Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 456/2016 vom 27.06.2016
EuGH zu Anforderungen an vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren
Auch auszuscheidende Bieter können die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers zu Fall bringen. Das hat der EuGH in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren in der Rechtsache „Airgest Spa“ mit Urteil vom 05.04.2016 (Aktzeichen C-689/13) klargestellt. Nach der bisherigen Rechtsprechung wurde Bietern die Legitimation zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gegen die Zuschlagsentscheidung verwehrt, sofern deren eigenes Angebot nicht ausschreibungskonform war. Über jeder Anfechtung hing somit das „Damoklesschwert“ eines (unbehebbaren) Mangels im eigenen Angebot, der de facto die Anfechtung zu einem aussichtslosen Unterfangen machte.
Bereits in der Rs. Fastweb (C-100/12) hat der EuGH angemerkt, dass ein auszuscheidender Bieter unter Umständen dennoch die Möglichkeit haben muss, einen Nachprüfungsantrag zu stellen. Diese — anfangs noch als "Meilenstein" für den Bieterschutz gewertete — Erkenntnis wurde in weiterer Folge sehr restriktiv und uneinheitlich ausgelegt, sodass sich an der obigen Spruchpraxis für Bieter de facto kaum etwas geändert hat.
Dem hat der EuGH nun eine Absage erteilt. Nach dem vorliegenden Urteil haben auch Bieter, deren Angebot mit einem (unbehebbaren) Mangel behaftet ist, das Recht, die Zuschlagsentscheidung anzufechten, unabhängig davon, wie viele andere Bieter sich an dem Vergabeverfahren beteiligt haben oder welche Ausschlussgründe ins Treffen geführt werden. Voraussetzung für eine Anfechtung ist indes, dass auch das Angebot des in Aussicht genommenen Bestbieters auszuscheiden wäre.
Der EuGH verbessert mit dieser Entscheidung die Position unterlegener Bieter, da auch der eigene Angebotsmangel die Erfolgschancen einer Anfechtung nicht zwingend mindert. Aus kommunaler Sicht ist zu befürchten, dass die Zahl der Nachprüfungsverfahren erheblich zunehmen wird.
Az.: 21.1.1.2