Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 586/2020 vom 28.07.2020

EuGH zum Schutz von Lebensstätten streng geschützter Tierarten

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Recht von Feldhamstern auf Erhalt ihres Lebensraums gestärkt. Die Ruhe- und Fortpflanzungsstätten der geschützten Feldhamster dürften auch dann nicht zerstört werden, wenn die Tiere diese zwar nicht mehr beanspruchen, aber womöglich dorthin zurückkehren, entschieden die Luxemburger Richter am 02.07.2020 (Az.: C-477/19). Auch diese Baue unterfielen dem Begriff der "Ruhestätte" in der EU-Artenschutzrichtlinie.

Sachverhalt

Bei der Vorbereitung von Bauarbeiten eines Bauträgers in Österreich wurden mehrere Eingänge zu Feldhamsterbauen zerstört. Die zuständige Verwaltungsbehörde verhängte daraufhin eine Geldstrafe gegen das mit dem Bau beauftragte Unternehmen. Dieses reichte Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien ein.

Unstreitig blieb in dem Verfahren, dass die Baue zum Zeitpunkt der Zerstörung nicht belegt waren. Zu klären war lediglich, ob die Baue zu diesem Zeitpunkt überhaupt als „Ruhestätten“ unter den Schutz der europäischen Habitatrichtlinie (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG) fallen.

Konkret verbietet Art. 12 Abs. 1 Buchst. d Habitatrichtlinie jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten für nach Anhang IV Buchst. a der Richtlinie streng geschützte Tierarten. Die Richtlinie selbst enthält aber keine Aussage dazu, ob dieser Schutz auch dann gilt, wenn die Tiere die Lebensstätten nicht (mehr) nutzen. Das Verwaltungsgericht setzte daher das Verfahren aus und legte die streitentscheidende Frage zum Begriff der Ruhestätte dem EuGH zur Entscheidung vor.

Entscheidungsgründe

Der EuGH hat entschieden, dass unter den Begriff „Ruhestätten“ im Sinne dieser Bestimmung auch Ruhestätten fallen, die nicht mehr von einer geschützten Tierart, wie etwa dem Feldhamster, beansprucht werden. Ausreichend ist eine hinreichend hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Art an diese Ruhestätten zurückkehrt.

Es obliegt nun dem Verwaltungsgericht Wien zu klären, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Rückkehr der Feldhamster bestand.

Anmerkung aus kommunaler Sicht

Die aktuelle Entscheidung des EuGH zum Artenschutz entspricht weitestgehend der bisherigen Rechtsprechung der deutschen Gerichte. Im deutschen Recht ist der Lebensstättenschutz nach Art. 12 Abs. 1 Buchst. d Habitatrichtlinie in § 44 Abs. 1 Nr. 3 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geregelt. Demnach ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten besonders geschützter Arten von wild lebenden Tieren aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.

Die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung knüpft den Lebensstättenschutz aber nicht an die Voraussetzung, dass die Lebensstätte aktuell besetzt ist und erachtet es als ausreichend, wenn sie regelmäßig genutzt wird. Der Schutz soll damit erst enden, wenn die Stätten durch die Tiere endgültig aufgegeben werden. Auch das Bundesverwaltungsgericht stellt auf eine vergleichbare Wertung ab. Demnach ist der Schutz auf Abwesenheitszeiten der die Lebensstätte nutzenden Tiere einer Art auszudehnen ist, sofern nach den Lebensgewohnheiten der Art eine regelmäßig wiederkehrende Nutzung zu erwarten ist BVerwG, Urteil vom 18.03.2009, Az.: 9 A 39/07).

Az.: 26.0.3-002/001 gr

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