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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 752/2003 vom 29.08.2003
Europäischer Gerichtshof zur Dauer der Abfalleigenschaft
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 19.06.2003 (Az.: C 444/00 -; DVBl 2003, S. 1047 ff.) zur Frage Stellung genommen, wann bei einer stofflichen Verwertung von Verpackungsabfällen die Abfalleigenschaft der Verpackungsabfälle endet. Im konkreten Fall hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass der Abfall bei einer stofflichen Verwertung in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden muss. Dieses bedeutet bei Verpackungen, dass die Eigenschaften des behandelten Verpackungsabfalls denjenigen des Materials entsprechen müssen, aus dem die ursprüngliche Verpackung bestanden hat. Erst dann entfällt die Abfalleigenschaft, weil erst dann der erstrebte ökologische Vorteil, nämlich die Verringerung von Energie und Primärrohstoffen erreicht ist.
Vor diesem Hintergrund stellt der EuGH fest, dass die bloße Aufbereitung nicht bereits als Produktionsprozess in diesem Sinne anzusehen sei. Die verunreinigten Verpackungsabfälle würden durch eine bloße Aufbereitung noch nicht in ihrem ursprünglichen Zustand (Stahl) versetzt und nicht direkt für die ursprünglichen Zweck (Herstellung von Verpackungsmaterialien) oder andere Zwecke nutzbar gemacht. Erst die anschließende Produktion von Stahlblöcken, -blechen, -blöcken oder rollen stelle eine stoffliche Verwertung gemäß der EU-Verpackungsrichtlinie dar, weil nur die Eigenschaften dieser Erzeugnisse denen der früher metallischen Verpackungen entsprächen. Deshalb entfalle die Abfalleigenschaft nicht bereits durch die bloße Aufbereitung.
Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 19.06.2003 bestätigt die Grundlinie im europäischen und deutschen Abfallrecht, dass die Abfalleigenschaft grundsätzlich erst dann entfällt, wenn der Verwertungs- bzw. Beseitigungserfolg eingetreten ist. Nur in Ausnahmefällen entfällt die Abfalleigenschaft bereits mit dem Gewinnen von Sekundärrohstoffen aus dem Abfall. Der Umstand, dass die aus Abfall gewonnenen Sekundärrohstoffe einen wirtschaftlichen Wert haben und geeignet sind, als Rohstoff eingesetzt zu werden, reicht für sich allein nicht aus, um die Abfalleigenschaft entfallen zu lassen. Vielmehr muss davon ausgegangen werden können, dass die Stoffe alsbald tatsächlich verwendet werden. Auch dürfen von ihnen keine abfallspezifischen Gefahren mehr ausgehen. Dazu müssen die Eigenschaften der Stoffe denen der zu ersetzenden Rohstoffen oder Produkte entsprechen. Ihre weitere Verwendung darf keinen abfallspezifischen Einschränkungen oder jedenfalls keinen weitergehenden Einschränkungen unterliegen als denjenigen, die für vergleichbare Primärrohstoffe gelten. Nur dann ist die Gefahr von abfallspezifischen Schadstoffanreicherungen im Wertstoffkreislauf sowie in den Umweltmedien Boden, Luft und Wasser ausgeschlossen. Aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kann daher grundsätzlich die Schlussfolgerung gezogen werden, dass jede Vorbehandlung von gefährlichen Abfällen, die nicht zu einer Schadstoffentfrachtung führt, die genannten abfallspezifischen Gefahren und damit auch die Abfalleigenschaft nicht entfallen läßt.
Az.: II/2 31-02 qu/g