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Mitteilungen - Wirtschaft und Verkehr
StGB NRW-Mitteilung 714/2008 vom 20.11.2008
Erstellung von Gebäudedatenbanken und Sondernutzungsrecht
In vielen Städten und Gemeinden wird die Frage gestellt, wie den Fotoaufnahmen ganzer Straßen durch Unternehmen begegnet werden kann, die mit speziellen Autos in langsamem Tempo durch die Kommune fahren. Auf ihren Dächern sind Spezialkameras angebracht, die sämtliche Straßenzüge fotografieren. Die Fotos sollen in Kartendienste integriert werden.
Die straßen- und straßenverkehrsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten sind aus Sicht der Geschäftsstelle begrenzt.
Eine unerlaubte Sondernutzung liegt im Regelfall nicht vor, eine Untersagung der Fahrten ist damit nicht möglich, solange die Fahrzeuge nicht den Verkehr behindern. Bereits vor etwa 10 Jahren befuhren Unternehmen u. a. zur Datenerfassung für die damals aufkommenden Navigationssysteme die kommunalen Straßen. Auch damals wurde seitens der Kommunen versucht, dem Daten- und Persönlichkeitsschutz dadurch Rechnung zu tragen, dass die Fahrten als unzulässige Sondernutzung untersagt wurden. Zur Begründung wurde gesagt:
Bei dem Vorhaben handele es sich um eine Sondernutzung, da die Straßen ausschließlich zu dem Zweck genutzt werden sollen, Aufnahmen der Häuserfassaden der an die Straßen angrenzenden Gebäude zu machen. Ein Interesse, die Straße im Rahmen ihres Widmungszweckes, nämlich nur zum Befahren, zu benutzen, sei nicht vorhanden. Das Befahren sei insofern allenfalls ein Nebenzweck. Darüber hinaus müsse davon ausgegangen werden, dass die Aufnahmevorgänge mit einem ständigen Halten und Wiederanfahren der Fahrzeuge einhergehen. Der Ablenkungseffekt für andere Verkehrsteilnehmer sei insofern ebenfalls als nicht gering zu veranschlagen. Entscheidend für die Qualifizierung als Sondernutzung sei jedoch die Nutzung der Fahrzeuge als "fahrbares Stativ", woraus sich ergebe, dass die wirtschaftliche Tätigkeit im Vordergrund der Straßennutzung stehe. Wirtschaftliche und gewerbliche Tätigkeiten, bei denen ein Verkehrsinteresse nicht vorhanden oder allenfalls nebensächlich ist, fielen jedoch nicht mehr unter den Gemeingebrauch. Dabei komme es nicht darauf an, dass sich die Fahrzeuge bei Benutzung der Straßen verkehrsgerecht verhalten; entscheidend sei vielmehr die Motivation des Verkehrsteilnehmers, die vorliegend überwiegend wirtschaftlich geprägt sei.
Nach Auffassung der Geschäftsstelle verbleibt ein Befahren der öffentlichen Straßen und Plätze mit Fahrzeugen, die mit Spezialkameras ausgerüstet sind, um Fotoaufnahmen der angrenzenden Grundstücke zu machen, aber im Rahmen des Gemeingebrauchs, da sonst auch jeder Liefer- und Güterverkehr wegen seiner vorrangig gewerblichen Zwecke in den Bereich der Sondernutzung gelangen würde. Die Grenzen sind hier fließend. Maßgeblich muss also auf die Frage der Einschränkung und Ablenkung des Gemeingebrauchs anderer abgestellt werden. Die Aufnahmefahrzeuge bewegen sich aber in aller Regel mit normaler Geschwindigkeit im Verkehrsfluss und beeinträchtigen durch die Bildaufnahmen regelmäßig nicht der Verkehr. Es werden üblicherweise auch keine besonderen Fahrmanöver oder Haltepositionen durchgeführt bzw. angefahren. Da sich die Aufnahmefahrzeuge danach im Straßenraum grundsätzlich verkehrsgerecht verhalten, insbesondere kein ständiges Anhalten und Wiederanfahren zu erwarten ist und sie sich auch nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht wesentlich von den übrigen am Verkehr teilnehmenden Fahrzeugen unterscheiden, kann von einem "publikumsintensiven Vorgang", der eine Nutzung über den Gemeingebrauch hinaus begründen könnte, keine Rede sein.
So hat es auch das VG Karlsruhe mit Beschluss vom 01.12.1999 (2 K 2911/99) gesehen. Dort heißt es zudem im Hinblick auf weitere, u. a. datenschutzrechtliche Aspekte: „Eine Gebäudedatenbank, bei der die Außenansichten der Wohngebäude von Straßenzügen in größeren Städten fotografisch erfasst und auf einer CD-ROM zusammengestellt werden, verletzt weder das Eigentumsrecht des Anliegers, noch dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht am eigenen Bild und auf informationelle Selbstbestimmung; auch datenschutzrechtliche Vorschriften werden nicht verletzt.“
Az.: III/1 642-35