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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 104/1999 vom 05.02.1999
Gebühren bei nicht leitungsgebundenen Abwasseranlagen
In den Mitteilungen des NWStGB 1998, Nr. 507 (S. 283 f.) hatte die Geschäftsstelle u.a. darauf hingewiesen, in der abgabenrechtlichen Literatur werde zwischenzeitlich die Auffassung vertreten, es sei für die Inanspruchnahme im Sinne des Kommunalabgabengesetzes unerheblich, wie die Abwässer in die gemeindliche Kanalisation eingeleitet werden. Maßgeblich sei vielmehr nur, daß das Abwasser letztlich im allseitigen Einverständnis der gemeindlichen Abwasseranlage zufließe. Nach der abgabenrechtlichen Literatur ist danach eine rohrtechnische Verbindung im Sinne der leitungsgebundenen Einleitung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Kanalisation nicht erforderlich, um den satzungsrechtlichen Benutzungstatbestand zu erfüllen, der die Gebührenpflicht auslöst (vgl. Dahmen in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Loseblatt-Kommentar, § 4 Rz. 185; KStZ 1988, S. 66; Lichtenfeld in: Driehaus: a.a.O., § 4 Rz. 254; Dedy, Städte- und Gemeinderat 1997, S. 48 ff., S. 252).
In den Mitteilungen 1998 Nr. 507 war weiterhin darauf hingewiesen worden, das Verwaltungsgericht Minden habe in einem Urteil vom 23.11.1995 (AZ: 9 K 888/95) entschieden, daß auch ein mittelbarer, nicht leitungsgebundener Anschluß an die gemeindliche Abwassereinrichtung für die Erfüllung des Gebührentatbestandes ausreicht, wenn der satzungsrechtliche Gebührentatbestand entsprechend textlich abgefaßt ist. Das Verwaltungsgericht Minden hatte eine satzungsrechtliche Regelung für zulässig erachtet, wonach eine gebührenpflichtige Inanspruchnahme der gemeindlichen Abwasseranlage auch dann vorliegt, wenn von bebauten und befestigten Flächen über befestigte Flächen oberirdisch aufgrund eines Gefälles Niederschlagswasser in die gemeindliche Abwasseranlage gelangen kann.
In einem jetzt der Geschäftsstelle zur Kenntnis gelangten Urteil des Verwaltungsgerichtes Münster vom 13. Mai 1993 (AZ: 7 K 828/91) wird die gleiche Auffassung vertreten. Auch nach dem Verwaltungsgericht Münster ist eine leitungsgebundene Verbindung zur gemeindlichen Abwasseranlage nicht zwingend erforderlich ist, um die Gebührenpflicht auszulösen. Nach dem Verwaltungsgericht Münster besteht die Inanspruchnahme einer Abwasseranlage in der Annahme der technischen Leistung der Anlage. Diese Annahme der technischen Leistung einer gemeindlichen Abwasseranlage ist erfolgt, wenn das Abwasser von einem Grundstück abgeleitet und mindestens soweit transportiert wird, daß Gefährdungen und Großbelästigungen der Grundstücksbewohner nicht mehr entstehen können. Diese Voraussetzungen sind so das Verwaltungsgericht Münster auch hinsichtlich solcher Flächen erfüllt, von denen aus Niederschlagswasser infolge eines Gefälles über die Straßenoberfläche in die öffentliche Abwasseranlage gelangt. Insoweit bestehe kein Unterschied zu den Fällen, in denen die Ableitung von Niederschlagswasser mittels eines besonderen Anschlußrrohres erfolgt. Daß der Begriff der Inanspruchnahme i.S.v. § 4 Abs. 2 KAG nur die leitungsgebundene, nicht aber die leitungsungebundende Abwasserzuführung erfaßt, ist - so das VG Münster - nicht erkennbar. Für eine solche Differenzierung ist auch kein überzeugender Grund ersichtlich, weil in beiden Fällen tatsächlich eine Inanspruchnahme der Abwasseranlage vorliegt. Es fehlt weiterhin nach dem VG Münster in solchen Fällen grundsätzlich auch nicht an der Willentlichkeit der Inanspruchnahme, denn die Zuführung von Niederschlagswasser beruht auf dem Willensentschluß des Grundstückseigentümers, sein Grundstück in der Weise zu befestigen, daß eine Fläche entsteht, von der aus Niederschlagswasser auf Straßenland und von dort aus in die Abwasseranlage gelangt.
Ergänzend weist das Verwaltungsgericht Münster (VG Münster) darauf hin, auch aus der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW) könne bislang nicht entnommen werden, daß eine satzungsrechtliche Ausdehnung der Gebührenpflicht auf Flächen, die ohne abwassertechnische Verbindung in die gemeindliche Abwasseranlage entwässern, durch das Kommunalabgabengesetz ausgeschlossen sei. Vielmehr wird nach dem VG Münster in den Urteilen des OVG NW vom 25.07.1973 ( Az.: 2 A 1017/71) und vom 14.07.1975 (Az.: 2 A 502/73) nur deshalb von einer abwassertechnischen Verbindung zwischen Grundstück und Kanal gesprochen, weil es in diesen Fällen konkret um die inhaltliche Bestimmung des von der jeweiligen Satzung benutzten Begriffs "Anschluß" ging. Auch das in späteren Urteilen des OVG NW (vgl. OVG NW, Urt.v. 05.09.1986 Az.:2 A 3140/83, OVG NW, Beschluß vom 15.03.1988 - 2 B 2885/87 -; OVG NW, Urt. v. 25.05.1990 - 9 A 992/88 -) benannte Erfordernis der "abwassertechnischen Verbindung" ergibt nach dem VG Münster keinen Anhaltspunkt dafür, daß damit eine Grenze für das Regelungsermessen der Gemeinde gesetzt werden sollte. Eine solche von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Auffassung des Merkmals "abwassertechnische Verbindung" wäre nach dem VG Münster durch das OVG NW deutlicher gekennzeichnet und insbesondere hinsichtlich der Ableitung aus § 4 Abs. 2 KAG NW näher begründet worden, was nicht der Fall sei. Es bleibt daher weiter abzuwarten, ob sich das OVG NW der Rechtsprechungslinie der Verwaltungsgerichte in Minden und Münster anschließt.
Az.: II/2 24-21/24-22