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StGB NRW-Mitteilung 412/2014 vom 04.06.2014

EuGH-Generalanwalt zu Sozialleistungen für EU-Ausländer/innen

Deutschland muss Bürgerinnen und Bürgern aus anderen EU-Staaten keine Sozialleistungen zahlen, wenn diese mit dem Ziel nach Deutschland einreisen, eine Beschäftigung zu suchen oder Sozialhilfe zu beziehen. Diese Auffassung hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs Melchior Wathelet in seinem Schlussantrag in einem Vorabentscheidungsersuchen des Sozialgerichts Leipzig vertreten.

Die Mitgliedsstaaten dürfen Missbräuche und „eine gewisse Form von Sozialtourismus“ verhindern. Zwar muss noch der Europäische Gerichtshof über den Fall endgültig entscheiden, die Europarichter folgen aber in der Regel dem Antrag ihrer Generalanwälte. Nach Ansicht des Generalanwalts stellen die Rechtsvorschriften im SGB II sowie im SGB XII, die Grundsicherungsleistungen Personen verweigern, die weit davon entfernt sind, sich in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen und allein mit dem Ziel nach Deutschland kommen, Nutzen aus dem deutschen Sozialsystem zu ziehen, im Einklang mit den EU-Vorschriften und dem Willen des EU-Gesetzgebers. Der Generalanwalt bestätigt mit seinem Gutachten die Rechtsauffassung des DStGB.

In dem konkreten Fall begehren eine Rumänin und ihr in Deutschland geborener Sohn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Sie leben seit mehreren Jahren in der Wohnung einer Schwester der Klägerin und werden von dieser versorgt. Die Frau war weder in ihrem Heimatland noch in Deutschland jemals berufstätig und besitzt keine Ausbildung. Sie war offensichtlich auch nicht nach Deutschland eingereist, um Arbeit zu suchen und bemüht sich auch nicht darum, eine Beschäftigung in Deutschland zu finden.

Das Jobcenter weigerte sich unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, der Klägerin SGB II-Leistungen zu gewähren. Nach dieser Regelung sind Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zwecke der Arbeitssuche ergibt, sowie ihre Familienangehörigen von SGB II-Leistungen ausgeschlossen. Der § 23 Abs. 3 SGB XII schließt Ausländer von Sozialhilfeleistungen aus, wenn sie allein mit Ziel nach Deutschland gekommen sind, Sozialhilfe zu erhalten oder eine Beschäftigung zu suchen. Hiergegen war die Klägerin gerichtlich vorgegangen. Das Sozialgericht Leipzig hat den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren angerufen und um Klärung der Frage gebeten, ob das EU-Recht der deutschen Rechtslage entgegenstehe.

In dem Schlussantrag stellt der Generalanwalt fest, dass Rechtsvorschriften, die Grundsicherungsleistungen Personen verweigern, die weit davon entfernt sind, sich in den Arbeitsmarkt integrieren zu wollen und allein mit dem Ziel nach Deutschland kommen, Sozialleistungen zu beziehen, im Einklang mit dem Willen des EU-Gesetzgebers stehen. Mit derartigen Vorschriften könne verhindert werden, dass Personen, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machen, ohne sich integrieren zu wollen, eine Belastung für das Sozialhilfesystem werden.

Die Vorschriften stünden außerdem mit dem den Mitgliedstaaten in diesem Bereich überlassenen Gestaltungsspielraum im Einklang. Sie erlaubten es, Missbräuche und eine gewisse Form von „Sozialtourismus“ zu verhindern. Der Generalanwalt stellte zudem fest, dass die von Deutschland herangezogenen Kriterien geeignet seien, das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit dem Gebiet des Aufnahmemitgliedstaates und eine Integration in diesen plausibel dazulegen. Die deutschen Rechtsvorschriften verfolgten ein legitimes Ziel, wie dies vom EuGH auch verlangt werde. Auch sei das gewählte Kriterium verhältnismäßig. So sei die zuständige deutsche Behörde auf Grund der Feststellung der Tatbestandsvoraussetzungen verpflichtet, die persönliche Situation im Einzelfall zu prüfen.

Das Urteil des EuGH wird in einigen Monaten erwartet. Die EU-Kommission hatte in dem Verfahren eine gegenteilige Auffassung vertreten. Auch die Landessozialgerichte in Deutschland hatten bislang unterschiedlich geurteilt.

Ungeachtet dessen plant die Bundesregierung eine Einreisesperre bei Sozialmissbrauch. EU-Bürgern soll danach künftig bei Missbrauch von Sozialleistungen die Wiedereinreise in die Bundesrepublik verboten werden. Derzeit können EU-Bürger trotz aberkannten Aufenthaltsrechten jederzeit wieder in die Bundesrepublik zurückkehren. Geplant ist nunmehr, diese Personen von Amtswegen mit einer Wiedereinreisesperre zu belegen. Darüber hinaus soll Kindergeld nur noch dann ausgezahlt werden, wenn der Antragsteller eine Steueridentifikationsnummer vorlegen kann. (Quelle: DStGB Aktuell vom 23.5.2014)

Az.: III/2 801

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