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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 496/2003 vom 23.05.2003
EU-Stabilitätskriterien für Deutschland
Die katastrophalen Steuerschätzergebnisse und das Sinken des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal 2003 im Vergleich zum letzten Quartal 2002 erschweren es Deutschland, der ECOFIN-Ratsempfehlung zur Abhilfe des deutschen Haushaltsdefizits zu folgen. Die EU-Kommission hält an dem Ziel fest, dass Mitgliedsstaaten bis 2006 ihre um Saisoneinflüsse bereinigten Haushaltsdefizite annähernd ausgleichen müssen. Das für dieses Jahr erwartete Verfehlen der Drei-Prozent-Marke im deutschen Haushalt wird von den EU-Partnern laut Bundesfinanzminister Hans Eichel "ausdrücklich akzeptiert". Zusätzliche Maßnahmen über die bisherigen Empfehlungen der EU-Wirtschafts- und Finanzminister hinaus würden von Deutschland nicht gefordert. Es wäre "ökonomisch unsinnig, in eine wirtschaftliche Schwäche noch hineinzusparen und damit die Probleme zu verstärken". Eine höhere Neuverschuldung müsse daher hingenommen werden, so Eichel. Eine Haltung, die den Gemeinden zumindest in diesem Maße auf Grund der Verschuldungsgrenzen des Gemeindehaushaltsrechts verwehrt ist.
Vorausgegangen war am 14. November 2002 die Einleitung des Defizitverfahrens gegen Deutschland mit der Veröffentlichung des Berichts "Übermäßiges Defizit in Deutschland" durch die EU-Kommission. Am 8. Januar 2003 hat die Kommission über ihre Empfehlungen an den Rat für Deutschland entschieden (Art. 104 Abs. 6 EGV). Am 21. Januar 2003 hat der ECOFIN-Rat das Vorhandensein des übermäßigen Defizits in Deutschland festgestellt und Empfehlungen zum Defizitabbau verabschiedet. Deutschland hat die Empfehlungen des Rates akzeptiert und nun bis zum 21. Mai 2003 Zeit, wirksame Maßnahmen zu deren Umsetzung zu ergreifen. Auf der Grundlage eines Berichts der Kommission wird der ECOFIN-Rat ebenfalls noch vor der Sommerpause die Umsetzung der Empfehlungen beraten.
Im Kreise der EU-Finanzminister kündigte der Bundesfinanzminister für 2004 an, erstmals wieder unter die Drei-Prozent-Grenze zu kommen und das von Konjunktureinflüssen bereinigte strukturelle Defizit um einen Prozentpunkt zu senken. Von zentraler Bedeutung sei, dass Deutschland 2004 wieder unter die Neuverschuldungsschwelle von drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) komme. Die EU-Kommission geht für das laufende Jahr von einem deutschen Defizit von 3,4 (2002: 3,6) Prozent und für 2004 von 2,9 Prozent aus. EU-Kommissar Pedro Solbes versicherte, dass die Bundesregierung für 2002 und 2003 nicht mit einer Milliarden-Strafzahlung zu rechnen hat. In diesem Zeitraum soll der Konjunkturflaute Rechnung getragen werden, während die EU jetzt erste Lichtblicke für wieder mehr Wirtschaftswachstum im EU-Raum sieht.
Bundesfinanzminister Eichel bekräftigte seine Entschlossenheit, sich im Bereich der sozialen Sicherung wie auch in anderen Bereichen für geringere Staatsausgaben einzusetzen: Der Abbau von Finanzhilfen, Steuervergünstigungen und anderen Subventionen werde dabei eine zentrale Rolle spielen. Das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts im Jahr 2006 sei aber aller Voraussicht nach nicht mehr zu schaffen. Bundesfinanzminister Eichel begründet die "Anpassung des Zeitplans" folgendermaßen. "Für die Einhaltung des Zieljahrs 2006 wären unrealistische Wachstumsraten von real 4,5 Prozent oder Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen von 40 bis 50 Milliarden Euro erforderlich. Das aber wäre konjunkturpolitisch kontraproduktiv." Entscheidend sei die stete strukturelle Verbesserung der öffentlichen Haushalte, mit der man vorankomme. Die für 2004 und 2005 vorgesehenen Steuerentlastungen sollen aber "voll umgesetzt" werden. Auch sollen die Staatsfinanzen ohne Mehrwertsteuer-Erhöhung saniert werden. Stattdessen kündigte Eichel in Brüssel zusätzliche Einsparungen durch den Abbau von Finanzhilfen, Subventionen und Steuervergünstigungen an.
Az.: IV/1 900-02