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StGB NRW-Mitteilung 575/2021 vom 19.10.2021

EU kann der Istanbul-Konvention zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen beitreten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kommt in einem Gutachten (Nr. 1/19) vom 06.10.2021 zu dem Ergebnis, dass die Europäische Union der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (kurz: Istanbul-Konvention) beitreten kann, auch wenn nicht alle Mitgliedstaaten dem zugestimmt haben.

Hintergrund:
Die Istanbul-Konvention wurde bereits 2011 vom Europarat verabschiedet und zur Unterzeichnung aufgelegt. Es stellt das umfassendste internationale Rechtsinstrument zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen dar. Es verpflichtet die Unterzeichnerstaaten zu zahlreichen Maßnahmen, die eine umfassende Prävention, den Schutz der Opfer und die Verurteilung der Täter zum Ziel haben. Alle 27 Mitgliedstaaten haben die Istanbul-Konvention unter-zeichnet. In sechs Mitgliedstaaten wurde sie noch nicht ratifiziert (u.a. Ungarn und Slowakei). Für Aufsehen hat in diesem Jahr der im März per Dekret erlassene Austritt aus der Türkei aus dem Ab-kommen gesorgt – dem Land, das das Abkommen als erstes unterzeichnet hatte. Polen, welches die Istanbul-Konvention bereits ratifiziert hat, denkt derweil darüber nach, wieder sich aus dem Abkommen zurückzuziehen. Die EU hat es 2017 unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert.

Das Gutachten zum Beitritt der EU zum Übereinkommen von Istanbul war zuvor am 09.07.2019 seitens des Europäischen Parlaments nach Art. 218 Abs. 11 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beim EuGH beantragt worden. In dem Gutachtenantrag wollte das Parlament vom EuGH u.a. wissen, ob der Abschluss des Übereinkommens durch die EU gemäß Art. 218 Abs. 6 AEUV mit den Verträgen vereinbar ist, obwohl eine einstimmige Entscheidung aller Mitgliedstaaten, durch das Übereinkommen gebunden zu sein, noch nicht erzielt wurde.

Das Übereinkommen fällt laut Gutachten sowohl in die Zuständigkeit der EU als auch zum Teil in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Es handele sich damit um ein gemischtes Übereinkommen. Daher müssten die EU als auch die einzelnen Mitgliedstaaten es unterzeichnen. Das in Art. 218 AEUV vorgesehene Abschlussverfahren dürfe dabei nicht von einer einstimmigen Entscheidung der Mitgliedstaaten abhängig gemacht werden. Eine Folge wäre sonst, dass die Union bei gemischten Abkommen künftig stets von jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU abhinge. Der Rat verfüge zwar über ein politisches Ermessen, mit einer qualifizierten Mehrheit etwa Aussprachen herbeizuführen oder Abstimmungen ab-zuhalten, Einstimmigkeit sei dabei jedoch nicht erforderlich.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass nunmehr die EU der Istanbul-Konvention beitreten kann. Es muss nicht darauf gewartet werden, dass ausnahmslos alle Mitgliedstaaten innerhalb ihrer Zuständigkeit dem Übereinkommen zustimmen.

Weiterführende Informationen:
EuGH-Pressemitteilung zum Gutachten: https://curia.europa.eu/jcms/jcms/p1_3578766/de/

Az.: 12.0.7-001/002

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