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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 213/2001 vom 05.04.2001
EuGH weist Klagen gegen Stromeinspeisungsgesetz ab
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem am 13. März 2001 verkündeten Urteil (C-379/98) festgestellt, dass die Vergütungsregelungen des alten Stromeinspeisungsgesetzes keine staatliche Beihilfe im Sinne des EG-Vertrags darstellen und mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs im Einklang stehen. Die gegenwärtige Regelung des Elektrizitätsmarkts stünden einem deutschen Gesetz nicht entgegen, durch das eine Pflicht zur Abnahme von Strom aus erneuerbaren Energiequellen begründet wird .
Anlass der Entscheidung waren Klagen der Energieversorgungsunternehmen PreussenElektra und Schleswag gegen das alte Stromeinspeisungsgesetz. Das deutsche Stromeinspeisungsgesetz von 1990, das 1994 und 1998 geändert wurde, verpflichtete öffentliche Elektrizitätsversorgungsunternehmen, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien, darunter Windstrom, zu Mindestpreisen abzunehmen, die über dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert dieses Stroms liegen.
Die Bundesregierung hatte 1990 den Entwurf des ursprünglichen Gesetzes der Kommission mitgeteilt, die ihn genehmigte, nachdem sie zu der Ansicht gelangt war, dass er der energiepolitischen Zielsetzung der Gemeinschaften entspreche. 1998 wurde diese Regelung geändert und ein Verfahren zur Aufteilung der sich aus der Abnahmepflicht ergebenden Mehrkosten zwischen den Elektrizitätsversorgungsunternehmen und den Betreibern der vorgelagerten Netze eingeführt. Das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien sowie zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (EEG) ersetzte das alte Stromeinspeisungsgesetz mit Wirkung vom 01.04.2000.
Schleswag muss als regionales Elektrizitätsversorgungsunternehmen in Schleswig-Holstein den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien abnehmen. Diese Abnahmepflicht führt zu Mehrkosten, die von 5,8 Mio. DM im Jahr 1991 auf etwa 111,5 Mio. DM im Jahr 1998 angestiegen sind. Schleswag verlangte daher von PreussenElektra nach dem Aufteilungsverfahren des deutschen Gesetzes die Zahlung verschiedener Beträge, die sie im Rahmen ihrer Abnahmepflicht verauslagt hatte. PreussenElektra erhob vor dem Landgericht Kiel Klage auf Rückzahlung eines Betrages von 500 000 DM, den sie ursprünglich als Erstattung für Mehrkosten aus der Abnahme von Windstrom an Schleswag gezahlt hatte. PreussenElektra steht auf dem Standpunkt, dass diese Zahlung nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar war, da sie auf einer umgestalteten und ungenehmigten Beihilferegelung beruht habe.
Das Landgericht Kiel fragte den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften an, ob es sich bei der Änderung der gesetzlichen Regelung um die Umgestaltung einer staatlichen Beihilfe im Sinne des Gemeinschaftsrechts handelte und ob die dadurch geschaffene Regelung u. a. gegen das Verbot mengenmäßiger Handelsbeschränkungen verstößt. Der EuGH wies darauf hin, dass staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem EG-Vertrag unvereinbar seien. Allerdings seien nicht alle von einem Staat gewährten Vorteile als staatliche Beihilfen anzusehen. Nur solche Vergünstigungen, die unmittelbar oder mittelbar aus staatlichen Mitteln gewährt werden, seien staatliche Beihilfen im Sinne des EG-Vertrags.
Nach Auffassung des Gerichtshofes führen weder die gesetzliche Abnahmepflicht nach der deutschen Regelung noch die Aufteilung der finanziellen Belastungen zwischen den privaten Elektrizitätsversorgungsunternehmen und den privaten Betreibern der vorgelagerten Netze zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung staatlicher Mittel. Der Umstand, dass die Abnahmepflicht auf einem Gesetz beruhe und bestimmten Unternehmen unbestreitbare Vorteile gewähre, könne der Regelung nicht den Charakter einer staatlichen Beihilfe im Sinne des EG-Vertrags verleihen.
Der Gerichtshof stellt außerdem fest, dass diese Regelung den
innergemeinschaftlichen Handel zumindest potenziell behindern könne. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass sie dem Umweltschutz diene, da sie zur Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen beitrage. Das mit der Regelung verfolgte Ziel gehöre somit zu den vorrangigen Zielen der Gemeinschaft. Der Gerichtshof gelangte daher zu dem Ergebnis, dass die deutsche Regelung unter diesen Umständen beim gegenwärtigen Stand des Gemeinschaftsrechts auf dem Gebiet des Elektrizitätsmarkts nicht gegen die Warenverkehrsfreiheit verstößt.
Bundeswirtschaftsminister Dr. Werner Müller begrüßte das Urteil des EuGH. Die Entscheidung sei auch ein Erfolg für die Energiepolitik der Bundesregierung, die eine Vorreiterrolle beim Ausbau erneuerbarer Energien in der Europäischen Union einnimmt. Die EU-Mitgliedstaaten seien sich darin einig, dass der Anteil regenerativer Energiequellen in der Gemeinschaft sowohl im Interesse von Umwelt- und Klimaschutz als auch aus Gründen der Versorgungssicherheit erheblich und dauerhaft gesteigert werden muss. Durch das Urteil des EuGH würden die Mitgliedstaaten in ihren Anstrengungen hierbei gestärkt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hält damit auch die EG-rechtlichen Einwände der Europäischen Kommission gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz, welches das alte Stromeinspeisungsgesetz abgelöst hat, für widerlegt. Müller zeigte sich überzeugt, dass sich mit dem Urteil auch die Bedenken der EU-Kommission gegen das Erneuerbare-Energien-Gesetz erledigt hätten und appellierte an die Kommission, die eingeleiteten Verfahren nunmehr einzustellen."
Az.: G/3 811-16