarisch für die freiwilligen kommunalen Beiträge zum Schutz des Weltklimas ist der Verband ICLEI — Local Governments for Sustainability zu nennen, in dem weltweit über 1 100 Kommunen, darunter 23 deutsche, zusammengeschlossen sind. ICLEI hat im vergangenen Jahr den ersten Fortschrittsbericht seiner 207 Mitgliedskommunen vorgelegt, die bereits 2010 in Mexiko-Stadt einen 10-Punkte-Plan unter dem Titel „Global Cities Covenant on Climate — Mexico City Pact“ verabschiedet haben. Die Unterzeichner des Mexico City Paktes fordern nicht nur die Unterstützung der Staatengemeinschaft für den kommunalen Klimaschutz ein, sondern gehen auch mit weitgehenden Selbstverpflichtungen in Vorleistung. Der erste Fortschrittsbericht enthält neben 107 kommunalen Verpflichtungen auch bereits umgesetzte Maßnahmen von 51 Kommunen mit einem Gegenwert von 447 Mio. Tonnen an eingespartem CO2. Der Bericht beruht auf der Verpflichtung der Unterzeichner-Kommunen, gemäß Art. 4 des Mexiko City Paktes messbare und überprüfbare Emissionsminderungen dem in Bonn ansässigen „Bonn Center for Local Climate Action and Reporting — carbonn“ mitzuteilen. Diese weltgrößte Datenbank des kommunalen Klimaschutzes enthält inzwischen Berichte von 232 Kommunen, die 235 Millionen Einwohner bzw. 1.5 Gigatonnen CO2 repräsentieren.
Die Gesamtschau der kommunalen Beiträge zur internationalen Klimaschutzpolitik belegt eindrucksvoll, wie die Städte und Gemeinden den Leitsatz „Global denken, lokal handeln“ mit Leben erfüllen.
Az.: II gr-ko