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StGB NRW-Mitteilung 104/1996 vom 05.03.1996

Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler

Der Deutsche Bundesrat hat in seiner Sitzung am 09.02.1996 dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler - Drucksache 13/3102 - zugestimmt.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hatte sich schon auf der Grundlage eines Präsidiumsbeschlusses mit gleichlautenden Schreiben vom 12.07.1995 an das Bundesministerium des Innern, das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung sowie an das Bundesministerium für Gesundheit gewandt und im Hinblick auf die Sonderbelastungen von einzelnen Kommunen durch einen überdurchschnittlichen Aussiedlerzuzug tatsächliche und rechtliche Hilfe eingefordert. In den Schreiben hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund vor dem Hintergrund einer überdurchschnittlichen Arbeitslosen- und Sozialhilfeempfängerquote in den betroffenen Kommunen gefordert, nicht nur das Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Aussiedler und Übersiedler um 5 Jahre zu verlängern; zur Sicherstellung einer angemessenen Verteilung in den Städten und Gemeinden sei es vielmehr weiter erforderlich, daß die Länder die zur Durchführung notwendigen Aussiedlerzuweisungsverordnungen flächendeckend in Kraft setzen. Daneben hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund in den Schreiben zum Ausdruck gebracht, daß eine sachgerechte Verteilung der Aussiedler auf die Städte und Gemeinden nur dadurch möglich ist, daß als Zuzugs- bzw. Zuweisungsvoraussetzung der Nachweis von Wohnung und Arbeitsplatz eingefordert werden muß. Bei einem Verstoß von Aussiedlern gegen diesen Grundsatz müsse als Sanktionsmöglichkeit zur Gewährleistung einer sachgerechten Verteilung in den Städten und Gemeinden die Kürzung der Sozialhilfe möglich sein. Dies kann nach Auffassung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes dadurch erreicht werden, daß der örtliche Sozialhilfeträger des Zuzugsortes nur eingeschränkt zur Sozialhilfeleistung verpflichtet ist. Der örtliche Sozialhilfeträger des Zuweisungsortes sollte daher zumindest zur Erstattung der Sozialhilfe an den Zuzugsort verpflichtet sein, wenn innerhalb der ersten zwei Jahre nach Eintreffen in die Bundesrepublik Deutschland Sozialhilfebedürftigkeit eintritt. Des weiteren hat sich der Deutsche Städte- und Gemeindebund gegen die Befristung der Integrationshilfen im AFG auf 6 Monate ausgesprochen, da damit die Integration von Spätaussiedlern konterkariert würde.

Nach Gesprächen der kommunalen Spitzenverbände mit dem Bundesinnenministerium, legte der Bundesminister des Innern den Entwurf eines "Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler" vor, das eine Kostenerstattungsregelung entsprechend dem Bundessozialhilfegesetz zum Inhalt hatte. Danach sollten bei länderübergreifenden Umzügen die örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe eine Kostenerstattung von dem Sozialhilfeträger erhalten, dem der Spätaussiedler im Zuge des landesinternen Verteilungsverfahrens zugewiesen worden war, bzw. von dem Land, das nach dem Bundesvertriebenengesetz zur Aufnahme verpflichtet war. Das Bundeskabinett hat daraufhin am 22.08.1995 diesen Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler beschlossen.

Der Bundesrat hat in seiner 689. Sitzung am 13.10.1995 beschlossen, zu dem Gesetzesentwurf im Sinne einer Verteilungsregelung Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme des Bundesrates zu dem Gesetzesentwurf entsprach im wesentlichen der Forderung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, zum Zwecke der Entlastung der Hauptzuzugsgebiete und zur Förderung einer gleichmäßigen Verteilung der Spätaussiedler zu überprüfen, welche gesetzlichen Möglichkeiten zur Einschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit bei Aussiedlern gegeben sind.

In der Folgezeit hat der Bund den Lösungsansatz des Bundesrates aufgegriffen.

Der Innenausschuß des Deutschen Bundestages beriet in seiner Sitzung am 06.12.1995 den Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Damals wurde jedoch beschlossen, lediglich die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz für diejenigen Spätaussiedler zu streichen, die abweichend von der Verteilentscheidung ihren Aufenthalt nehmen. Mit Schreiben vom 07.12.1995 wurden die Vorsitzenden der im Bundestag vertretenden Fraktionen von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände angeschrieben und es wurden die Bedenken gegen die Verabschiedung des Gesetzes in Form der vom Innenausschuß beschlossenen Änderungen deutlich gemacht. Es wurde durch die Bundesvereinigung hervorgehoben, daß durch die vorgeschlagene Streichung der Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz für diejenigen Spätaussiedler, die abweichend von der Verteilentscheidung ihren Aufenthalt nehmen, eine gleichmäßige Verteilung nicht erreicht werden könne. Die Betroffenen werden nicht an den Ort ihrer Zuweisung zurückkehren, sondern Sozialhilfe am Ort ihres Aufenthaltes in Anspruch nehmen. Statt der beabsichtigten Entlastung würden zusätzliche Belastungen für die kommunalen Haushalte entstehen, damit Mitteln der Sozialhilfe die Kürzungen im Arbeitsförderungsgesetz aufgefangen werden müßten. Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände bat daher eindringlich, von der beabsichtigten Regelung Abstand zu nehmen.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Intervention ist die für den 08.12.1995 vorgesehene Verabschiedung des Gesetzesentwurfs in der Fassung des Innenausschusses zurückgestellt worden.

Am 31.01.1996 fand daraufhin eine erneute Innenausschußsitzung statt, in der die Beratung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung fortgesetzt wurde. Es wurde dabei folgende Fassung eines Entwurfes eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler mit den Stimmen der Fraktionen von CDU/CSU, F.D.P. und SPD beschlossen:

Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler vom ....

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Das Gesetz über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler vom 6. Juli 1989 (BGBl. I S. 1378), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Juli 1995 (BGBl. I S. 894) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

1. § 1 wird wie folgt gefaßt:

<DIR> <DIR>

"§ 1

Zweckbestimmung

</DIR> </DIR>


(1) Das Gesetz dient dem Ziel, im Interesse der Schaffung einer ausreichenden Lebensgrundlage den Spätaussiedlern in der ersten Zeit nach ihrer Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes zunächst die notwendige Fürsorge einschließlich vorläufiger Unterkunft zu gewährleisten und zugleich einer Überlastung von Ländern, Trägern der Sozialhilfe sowie von Gemeinden durch eine angemessene Verteilung entgegenzuwirken.

(2) Dieses Gesetz erfaßt auch die Ehegatten und Abkömmlinge von Spätaussiedlern im Sinne des § 7 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes sowie die nach § 8 Abs. 2 des Bundesvertriebenengesetzes in das Verteilungsverfahren einbezogenen Familienangehörigen von Spätaussiedlern."

2. § 2 wird wie folgt gefaßt:

"§ 2

Zuweisung eines vorläufigen Wohnortes


(1) Spätaussiedler können nach der Aufnahme im Geltungsbereich des Gesetzes in einen vorläufigen Wohnort zugewiesen werden, wenn sie nicht über einen Arbeitsplatz oder ein sonstiges des Lebensunterhalt sicherndes Einkommen verfügen und daher auf öffentliche Hilfe angewiesen sind. Das Grundrecht der Freizügigkeit (Artikel 11 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.

(2) Bei der Entscheidung über die Zuweisung sollen die Wünsche des Aufgenommenen, enge verwandtschaftliche Beziehungen sowie die Möglichkeiten seiner Eingliederung in das berufliche, kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt werden.

(3) Eine andere Gemeinde im Geltungsbereich des Gesetzes als die des zugewiesenen Ortes ist - außer in den Fällen des Absatzes 4 - nicht verpflichtet, den Aufgenommenen als Spätaussiedler zu betreuen.

(4) Die Zuweisung wird gegenstandslos, wenn der Aufgenommene nachweist, daß ihm an einem anderen Ort nicht nur vorübergehend ausreichender Wohnraum, für den er nicht nur vorübergehend nicht auf Sozialhilfe angewiesen ist, und ein Arbeitsplatz oder ein sonstiges den Lebensunterhalt sicherndes Einkommen oder ein Ausbildungs- oder Studienplatz zur Verfügung stehen, in jedem Fall spätestens nach zwei Jahren."

3. Nach § 3 werden folgende §§ 3a und 3 b eingefügt:

<DIR> <DIR>

"§ 3 a

Gewährung von Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz,

Bundessozialhilfegesetz

</DIR> </DIR>


(1) Spätaussiedler, die abweichend

a) von der Verteilung gemäß § 8 des Bundesvertriebenengesetzes in einem anderen Land oder

b) von der Zuweisung aufgrund § 2 oder einer anderen landesinternen Regelung an einem anderen Ort


ständigen Aufenthalt nehmen, erhalten keine Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Sie erhalten in der Regel von dem für den tatsächlichen Aufenthalt zuständigen Träger der Sozialhilfe nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz.

(2) Die Regelung endet zwei Jahre nach der Aufnahme des Spätaussiedlers im Geltungsbereich des Gesetzes.

<DIR> <DIR>

§ 3 b

Kostenerstattung bei der Gewährung von Sozialhilfe

</DIR> </DIR>


(1) Nehmen Spätaussiedler abweichend von

a) der Verteilung gemäß § 8 des Bundesvertriebenengesetzes in einem anderen Land oder

b) der Zuweisung aufgrund § 2 oder einer anderen landesinternen Regelung an einem anderen Ort


ständigen Aufenthalt und erhalten sie Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz, ist der Träger der Sozialhilfe des aufgrund § 2 zugewiesenen Ortes oder das nach einer anderen landesinternen Regelung bestimmten Ortes verpflichtet, dem Träger der Sozialhilfe, der tatsächlich Hilfe gewährt, die aufgewendeten Kosten gemäß § 3 a Absatz 1 Satz 2 zu erstatten.
§ 111 Absatz 2 des Bundessozialhilfegesetzes findet auf länderübergreifende Erstattungsansprüche entsprechende Anwendung.

(2) Ist eine Zuweisung oder eine andere landesinterne Regelung nicht erfolgt, bestimmt das nicht nach § 8 Absatz 1 des Bundesvertriebenengesetzes zur Aufnahme verpflichtete Land den zur Erstattung der Kosten verpflichteten Träger der Sozialhilfe mangels einer Bestimmung ist das Land zu einer Erstattung verpflichtet.

(3) Die Verpflichtung zur Kostenerstattung endet zwei Jahre nach der Aufnahme des Spätaussiedlers im Geltungsbereich des Gesetzes."

4. § 4 wird wie folgt gefaßt:

<DIR> <DIR>

"§ 4

Ermächtigung für den Erlaß von Rechtsverordnungen

</DIR> </DIR>


Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung

1. einen Schlüssel für die Zuweisung von Spätaussiedlern innerhalb des Landes festzulegen,

2. die Anforderungen an den ausreichenden Wohnraum im Sinne des § 2 Abs. 4 und die Form seines Nachweises zu umschreiben,

3. die Form des Nachweises eines Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatzes oder des sonstigen den Lebensunterhalt sichernden Einkommens im Sinne des § 2 Abs. 1 und 4 zu bestimmen.

4. die Verpflichtung zur Aufnahme der Spätaussiedler durch die zum vorläufigen Wohnort bestimmte Gemeinde und das Aufnahmeverfahren zu regeln.

Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen."

<DIR> <DIR>

Artikel 2

</DIR> </DIR>


Das Bundesministerium des Innern kann den Wortlaut des Gesetzes über die Festlegung eines vorläufigen Wohnortes für Spätaussiedler in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekanntmachen.

<DIR> <DIR>

Artikel 3

</DIR> </DIR>


Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.

Die im Innenausschuß nunmehr beschlossenen Änderungen des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung stellen eine Kompromißlösung zwischen der lediglich vorgesehenen Kostenerstattungsregelung bei Gewährung von Sozialhilfe des ursprünglichen Gesetzesentwurfes der Bundesregierung und der Stellungnahme des Bundesrates dar, die von einer Verteilungsregelung ausging.

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 84. Sitzung am 02.02.1996 aufgrund der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf in dieser Fassung angenommen. Der Bundesrat hat sodann in seiner Sitzung am 09.02.1996 zugestimmt.

Az.: I/3-850-2

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