Eindrücke vom
Hauptausschuss 2024
Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 102/2009 vom 16.01.2009
Gebührenerhebung durch Anstalt öffentlichen Rechts
Im Rahmen eines Gerichtsverfahren vor dem OVG NRW im Dezember 2008, welches nicht durch Urteil geendet hat, ist die Frage aufgeworfen, ob eine Anstalt des öffentlichen Rechts nach § 114 a GO NRW Beiträge und Gebühren erheben kann. Zu dieser Fragestellung kann zurzeit auf Folgendes hingewiesen werden:
Der Landesgesetzgeber hat durch mehrere Gesetzesänderungen in der Vergangenheit die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass auch Anstalten des öffentlichen Rechts Benutzungsgebühren erheben können. Seit dem Inkrafttreten des GO-Reformgesetzes am 17.10.2007 (Art. X des GO-Reformgesetzes, GV NRW 2007, S. 380ff.) ist in § 1 Abs. 1 Satz 2 KAG NRW klargestellt worden, dass eine von der Gemeinde nach § 114 a GO NRW gegründete Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) Beiträge nach § 8 KAG NRW und Benutzungsgebühren nach § 6 KAG NRW erheben kann (vgl. hierzu auch: Queitsch in: Queitsch/Koll-Sarfeld/Wallbaum, LWG NRW, Kommentar, Stand: März 2008, § 53 b LWG NRW Rz. 6).
Mit dieser Gesetzesänderung im KAG NRW ist die in § 114 a Abs. 3 GO NRW enthaltene Regelung ergänzt worden, wonach die Gemeinde einer von ihr gegründeten Anstalt des öffentliches Recht auch einzelne oder alle mit einem bestimmten Zweck zusammenhängenden Aufgaben ganz oder teilweise übertragen kann und der AöR auch das Recht einräumen kann, an Stelle der Gemeinde Satzungen für das übertragene Aufgabengebiet zu erlassen (vgl. hierzu auch: OVG NRW, Beschluss vom 7.9.2004 – Az.: 9 B 1551/04).
Damit ist durch den Landesgesetzgeber verdeutlicht worden, dass eine Gemeinde bei der von ihr betriebenen Abwasserentsorgungseinrichtung nunmehr die Organisationshoheit als Kernbestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie dahin ausüben kann, dass sie die Abwasserentsorgungseinrichtung als Regiebetrieb, als eigenbetriebsähnliche Einrichtung oder als Anstalt des öffentlichen Rechts ausgestalten kann.
Unabhängig davon, dass bereits § 114 a Abs. 3 GO NRW eine Aufgabenübertragung durch die Gemeinde auf die Anstalt des öffentlichen Rechts landesgesetzlich ermöglicht, wird auch durch § 53 b LWG NRW diese Befugnis nochmals aufgegriffen. § 53 b LWG NRW bestimmt, dass für den Fall, dass eine Gemeinde die Aufgaben der Abwasserbeseitigung auf eine von ihr nach § 114 a GO NRW errichtete AöR übertragen will und dann überträgt, die AöR im Umfang der ihr übertragenen Aufgaben abwasserbeseitigungspflichtig wird. Dabei verpflichtet, § 53 b LWG NRW die Gemeinde nicht zu einer Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht auf eine AöR, sondern regelt lediglich, welche Rechtsfolge eintritt, wenn eine Gemeinde 1. eine AöR gründet und 2. die Aufgabe der Abwasserbeseitigung auf diese von ihr gegründete AöR übertragen möchte bzw. überträgt.
Nach Auffassung der Geschäftsstelle ist die Regelung in § 53 b LWG NRW damit eine Regelung, welche die Grundregelung zur Anstalt des öffentlichen Rechts in § 114 a GO NRW flankiert. Dabei regelt § 53 b LWG NRW die wasserwirtschaftlichen Belange, was sich auch daraus ergibt, dass nach § 53 b Satz 4 LWG NRW, die Vorschrift des § 114 a GO NRW mit ihrem Regelungsgehalt unberührt bleibt.
§ 53 b LWG NRW findet nach Auffassung der Geschäftsstelle auch eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 18 a Abs. 2 Wasserhausgesetz des Bundes (WHG).
Nach § 18 a Abs. 2 WHG regeln die Länder, welche Körperschaften des öffentlichen Rechts zur Abwasserbeseitigung verpflichtet sind (1. Alternative) und die Voraussetzungen, unter denen anderen die Abwasserbeseitigung obliegt (2. Alternative).
§ 53 b LWG NRW knüpft hier erkennbar an die 2. Alternative in § 18 a Abs. 2 WHG an, weil eine Anstalt des öffentlichen Rechts eine Anstalt und keine Körperschaft ist und regelt demnach, die Voraussetzungen, unter denen anderen die Abwasserbeseitigung obliegt (§ 18 a Abs. 2 2. Alternative WHG).
Geregelt wird nämlich der Fall, dass eine Gemeinde im Rahmen ihrer Organisationshoheit
1. eine Anstalt des öffentlichen Rechts gründet (1. Voraussetzung) und
2. die Gemeinde dieser ihr allein gehörenden AöR die Aufgabe der Abwasserbeseitigung überantworten möchte (2. Voraussetzung).
Liegen diese vorstehend genannten zwei Voraussetzungen vor, so ergibt sich die in § 53 b LWG NRW angeordnete Rechtsfolge, dass der AöR die Aufgabe der Abwasserbeseitigung obliegt. Diese ist der zuständigen Behörde auch anzuzeigen, damit für Erteilung von Genehmigungen, Erlaubnissen usw. wasserwirtschaftlich klargestellt ist, wer Ansprechpartner für die zuständigen Behörden ist (§ 53 b Satz 3 LWG NRW). Ausgenommen hiervon ist lediglich die Aufstellung des Abwasserbeseitigungskonzeptes (§ 53 Abs. 1 Nr. 7 LWG NRW, § 53 b Satz 2 LWG NRW), welches weiterhin von der Gemeinde aufzustellen ist.
Diese Regelungssystematik ist auch konsequent, denn der Landesgesetzgeber kann einer abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinde nicht vorgeben, dass sie die Abwasserbeseitigungspflicht auf eine von ihr gegründete AöR übertragen muss, denn insoweit greift die Organisationshoheit der Gemeinde zur rechtlichen Ausgestaltung ihrer Einrichtungen als wesentlicher Kernbestandteil der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie (Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz; Art. 78 Landesverfassung NRW).
Unabhängig davon ist es aber als sinnvoll anzusehen, bei der nächsten Änderung des § 18 a Abs. 2 WHG, noch deutlicher herauszustellen, dass nicht nur Körperschaften des öffentlichen Rechts abwasserbeseitigungspflichtig sein können (§ 18 a Abs. 2 1. Alternative WHG). Insoweit bietet sich eine Gesetzesformulierung wie in § 13 Abs. 1 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) an. Hier wird geregelt, dass die nach Landesrecht zur Entsorgung verpflichteten juristische Personen die sog. öffentlichen-rechtlichen Entsorgungsträger sind. Unter den Begriff der juristischen Person fallen nicht nur Körperschaften des öffentlichen Rechts wie die Gemeinden als Gebietkörperschaften, sondern auch Anstalten des öffentlichen Rechts.
Zumindest ist im Gesetzentwurf zum Umweltgesetzbuch (UGB) und zwar im 2. Buch (UGB II) vorgesehen, die gesetzliche Regelung zur „Pflicht zur Abwasserbeseitigung“ als Nachfolgeregelung zu § 18 a Abs. 2 WHG dahin textlich neu abzufassen, dass Abwasser von den nach Maßgabe des Landesrechts verpflichteten juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu beseitigen ist (Abwasserbeseitigungspflichtige). Unter den Begriff der juristischen Personen würden dann nicht nur Körperschaften, sondern auch Anstalten des öffentlichen Rechts fallen. Gleichwohl ist die Geschäftsstelle der Auffassung, dass die Regelung in § 53 b LWG NRW auch heute bereits eine ausreichende Rechtsgrundlage in § 18 b Abs. 2 2. Alternative WHG findet, so dass auch Anstalten des öffentlichen Rechts grundsätzlich Beiträge und Gebühren erheben können, wenn die Gemeinde als „alleiniger Träger der AöR“ dieses möchte.
Alternativ hierzu ist es selbstverständlich möglich, dass die Gemeinde die Beiträge und Gebühren selbst erhebt und die AöR lediglich als technische Erfüllungsgehilfin eingeschaltet wird, denn in diesem Fall sind die von der Gemeinde an ihre AöR gezahlten Entgelte für die technische Durchführung der Abwasserbeseitigung sog. Fremdleistungsentgelte im Sinne des § 6 Abs. 2 KAG NRW, die die Gemeinde in ihre Gebührenkalkulation einstellen kann.
Az.: II/2 24-21