Mitteilungen - Bauen und Vergabe

StGB NRW-Mitteilung 452/2005 vom 12.05.2005

Erschließungsgrundstücke und Grunderwerbsteuer

Die Geschäftsstelle hat die Mitgliedskommunen darüber informiert, dass es Meinungsverschiedenheiten mit dem Finanzministerium NRW und einigen Finanzämtern in NRW darüber gibt, ob die Finanzbehörden berechtigt sind, Grunderwerbsteuer für Grundstücke zu verlangen, die die Gemeinden von den privaten Grundstückseigentümern unentgeltlich (Wert Null) erworben haben, weil entsprechend den bauleitplanerischen Entscheidungen der Gemeinde auf diesen Grundstücken Erschließungsanlagen errichtet werden sollen oder diese Grundstücke für öffentliche Zwecke im Zusammenhang mit bauleitplanerischen Entscheidungen vorgesehen sind. Auf die Mitteilungen Nr. 476/1999 vom Juli 1999 und 726/1999 vom Oktober 1999 wird hingewiesen.

In einem Runderlass an die Oberfinanzdirektionen Düsseldorf, Köln und Münster vom 13.05.1998 (Az.: S 4520-3-VA 2) hat das Finanzministerium NRW (ebenso wie die Finanzministerien der anderen deutschen Bundesländer) folgende Regelung getroffen: „Gebietskörperschaften überlassen vielfach die Erschließung von Neubaugebieten privaten Bauträgern. Mit den Bauträgern werden Erschließungsverträge abgeschlossen (§ 124 Abs. 1 BauGB). Danach sind die Bauträger verpflichtet, die Erschließungsanlagen herzustellen und nach deren Fertigstellung die Grundstücke unentgeltlich auf die Gebietskörperschaften zu übertragen….. Da die Grundstücke mit den Erschließungsanlagen von den Gebietskörperschaften in Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben übernommen werden und nur für den öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, ist grundsätzlich von einem Wert von 0,-- DM auszugehen.“ Infolge dessen fiel für diese Grundstücke keine Grunderwerbsteuer an.

Das Finanzministerium und die Finanzämter haben sich aber geweigert, ebenfalls einen Wert Null anzunehmen, wenn die Kommunen Grundstücke unentgeltlich erworben haben, auf denen zur Zeit des Erwerbs noch keine Erschließungsanlagen errichtet waren, sondern bei denen der Vollzug eines Bebauungsplans erst noch bevorstand. Die Finanzverwaltung hat diese unterschiedliche Behandlung damit begründet, dass solche Grundstücke dem Grundstücksverkehr noch nicht endgültig entzogen seien.

Der Städte- und Gemeindebund hat diese unterschiedliche Behandlung von Erschließungsgrundstücken nicht akzeptiert und einen Musterprozess vor dem Finanzgericht Düsseldorf geführt. Dieser langjährige Rechtsstreit ist im April 2005 vor dem Finanzgericht Düsseldorf mit einem Vergleich zu Ende gegangen, der die Rechtsposition des Städte- und Gemeindebunds NRW zum größten Teil bestätigt (Aktenzeichen beim Finanzgericht Düsseldorf: 18 K 2130/03 AO). Weil der Rechtsstreit mit einem Vergleich erledigt worden ist, gibt es kein Urteil, aber ein Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 08. April 2005, in dem die Rechtsansicht des Finanzgerichts Düsseldorf eindeutig dargelegt wird. Demnach gilt Folgendes:

Das Finanzgericht Düsseldorf fordert, dass auch bei denjenigen Grundstücken, die unentgeltlich erworben worden sind, von einem Wert Null auszugehen ist, also keine Grunderwerbsteuer gefordert werden darf, wenn auf diesen Grundstücken nach der bauleitplanerischen Entscheidung der Gemeinden Erschließungsanlagen zu errichten sind. Als Grundstücke für Erschließungsanlagen sieht das Finanzgericht Düsseldorf folgende Erwerbszwecke an:

- Flächen für den Bau von Straßen, Bahnanlagen u.ä.;

- Flächen für Straßenbegleitgrün;

- Flächen zur Anlage von öffentlichen Grünflächen. Das Gericht nimmt ausdrücklich Bezug auf den Kommentar von Ernst/Zinkahn/Bielenberg, § 123 BauGB, Rnr. 4, wonach öffentliche Grünflächen regelmäßig als Grundstücke mit Erschließungsanlagen anzusehen sind. Das Finanzgericht hält es aber für zulässig, im Streitfall im Einzelnen zu prüfen, ob hier tatsächlich die Bindungen aus dem Bebauungsplan und aus den Kaufverträgen bezüglich der öffentlichen Grünflächen so intensiv sind, dass die noch nicht entwickelten Flächen wie ausgewiesene Grünflächen zu behandeln sind.

Nach Ansicht des Finanzgerichts sind Flächen zum Schutz und zur Pflege von Natur und Landschaft und Flächen für Ersatzmaßnahmen/Ausgleichsmaßnahmen nicht grunderwerbsteuerfrei, und zwar auch dann nicht, wenn sie von der Gemeinde unentgeltlich erworben worden sind. Das gilt nach Ansicht des Gerichts deshalb, weil diese Flächen keine Erschließungsanlagen enthalten und deshalb keine Anwendung des genannten Runderlasses des Finanzministeriums möglich ist.

Wir raten allen Mitgliedskommunen, sich auf diese Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf zu berufen, wenn sie Grundstücke unentgeltlich erwerben, die zum Zeitpunkt des Erwerbs noch nicht mit Erschließungsanlagen bebaut sind oder noch nicht als Grünanlagen ausgestaltet worden sind.

Für unentgeltlich erworbene Flächen zum Schutz und zur Pflege von Natur und Landschaft und für Ersatzmaßnahmen/Ausgleichsmaßnahmen weisen wir darauf hin, dass für diese grunderwerbsteuerpflichtigen Flächen kein Baulandpreis als Grundstückswert zugrunde gelegt werden darf. Zulässig ist allenfalls ein Wert, der nur einen Bruchteil des Baulandpreises betragen darf.

Die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf ist von grundlegender Bedeutung für das ganze Land NRW, zumal das Finanzgericht der Funktion nach einem Oberlandesgericht gleichzusetzen ist. Der abgeschlossene Vergleich hat auch deshalb tragende Bedeutung für das ganze Land NRW, weil der Vergleich mit Zustimmung des Finanzministeriums NRW abgeschlossen worden ist. Die Gemeinden können sich also landesweit auf die Rechtsansicht des Finanzgerichts Düsseldorf berufen.


Az.: II schw/g

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