Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 19/2024 vom 08.01.2024
EU-Parlament und Ministerrat einigen sich auf Strommarktdesign
Das EU-Parlament und der Ministerrat haben vor Weihnachten eine Einigung über die Reform des europäischen Strommarktdesigns erzielt. Dabei soll an den Grundmechanismen des Marktes festgehalten werden. Kernpunkte der Einigung sind unter anderem die Vereinfachung und Standardisierung von PPAs, der Schutz von vulnerablen Kunden und die Verständigung, Kapazitätsmechanismen zu einem strukturelleren Element des Strommarktes zu machen. Vor der Einigung hatten sich Rat und Parlament für einige Verbesserungen gegenüber dem Kommissionsvorschlag im Sinne der Kommunalwirtschaft dahingehend ausgesprochen, dass beispielsweise keine verpflichtende Erlösabschöpfung eingeführt wird. Nach Konsolidierung des Einigungstextes muss die politische Einigung von Rat und Parlament offiziell angenommen werden; hiermit ist bis April 2024 zu rechnen.
Die wesentlichen Punkte der Einigung umfassen:
Power Purchase Agreements (PPAs), also direkte Verträge zwischen Industrieverbrauchern und erneuerbaren Energien Anlagen: Rat und Parlament haben sich darauf geeinigt, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, ausschließlich den Kauf von Strom aus neuen erneuerbaren Energien zu unterstützen, sofern die Bedingungen dies zulassen und im Einklang mit den Dekarbonisierungsplänen der Mitgliedstaaten stehen.
Contracts for Differences (CfDs), also staatlich geförderte Verträge mit einer Preisabsicherung nach unten und einem Preisdeckel nach oben: Rat und Parlament haben sich darauf geeinigt, zweiseitige Differenzverträge oder gleichwertige Regelungen mit denselben Auswirkungen einzuführen. Zweiseitige Differenzverträge würden für Investitionen in neue Stromerzeugungsanlagen auf der Grundlage von Windenergie, Solarenergie, geothermischer Energie, Wasserkraft ohne Stausee und Kernenergie gelten. Die Regeln sollen erst nach einer Übergangszeit von drei Jahren nach Inkrafttreten gelten, um Rechtssicherheit für laufende Projekte zu gewährleisten.
Peak Shaving: Die Einführung eines Peak-Shaving-Produkts soll den Mitgliedstaaten überlassen werden – als Kriseninstrument. Ein Einsatz zur Preisreduktion ist nicht mehr vorgesehen.
Ausrufung einer Energiekrise: Rat und Parlament haben in der politischen Einigung Kriterien festgelegt, die sich auf den durchschnittlichen Großhandelsstrompreis oder einen starken Anstieg der Endkundenpreise für Strom beziehen. Dem Rat wird die Befugnis übertragen, auf der Grundlage eines Kommissionsvorschlags eine Krise auszurufen. Hinsichtlich der Maßnahmen, die von den Mitgliedstaaten zu ergreifen sind, sobald eine Krise ausgerufen wird, haben sich beide Institutionen darauf geeinigt, die bestehende Möglichkeit zu berücksichtigen, die Strompreise für schutzbedürftige und benachteiligte Kunden auf der Grundlage der geltenden Strombinnenmarktrichtlinie weiter zu senken. Außerdem wurden Bestimmungen aufgenommen, die darauf abzielen, unangemessene Verzerrungen oder eine Fragmentierung des Binnenmarktes zu vermeiden.
Kapazitätsmechanismen: Im Ergebnis haben sich Rat und Parlament darauf verständigt, Kapazitätsmechanismen zu einem strukturelleren Element des Strommarktes zu machen. Darüber hinaus haben sie sich auf die Einführung einer potenziellen und ausnahmsweisen Abweichung von der Anwendung der CO2-Emissionsgrenze für bereits zugelassene Kapazitätsmechanismen verständigt, sofern diese hinreichend begründet sind.
Schutz von vulnerablen Kunden: Rat und Parlament haben sich darauf geeinigt, die von den Mitgliedstaaten zu ergreifenden Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Kunden zu verstärken, inkl. Ergänzung einer Definition von Energiearmut mit Verweis auf die neue EED.
Anmerkung
Zu begrüßen ist zunächst, dass die Einigung eine Vereinfachung und Standardisierung sowie die freiwillige Anwendung von PPAs vorsieht. Sowohl PPAs als auch CfDs vermögen Planungssicherheit und Investitionsanreize für den Ausbau erneuerbarer Energien zu schaffen und adressieren das Problem hoher Strompreise. Dabei ist wichtig, dass die Inanspruchnahme von PPAs oder CfDs gemäß der politischen Einigung freiwillig sein soll, um so den Gestaltungsspielraum für Anlagenbetreiber zu erhalten. Gleichzeitig soll die vorläufige Einigung Flexibilität bei der Frage bieten, wie die vom Staat durch CfDs erzielten Einnahmen umverteilt werden sollen. Die Einnahmen sollen an die Endkunden weiterverteilt werden, können aber auch zur Finanzierung der Kosten der direkten Preisstützungsregelungen oder für Investitionen zur Senkung der Stromkosten für die Endkunden verwendet werden. Diese Flexibilität ist, insbesondere im Zuge unterschiedlicher Prioritäten im Staatshaushalt der jeweiligen Mitgliedsstaaten, sehr zu begrüßen. Gleichwohl muss seitens der Kommission darauf geachtet werden, dass die Nutzung des CfD-Instruments in einzelnen Nationalstaaten nicht zur dauerhaften Verfestigung wettbewerbsverzerrender Industriestrompreise führt.
Az.: 28.6.13-001/002 we