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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 799/2016 vom 22.11.2016
EU-Verfahren gegen Deutschland zu Vergabe von Planungsleistungen beendet
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) hat am 18.11.2016 mitgeteilt, dass das am 11.12.2015 von der EU-Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in der Sache „Freibad Stadt Elze“ (Niedersachsen) eingestellt wurde. Die Kommission hatte die deutsche Vergabepraxis von Planungsleistungen als EU-rechtswidrig kritisiert.
Die Stadt Elze hatte ohne europaweite Ausschreibung verschiedene orts- bzw. umgebungsansässige Büros mit unterschiedlichen Planungsleistungen (Objekt-, Tragwerksplanung und technische Ausrüstung) beauftragt. In der Gesamthöhe von 457.222 € lagen diese Aufträge aber über dem EU-Schwellenwert für Dienstleistungen (aktuell 209.0000 €). Im zugrundeliegenden Vertragsverletzungsverfahren hat die EU-Kommission die Ansicht vertreten, dass verschiedene Planungsleistungen für ein Projekt bezüglich des Auftragswertes aufgrund der EU-Vergaberichtlinien zusammen zu rechnen sind (EU-Kommission — Vertragsverletzung Nr. 2015/4228).
Sie begründet ihre Ansicht mit der Rechtsprechung des EuGH (Entscheidung vom 15. März 2012 — Rs. C-574/10, Niedernhausen), wonach ein einheitlicher Auftrag vorliege und die Einzelleistungen für den Auftragswert zusammen zu rechnen seien, wenn die Leistungen in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht eine innere Kohärenz und eine funktionelle Kontinuität aufweise. Die Kommission hatte die Bundesregierung aufgefordert, zur Vergabe von Planungsleistungen durch öffentliche Auftraggeber Stellung zu beziehen.
Grund der Verfahrenseinstellung ist, dass nach Abschluss der Arbeiten die entsprechenden öffentlichen Aufträge vollständig abgewickelt sind und keine Rechtswirkungen mehr entfalten. Damit wird es bei der entsprechenden Rechtsfrage und den Streit, ob Planungsleistungen der Objektplanung einerseits mit Leistungen der Tragwerksplanung und der technischen Ausrüstung andererseits für die Schwellenwertberechnung zu addieren sind, nicht zeitnah zu einer Klärung durch den EuGH kommen. Die EU-Kommission hat aber erkennen lassen, diesen Punkt bei nächster Gelegenheit erneut aufzugreifen.
Kommunale Vergabepraxis
Aufgrund der erfolgten Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens ist für die kommunale Vergabepraxis weiter von der geltenden Rechtslage in der Vergabeverordnung (VgV) auszugehen. Gemäß § 3 Abs. 7 S. 2 VgV sind bei der Vergabe von Planungsleistungen für die Berechnung des geschätzten Gesamtwerts nur die „Lose über gleichartige Leistungen zugrunde zu legen“. Ausweislich der Begründung zu § 3 Abs. 7 S. 2 VgV ist bei der Bewertung, ob Planungsleistungen gleichartig sind, die wirtschaftliche oder technische Funktion der Leistung zu berücksichtigen. Danach können die Objektplanung einerseits sowie die Tragwerksplanung und die technische Gebäudeausrüstung andererseits als technisch unterschiedliche Planungen angesehen werden, so dass auch für die Schätzung der Schwellenwerte eine separate Berechnung der Auftragswerte vorgenommen werden kann.
Jedoch hält die Kommission trotz Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens grundsätzlich auf der Grundlage des geschilderten Falls an ihrer Auffassung zur Addition aller Planungsleistungen bei funktionaler Einheit fest. Daher müssen Kommunen insbesondere bei der Gewährung von EU-Fördermitteln (Bsp.: EFRE) die Auffassung der Kommission und speziell die genauen Zuwendungsvoraussetzungen beachten. Dies führt dazu, dass in einem „EU-Zuwendungsfall“ vorsichtshalber eine Addition aller Leistungen vorgenommen werden sollte. Werden bei dieser Zusammenrechnung die EU-Schwellenwerte überschritten, ist in der Folge eine EU-weite Ausschreibung durchzuführen. Insgesamt ist jedenfalls immer eine Einzelfallprüfung durchzuführen.
Az.: 21.1.1.4