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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 435/2001 vom 05.07.2001
EU und Duales System
Am 14. Juni 2001 führten die drei Umweltbeigeordneten der kommunalen Spitzenverbände auf der Bundesebene in Brüssel ein Gespräch mit Vertretern der Europäischen Kommission zu Fragen des Dualen Systems Deutschland (DSD) und dessen Vereinbarkeit mit der europäischen Wettbewerbspolitik. Hintergrund des Gesprächs war eine im April 2001 ergangene Entscheidung der Europäischen Kommission zum sog. Zeichennutzungsvertrag, wonach die DSD AG ihre marktbeherrschende Stellung bei der Verpackungsentsorgung missbrauche und hierdurch den Wettbewerb einschränke. Nach dieser Entscheidung darf die DSD AG künftig dann kein Entgelt für die mit dem "Grünen Punkt" gekennzeichneten Verkaufsverpackungsmengen verlangen, wenn diese nachweislich durch ein konkurrierendes System oder eine Selbstentsorgerlösung entsorgt werden.
Aus Sicht der EU verfügt die DSD AG über eine nahezu monopolartige, marktbeherrschende Stellung bei der Entsorgung von gebrauchten Einweg-Verkaufsverpackungen. Der Marktanteil liege bei mindestens 80 %. Ansatzpunkte für Wettbewerb fänden sich gegenwärtig nur am Rande durch Selbstentsorgerlösungen. Diese seien von ihrer wirtschaftlichen Stärke und Marktstellung nicht mit dem Dualen System der DSD AG vergleichbar. Daher komme dem unbeschränkten Marktzugang alternativer Anbieter eine ganz besondere Bedeutung für den Wettbewerb zu.
Ausgangspunkt des Verfahrens war der Umstand, dass sich im Jahre 1999 verschiedene Firmen des Friseurbedarfs (Schwarzkopf, Wella etc.) zu einer Selbstentsorgerlösung zur Rücknahme und Verwertung von Verkaufsverpackungen der von den Friseuren benutzten Haarpflegeprodukten organisiert hatten. Die Kommission hatte insoweit entschieden, dass die DSD AG diesbezüglich ihre marktbeherrschende Stellung missbrauche, wenn sie auch dann das volle Entgelt für die Zeichennutzung verlange, obwohl sie keine Entsorgungsdienstleistung für die jeweiligen Verkaufsverpackungen erbringe und diese nachweislich von einem (anderen) Wettbewerber der DSD AG erbracht werden.
Der Tenor der "Zeichennutzungsvertragsentscheidung" der EU-Kommission ist auch für die gegenwärtig von den kommunalen Spitzenverbänden mit DSD AG verhandelte neue (Muster-)Abstimmungserklärung auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 Verpackungsverordnung von Bedeutung. Die EU-Kommission hatte in der Vergangenheit die zwischen der DSD AG und den Entsorgern (Leistungserbringern) abgeschlossenen Leistungs-Verträge über die Sammlung, Sortierung und Verwertung der gebrauchten Einwegverpackungen über den gelben Sack/die gelbe Tonne im Rahmen des von der DSD AG angemeldeten Freistellungsverfahren vom Kartellverbot (Art. 81 EG-Vertrag) kritisiert. Insbesondere hatte die EU-Kommission erhebliche wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen die lange Laufzeit dieser Verträge geäußert. Bisher war inoffiziell von der Kommission davon ausgegangen worden, dass eine zehnjährige Laufzeit (bis 2005 bzw. 2007) zu lang sei und eine Befristung bis Ende 2003 notwendig sei. In dem Gespräch vom 14. Juni 2001 wurde seitens der EU-Kommission deutlich gemacht, dass eine endgültige Entscheidung der Kommission zu dieser Frage noch in diesem Jahr ergehen würde. Es wurde betont, dass das Jahr 2003 (Auslaufen der Verträge) nunmehr als fixes Datum angesehen werden könne. Danach müsse die DSD AG zum 01.01.2004 Neuausschreibungen vornehmen.
Weiterhin wurde darauf hingewiesen, dass die DSD AG es aus wettbewerbsrechtlichen Gründen anderen Entsorgern nicht verbieten könne, ein alternatives System zu betreiben. Hinsichtlich der Ausschreibungspflicht bestehe für DSD AG zwar nicht die unmittelbare Bindung an das öffentliche Vergaberecht, so dass die DSD AG insoweit eine gewisse Gestaltungsfreiheit bei der Ausschreibung besitze; diese Freiheit dürfe jedoch nicht zu einem Missbrauch führen, sondern müsste die wettbewerbsrechtlichen Grundregeln (Publikation, Transparenz, Vorrang der offenen Ausschreibung, Gleichbehandlung der Bieter etc.) beachten.
Die kommunalen Spitzenverbände auf der Bundesebene werden die Aussagen der Generaldirektion "Wettbewerb" der Europäischen Kommission zum Anlass nehmen, diese in ihre Beratungen über die neue Abstimmungsvereinbarung mit der DSD AG einzubringen.
Az.: II/2 32-16-4