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StGB NRW-Mitteilung 509/2022 vom 02.08.2022
EuGH-Entscheidung zum LKW-Kartell: Auch Müllfahrzeuge betroffen
Der EuGH hat mit Urteil vom 01.08.2022 eine aus kommunaler Sicht zu begrüßende Entscheidung zum sog. LKW-Kartell getroffen. Dem Urteil zu Folge bezieht sich der Beschluss der EU-Kommission vom 19.07.2016 zum LKW-Kartell auch auf Sonderfahrzeuge wie Müllwagen. Diese können daher auch von den Kartellabsprachen betroffen sein.
Zum Hintergrund
Das LG Hannover hatte mit Beschluss vom 19.10.2020 | Az.: 13 O 24/19 dem EuGH eine Frage zum Umfang der Bindungswirkung der Kommissionsentscheidung zum sog. LKW-Kartell vom 19.07.2016 (dazu siehe Schnellbrief Nr. 243 vom 30.08.2016) vorgelegt, das von der EU-Kommission mit Beschluss vom 19.07.2016 | Az.: C (2016) 4673 | festgestellt worden war. Die Vorlage erfolgte im Rahmen eines Verfahrens, in dem die Klägerin gegen einen LKW-Hersteller (Daimler-Truck) Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Preisüberhöhungen bei dem Erwerb von zwei Müllfahrzeugen geltend machte; der LKW-Hersteller war Teilnehmer des LKW-Kartells. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Beschluss der EU-Kommission und damit das LKW-Kartell selbst auch Müllfahrzeuge als Sonder- bzw. Spezialfahrzeuge erfasst.
Dieses Vorabentscheidungsersuchen hat der EuGH nun mit Urteil vom 01.08.2022 | Rechtssache C-588/20 erfreulicherweise dahingehend beantwortet, dass sich der Beschluss der EU-Kommission vom 19.07.2016 auch auf Sonderfahrzeuge wie Müllwagen bezieht und diese daher von den Kartellabsprachen betroffen sein können. Die EU-Kommission hatte Absprachen über Preise und Bruttolistenpreiserhöhungen im EWR für Lastkraftwagen zwischen 6 und 16 Tonnen oder Lastkraftwagen über 16 Tonnen sowie über den Zeitplan und die Weitergabe der Kosten für die Einführung von Emissionstechnologien für diese Lastkraftwagen nach den Abgasnormen EURO 3 bis EURO 6 und damit eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens festgestellt.
Der EuGH stellt zunächst fest, dass vorrangig auf den verfügenden Teil und die Begründung der Kommissionsentscheidung abzustellen sei und dass die Definitionen der Begriffe „Lastkraftwagen“ und „Spezialfahrzeug“ damit irrelevant seien. Da bei der getroffenen Unterscheidung nach Lastkraftwagen-Kategorien ausschließlich auf das Gewicht der Lastkraftwagen abgestellt werde, sei in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass das in diesem Beschluss festgelegte Kriterium für die Feststellung, ob ein Lastkraftwagen unter den Beschluss falle, sein Gewicht sei. Daraus folge nach Ansicht des EuGH, dass der Beschluss den Verkauf aller mittelschweren und schweren Lastkraftwagen betrifft, unabhängig davon, ob es sich um Solofahrzeuge oder Sattelzugmaschinen handele. Der Beschluss der Kommission enthalte keinen Anhaltspunkt dafür, dass Sonderfahrzeuge nicht zu den Produkten gehören, die von der im Ausgangsverfahren fraglichen Zuwiderhandlung betroffen seien. Im Ergebnis sei daher davon auszugehen, dass Sonderfahrzeuge einschließlich Müllfahrzeuge zu den Produkten gehörten, die von der im Beschluss festgestellten Zuwiderhandlung betroffen seien.
Die Entscheidung ist aus kommunaler Sicht zu begrüßen. Der EuGH ist der Auffassung von Daimler entgegengetreten, dass eine entsprechende Berücksichtigung nur dann möglich sei, wenn die Kommission dies im Auskunftsverlangen im Vorhinein der Entscheidung deutlich gemacht hätte. Hintergrund der Schadenersatzklage ist der Beschluss der EU-Kommission aus dem Juli 2016, in dem der damaligen Daimler AG und anderen Lkw-Herstellern ein Bußgeld von insgesamt knapp drei Milliarden Euro wegen Preisabsprachen auferlegt worden war. Der Landkreis Northeim hatte Daimler daraufhin auf Schadenersatz verklagt. Der Fall kehrt nun vor das Landgericht Hannover zurück. Daimler Truck, die Nutzfahrzeugsparte von Daimler, wurde Ende 2021 aus dem Daimler-Konzern herausgelöst.
Az.: 21.1.4.7-001/002 we