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StGB NRW-Mitteilung 223/2019 vom 27.05.2019

Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Bundestag diskutiert

Der Bundestag hat in erster Lesung über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und das Berufsduldungsgesetz debattiert. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll die Zuwanderung aus Staaten außerhalb der EU besser gesteuert werden. Aus Sicht des DStGB kann dies nur ein Baustein in einer Gesamtstrategie zur Fachkräftegewinnung sein, bei der zuvorderst die erheblichen Potenziale im Inland und im EU-Ausland genutzt werden.

Dabei ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass der für die Migrationssteuerung wichtige Grundsatz der Trennung zwischen Asyl und Erwerbsmigration grundsätzlich beibehalten wird. Ausnahmen sind nur für Geduldete möglich, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen und daraus ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Die vorgesehene Vergabe von Aufenthaltstiteln zur Arbeitsplatz- oder Ausbildungsplatzsuche ist abzulehnen. Wie die Erfahrungen mit abgelehnten Asylbewerbern zeigen, würden die Zurückführungen bei gescheiterter Arbeitsaufnahme vielfach ins Leere laufen.

Der Bundestag hat das Ende letzten Jahres von der Bundesregierung verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz und das Beschäftigungsduldungsgesetz in erster Lesung debattiert und an die Ausschüsse verwiesen. Es ist geplant, dass beide Gesetze Anfang des Jahres 2020 in Kraft treten, damit die Behörden sich auf die Änderungen einstellen können. Die wesentlichen Kernelemente der Gesetze sind nachfolgend dargestellt:

  • Fachkräfte im Sinne des Gesetzes: Der Fachkräftebegriff wird zukünftig auch auf diejenigen ausgedehnt, die eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzen oder einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen mit einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss haben. Bisher war es für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten nur dann möglich zum Arbeiten nach Deutschland zu kommen, wenn sie einen Hochschulabschluss haben.
  • Verzicht auf Vorrangprüfung und Begrenzung auf Mangelberufe: Angesichts der guten Arbeitsmarktlage wird die Vorrangprüfung für die qualifizierte Beschäftigung bei anerkannter Qualifikation und einem Arbeitsvertrag aufgehoben. Sie gilt jedoch weiter für den Zugang zur Berufsausbildung. Damit muss nicht mehr vor jeder Einstellung einer Fachkraft aus einem Drittstaat festgestellt werden, ob ein inländischer oder europäischer Bewerber zur Verfügung steht. Das Gesetz enthält zugleich eine Verordnungsermächtigung, wonach bei einer Veränderung der Arbeitsmarktsituation die Vorrangprüfung sehr schnell wieder eingeführt werden kann – beispielsweise in bestimmten Berufen oder in bestimmten Regionen. Die Beschränkung auf die Engpassberufe entfällt.
  • Einreise zur Arbeits- und Ausbildungsplatzsuche: Es wird die Möglichkeit für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung geschaffen, entsprechend der bestehenden Regelung für Hochschulabsolventen, für eine befristete Zeit zur Arbeits- oder Ausbildungsplatzsuche nach Deutschland zu kommen. Künftig sollen Facharbeiter für sechs Monate einreisen können, um in Deutschland eine Arbeitsstelle zu suchen. Voraussetzung sind notwendige deutsche Sprachkenntnisse und die Sicherung des Lebensunterhalts. Der Bezug von Sozialleistungen ist in dieser Zeit ausgeschlossen. Zudem behält sich das Bundesarbeitsministerium vor, per Verordnung Berufsgruppen festzulegen, für die keine Aufenthaltserlaubnis zur Jobsuche erteilt wird.
    Wer unter 25 Jahren ist, darf zur Suche nach einem Ausbildungs- oder Studienplatz für sechs oder neun Monate kommen. Voraussetzung ist hier das entsprechende Sprachniveau (B2) und dass der Lebensunterhalt ohne staatliche Mittel gesichert ist. Das wird nach dem nunmehr geschlossenen Kompromiss für Absolventen deutscher Auslandsschulen und Personen mit einem Schulabschluss gelten, der nach einer Liste der Kultusministerkonferenz zum Hochschulzugang berechtigt. Die Regelungen sind auf fünf Jahre begrenzt.
  • Beschäftigungs- und Ausbildungsduldung: In einem Beschäftigungsduldungsgesetz werden die Regelungen für die Beschäftigung und die Ausbildung der in Deutschland lebenden und arbeitenden abgelehnten, aber geduldeten Asylbewerber geregelt. Mit der neuen Regelung ist der Wechsel vom Asyl- ins Einwanderungsverfahren in Ausnahmefällen möglich. Was bisher erst nach sechs bis acht Jahren Duldung möglich war, nämlich einen legalen Aufenthaltstitel zu erhalten, soll zukünftig etwas schneller möglich sein. Wer mindestens 18 Monate sozialversicherungspflichtig bei mindestens 35 Wochenstunden beschäftigt und seit mindestens zwölf Monaten geduldet ist, kann zunächst eine Beschäftigungsduldung für 30 Monate erhalten.
    Danach besteht dann die Chance auf eine Aufenthaltserlaubnis. Die Regelung soll zum 1. Juli 2022 außer Kraft treten, damit keine falschen Anreize geschaffen werden. Eine vorzeitige Verlängerung der Regelung, wie der Bundesrat sie gefordert hat, wurde von der Bundesregierung mit dem berechtigten Verweis darauf, dass bis zum Jahr 2022 noch genug Zeit sei, um Erfahrungen mit der Regelung zu sammeln, abgelehnt.
  • Verfahrensvereinfachungen und Bündelungen der Zuständigkeiten: Um die Verwaltungsverfahren effizienter und serviceorientierter zu gestalten, soll die ausländerbehördliche Zuständigkeit für die Einreise von Fachkräften bei zentralen Stellen konzentriert werden. Für schnellere Verfahren wird ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren geschaffen, das von Arbeitgebern aus dem Inland initiiert werden kann. Damit sollen die personellen und fachlichen, aber auch strukturelle und organisatorische Voraussetzungen geschaffen werden, um für die Herausforderung stärkerer Fachkräfteeinwanderung gerüstet zu sein. Ziel ist es auch, die Verwaltungsverfahren transparenter zu gestalten.

Anmerkung

Die mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz verfolgten Ziele die Zuwanderung aus Nicht-EU-Staaten für Fachkräfte zu vereinfachen, sind grundsätzlich zu begrüßen und stehen in der Tradition der Gesetzesänderungen der letzten Jahre, mit denen die Erwerbsmigration nach Deutschland erleichtert worden ist.

Deutschland ist als Einwanderungsland auf eine gezielte, gesteuerte und kontrollierte Zuwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten angewiesen. Fachkräftemangel gibt es jedoch heute nicht mehr nur in Berufen bei denen ein Hochschulabschluss die Voraussetzung darstellt, sodass es richtig ist, den Fachkräftebegriff zu erweitern und auch auf diejenigen auszudehnen, die einen Berufsabschluss haben.

Neben den rechtlichen Voraussetzungen für die Anerkennung von Berufsabschlüssen müssen jedoch vor allem die personellen und strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden, damit die Verfahren schnell und transparent durch die Ausländerbehörden durchgeführt werden können. Hier dürfen nicht das rechtliche Wollen und das tatsächliche Können auseinanderfallen.

Die im Gesetz vorgesehene Vergabe von Aufenthaltstiteln zur Arbeitsplatz- oder Ausbildungsplatzsuche ist abzulehnen. Die Gefahr, dass die Betroffenen bei ergebnisloser Suche nicht freiwillig ausreisen werden, ist zu groß. Schon jetzt zeigt die Erfahrung mit abgelehnten Asylbewerbern, dass es nur unzureichend gelingt, die eigentlich verpflichtende Ausreise durchzusetzen.

Es ist festzustellen, dass erweiterte Möglichkeiten der Fachkräftezuwanderung nach Deutschland für gut ausgebildete Migranten eine neue Perspektive aufzeigen können, aber damit der Fachkräftemangel in Deutschland nicht behoben werden wird.

Es muss vielmehr darauf gesetzt werden, dass bestehende Potenziale im Inland und im europäischen Ausland für den deutschen Arbeitsmarkt genutzt werden. Es braucht eine Gesamtstrategie, zu der die Nachqualifizierung aktuell erwerbsloser Personen, die Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf und mehr Investitionen in bessere Bildung genauso gehören wie die Verstärkung der Anstrengungen, die nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Arbeit und Beschäftigung zu bringen.

Ein genereller „Spurwechsel“ von Asylverfahren hin zu einer Erwerbsmigration für Geflüchtete und Asylbewerber ist jedoch abzulehnen, da unterschiedliche Ziele vermischt und die Akzeptanz eines Fachkräftezuwanderungsgesetzes infrage gestellt werden würden. Vorstellbar ist allenfalls, Personen, die seit vielen Jahren in Deutschland als Geduldete leben, integriert sind und arbeiten, ab einem bestimmten Stichtag einen dauerhaften Aufenthalt zu gewähren. Die befristete Regelung im Beschäftigungsduldungsgesetz ist daher zu begrüßen. (Quelle: DStGB Aktuell 1919 vom 10.05.2019)

Az.: 16.0.13-001/001

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