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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 286/2002 vom 05.05.2002
Europäischer Gerichtshof zur Abfallverwertung
Vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) sind zur Zeit mehrere Verfahren anhängig, die die grenzüberschreitende Verbringung von Abfällen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten betreffen. In diesen gerichtlichen Verfahren geht es insbesondere um die Frage, wie die Abfallbeseitigung von der Abfallverwertung nach dem europäischen Recht abzugrenzen ist. Der EuGH hat sich in einem Urteil vom 27. Februar 2002 (Rechtssache C-6/00) nunmehr grundsätzlich zur Abgrenzung von Abfallverwertung und Abfallbeseitigung am Beispiel des Bergversatzes (Verfüllung von Bergwerken mit Abfällen) geäußert. Konkret ging es darum, daß Aschen aus Müllverbrennungsanlagen in Österreich nach Deutschland zum Versatz in einem Bergwerk gehen sollten.
Der EuGH stellt zunächst zur grenzüberschreitenden Abfallverbringung folgendes fest: Die EG-Abfallverbringungsverordnung habe das Ziel, daß alle zuständigen Behörden, denen eine geplante Abfallverbringung mitgeteilt werden müsse (d.h. die Behörden des EU-Mitgliedsstaats, aus dem die Abfälle stammten, diejenigen der Mitgliedsstaaten, durch die die Abfälle ggf. transportiert würden, und diejenigen der Mitgliedsstaaten, in die die Abfälle verbracht würden) zu prüfen haben, ob die Person, die den Abfall grenzüberschreitend verbringen wolle, eine der EG-Abfallverbringungs-Verordnung entsprechende Zuordnung der Abfälle vorgenommen habe oder ob Einwände gegen die grenzüberschreitende Abfallverbringung zu erheben seien, weil diese Zuordnung falsch sei. Die EG-Abfallverbringungsverordnung übertrage die Verpflichtung, darüber zu wachen, daß die Verbringung entsprechend ihren Vorschriften erfolge, allen zuständigen nationalen Behörden der EU-Mitgliedsstaaten zugleich. Wenn eine nationale Behörde einen Einwand gegen eine grenzüberschreitende Abfallverbringung erhebe, weil diese falsch eingestuft worden sei, könne die abfallverbringende Person, welche die geplante Verbringung zur Zustimmung bei den zuständigen Behörden eingereicht hätte, auf die Verbringung der Abfälle in einen anderen Mitgliedsstaat verzichten, ein neues Zustimmungsverfahren in Gang setzen oder ein geeignetes Rechtsmittel gegen die Entscheidung dieser Behörde einlegen.
Für die in diesem Zusammenhang auch für die Zuordnung nach der EG-Abfallverbringungs-Verordnung bedeutsame Frage der Abgrenzung der Abfallbeseitigung von der Abfallverwertung weist der EuGH grundlegend auf folgendes hin: Weder die EG-Abfallverbringungsverordnung noch die EU-Abfallrahmenrichtlinie enthielten allgemeine Definitionen der Begriffe der Beseitigung oder der Verwertung von Abfällen. Vielmehr werde lediglich auf die Anhänge zur EU-Abfallrahmenrichtlinie verwiesen. Dort seien verschiedene Beseitigungs- und Verwertungsverfahren benannt, die unter den Begriff "Abfallbeseitigung" oder "Abfallverwertung" eingeordnet werden können. Die Anhänge der EU-Abfallrahmenrichtlinie verfolgten damit den Zweck, die am häufigsten vorkommenden Beseitigungs- und Verwertungsverfahren für Abfälle zusammenzustellen, nicht aber alle Abfallbeseitigungs- und Verwertungsverfahren im Sinne der Richtlinie genau und abschließend aufzuführen. Nach der EU-Abfallrahmenrichtlinie liege das entscheidende Merkmal für eine Maßnahme der Abfallverwertung darin, daß der Hauptzweck der Maßnahme darauf gerichtet sei, daß die Abfälle eine sinnvolle Aufgabe erfüllen könnten, indem sie andere Materialien ersetzten, die für diese Aufgabe hätten verwendet werden müssen, wodurch natürliche Rohstoffquellen erhalten werden könnten. Es sei demnach Sache des (jeweiligen) nationalen Gerichts, dieses Kriterium auf den zu entscheidenden Fall anzuwenden, um die Einbringung der fraglichen Abfälle in ein stillgelegtes Bergwerk als Abfallbeseitigung oder Abfallverwertung einzustufen.
Az.: II/2 31-02 qu/g