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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 236/2002 vom 05.05.2002
Finanzplanungsrat zum nationalen Stabilitätspakt
Der Finanzplanungsrat hat nach § 51 Haushaltsgrundsätzegesetz die Aufgabe, die Finanzplanung von Bund, Ländern und Gemeinden zu koordinieren. Der Finanzplanungsrat tritt zweimal jährlich zusammen. Ihm gehören unter Vorsitz des Bundesministers der Finanzen die für Finanzen zuständigen Minister bzw. Senatoren aller 16 Länder sowie Vertreter der Gemeinden und Gemeindeverbände an. Ein Vertreter der Deutschen Bundesbank nimmt als Gast regelmäßig an den Beratungen des Finanzplanungsrates teil. Wesentlicher Gegenstand der Beratungen des Finanzplanungsrates sind die volks- und finanzwirtschaftlichen Annahmen für die Gestaltung der Haushalts- und Finanzplanungen der Gebietskörperschaften sowie Empfehlungen für das Ausgabenwachstum der Haushalte der Gebietskörperschaften.
In einer Sondersitzung des Finanzplanungsrates am 21. März 2002 in Berlin ging es unter dem Tagesordnungspunkt "Politische Erörterung der von Deutschland gegenüber dem Ecofin-Rat zugesagten Stabilitätsziele" um die Frage eines nationalen Stabilitätspakts. In der Sitzung, die von den Vertretern des Deutschen Städte- und Gemeindebundes als zum Teil "wahlkampfgeprägt" empfunden wurde, verständigten sich die Vertreter des Bundes und der Länder auf den nachfolgend wiedergegebenen Beschluß:
1. Der Finanzplanungsrat erörterte vor dem Hintergrund der im Rahmen des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts am 12. Februar 2002 gegenüber dem Ecofin-Rat von Deutschland zugesagten Stabilitätsziele deren Umsetzung auf den unterschiedlichen staatlichen Ebenen.
2. Der Finanzplanungsrat erkennt die Notwendigkeit des Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes an und befürwortet einen Nationalen Stabilitätspakt.
3. Bund und Länder haben sich bereits im letzten Jahr mit der Verabschiedung des Solidarpaktfortführungsgesetzes (SFG) zu ihrer Verantwortung nach dem Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt bekannt und darauf geeinigt, eine Rückführung der Nettoneuverschuldung mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte anzustreben (§ 51 a des Haushaltsgrundsätzegesetzes i.d.F.d. Art. 7 SFG). Die Vertreter von Bund und Ländern stimmen darin überein, § 51a Haushaltsgrundsätzegesetz in einem einvernehmlichen Gesetzgebungsverfahren unverzüglich noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages in Kraft zu setzen.
4. Die Möglichkeiten von Bund, Länder und Kommunen, Einnahmen und Ausgaben zu beeinflussen, sind unterschiedlich. Veränderungen mit dem Ziel, durch ein abgestimmtes Vorgehen aller Ebenen zu ausgeglichenen Haushalten zu kommen, müssen diese Unterschiede berücksichtigen.
5. Zur Sicherstellung der Einhaltung der deutschen Verpflichtungen aus dem Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt sind sich die Mitglieder des Finanzplanungsrates einig, daß bei der Gestaltung künftiger Haushalte für die Jahre 2003 und 2004 der Bund seine Ausgaben im Vergleich zu 2002 um durchschnittlich ½ % pro Jahr vermindern wird und Länder und Gemeinden ihr jährliches Ausgabenwachstum auf jeweils 1 % im Jahresdurchschnitt begrenzen werden. Dabei liegt zugrunde eine Aufteilung des 2004 zulässigen Defizits von 55 zu 45 zwischen der Gesamtheit der Länder und Kommunen auf der einen und des Bundes und der Sozialversicherungen auf der anderen Seite. Diese Aufteilung soll auch für die Jahre 2005 und 2006 gelten. Dabei bleibt der Bund bei seiner Planung, 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
- Bund und Länder beschließen als Sofortmaßnahme, ihre Finanzierungsdefizite/Nettokreditaufnahme ab dem Jahr 2003 jährlich gegenüber dem Vorjahr mit dem Ziel ausgeglichener Haushalte zu reduzieren. Die besondere Situation der Haushaltsnotlagenländer ist zu berücksichtigen.
- Bund, Länder und Gemeinden verpflichten sich, die sich aus bestehenden und neuen Leistungen ergebenden dynamischen Belastungen zu begrenzen.
- Aufgabenverlagerungen zwischen den staatlichen Ebenen müssen finanziell ausgeglichen werden.
6. Bund, Länder und Gemeinden streben eine Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung an mit dem Ziel einer höheren Effizienz staatlicher Aufgabenerfüllung und der Sicherung der finanziellen Handlungsfähigkeit der staatlichen Ebenen. Dem dient auch die vorgesehene Gemeindefinanzreform.
Anders als dies teilweise in der Presse dargestellt wurde, haben die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene dem Papier nicht zugestimmt. Vielmehr haben sie darauf hingewiesen, daß sie sich zwar gemeinsam mit Bund und Ländern für einen nationalen Stabilitätspakt aussprechen, dieser aber unter der Bedingung struktureller Veränderungen stehe. Problematisch war deshalb aus kommunaler Sicht insbesondere die Nr. 5 des vorstehenden Beschlusses, der Länder und Gemeinden verpflichten soll, "ihr jährliches Ausgabenwachstum auf jeweils 1 % im Jahresdurchschnitt zu begrenzen". Zwar stellt eine solche Begrenzung des Ausgabenwachstums nach Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene kein grundlegendes Problem dar, zumal die Prognose der Bundesvereinigung für das Jahr 2002 lediglich einen Ausgabenzuwachs von 0,5 % enthält. Dennoch haben sich die kommunalen Spitzenverbände der Stimme enthalten, weil sie davon ausgehen, daß eine Ausgabenbegrenzung aus kommunaler Sicht nur dann vertretbar ist, wenn es im Gegenzug auch zu strukturellen Veränderungen im Rahmen der Haushalts- und Finanzpolitik kommt.
Rechtlich gesehen hat der Beschluß des Finanzplanungsrates lediglich den Status einer Empfehlung an die für die öffentlichen Haushalte Verantwortlichen. Ob aus der vorgesehenen Selbstbindung beim Ausgabenwachstum auf 1 % im Jahresdurchschnitt bzw. aus den anderen vorgesehenen Maßnahmen rechtliche Restriktionen für die Kommunen folgen, hängt davon ab, ob und inwiefern insbesondere die Landesgesetzgeber diese Empfehlungen in von den Kommunen zu beachtendes Haushaltsrecht transformieren.
Az.: IV/1 960-00/9