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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 231/2003 vom 10.02.2003
Geeignete Ausgleichsmaßnahmen
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. September 2002 – 4 CN 1.02 – u.a. zu der Frage einer "sonstigen geeigneten Maßnahme" i.S. des § 1a Abs. 3 S. 3 BauGB (Ausgleichsmaßnahmen) Stellung genommen. Es hat in dem zu beurteilenden Fall festgestellt, dass eine naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme eine geeignete sonstige Maßnahme ist, wenn die planende Gemeinde Eigentümerin der vorgesehenen Grundstücksfläche ist, sie die Maßnahme im Verfahren der Planaufstellung des Eingriffsbebauungsplans näher beschrieben, sich zur Durchführung der Maßnahme selbst verpflichtet hat und die Fläche Gegenstand der überörtlichen Regionalplanung ist. Im Einzelnen:
Die von der Stadt vorgesehene Sicherung der naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen genügen im Ergebnis den Anforderungen, die nach Maßgabe des § 1a Abs. 3 Satz 3 BauGB bundesrechtlich zu stellen sind.
§ 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB bestimmt, dass die Gemeinde für die Frage der Umsetzung einer Kompensation nicht auf die Mittel der Bauleitplanung und der Vereinbarung beschränkt sein soll. Die Gemeinde darf jede andere Möglichkeit nutzen, um das Ziel eines Ausgleichs für den vorgesehenen Eingriff zu erreichen, sofern sie hierfür Flächen bereitstellt. § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB umschreibt dies mit der Wendung der "sonstigen geeigneten Maßnahmen".
In welcher Weise auch einseitige Erklärungen der planenden Gemeinde als "sonstige Maßnahme" auf von ihr bereitgestellten Flächen im Sinne des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB anzuerkennen sind, lässt sich nicht allgemeingültig beantworten. Zwei Gesichtspunkte dürften nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles bedeutsam sein. § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB stellt die "geeignete sonstige Maßnahme" gleichwertig neben Festlegungen im Rahmen der Bauleitplanung und die vertragliche Vereinbarung. Das deutet einerseits darauf hin, dass das Gesetz ein Mindestmaß an rechtlicher Bindung der planenden Gemeinde voraussetzt. Diese Bindung kann andererseits indes nicht in der Weise gefordert werden, dass sie etwa nur durch eine vertragliche Vereinbarung eingelöst werden könnte. Der Gesetzgeber hat die letztgenannte Möglichkeit durch das Gesetz vom 18. August 1997 (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998, BGBl I S. 2081) ersichtlich erweitern wollen. Die zum sog. Vertragsnaturschutz entstandene Rechtsprechung hat der Gesetzgeber einerseits aufgenommen, andererseits bewusst ergänzt und damit relativiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 1997 - BVerwG 4 N 1.96 - BVerwGE 104, 353; Beschluss vom 18. November 1997 - BVerwG 4 BN 26.97 - Buchholz 406.401 § 8 a BNatSchG Nr. 6 = NVwZ-RR 1998, 552). Als zweiter Gesichtspunkt kommt hinzu, dass die vorgesehene Maßnahme auch bei realistischer Betrachtung durchführbar zu sein hat. Diese Wertung ergibt sich mittelbar auch aus § 135 a Abs. 1 und 2 BauGB.
Der Gesetzgeber hat die Gemeinde mithin auf eine bestimmte Vorgehensweise nicht festlegen wollen. Das gibt Raum, die Zielsetzungen des § 1 a Abs. 3 BauGB in unterschiedlicher Weise umzusetzen.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum wird etwa erwogen, dass es ausreichend sei, wenn bereitzustellende Flächen im Eigentum der Gemeinde stünden oder jedenfalls eine dauerhafte Verfügungsbefugnis gegeben sei (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22. März 2001 - 1 K 2294/99 - BauR 2001, 1542 unter Verweis auf OVG Lüneburg, Urteil vom 14. September 2000 - 1 K 5414/98 - ZfBR 2001, 134; OVG Lüneburg, Urteil vom 5. April 2001 - 1 K 2758/00 - BauR 2001, 1546).
Eine hinreichende Sicherung wird auch als gegeben angenommen, wenn die für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigte Fläche in anderer Weise im Flächennutzungsplan dargestellt ist (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 22. März 2001 - 1 K 2294/99 - BauR 2001, 1542). Die Änderung einer Darstellung für eine abweichende Nutzung wäre nur mit Genehmigung nach § 6 Abs. 1 BauGB rechtlich möglich. Die bloße Erwähnung einer vertraglich nicht abgesicherten Ausgleichsmaßnahme auf einem außerhalb des Plangebietes gelegenen Grundstück der Gemeinde in der Planbegründung genügt nach anderer Ansicht nur dann den Anforderungen des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB, wenn die geplante Maßnahme nach Art und Umfang präzise beschrieben werde und damit feststehe, was die Gemeinde zum Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe zu tun gedenke (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 21. Januar 2002 - 8 S 1388/01 - VBlBW 2002, 203). Diesen Überlegungen ist gemeinsam, dass die Gefahr gesehen wird, die Gemeinde könne sich von der nur einseitig gegebenen Erklärung, mit der eine Maßnahme des Ausgleichs oder des Ersatzes in Aussicht gestellt wird, im Nachhinein ohne weitere Kontrolle und ohne Gefahr für den rechtlichen Bestand des Bebauungsplans wieder lossagen (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 18. November 1997 - BVerwG 4 BN 26.97 - Buchholz 406.401 § 8 a BNatSchG Nr. 6 = NVwZ-RR 1998, 552). Der geschilderten Gefahr muss die Gemeinde in angemessener Weise Rechnung tragen, ohne dass das Gesetz sie hierzu auf eine bestimmte Vorgehensweise festlegen will. Ob die Kommunalaufsicht "einseitige" Erklärungen der Gemeinde durchsetzen kann und wird, erscheint dagegen vielen zweifelhaft und setzt zudem die rechtliche Verbindlichkeit dieser Erklärung gerade voraus.
Der Planungs- und Umweltausschuss der Stadt hat genau festgelegt, auf welcher von ihr bereitgestellten Fläche und mit welchen Maßnahmen die mit der Durchführung der Planung eintretende Beeinträchtigung von Vegetationsflächen auszugleichen sind. Die Stadt ist Eigentümerin der für die Ausgleichsmaßnahmen vorgesehenen Flächen. Das Normenkontrollgericht hält dies bereits für genügend, um von einer "geeigneten sonstigen Maßnahme" im Sinne des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB ausgehen zu können. Das mag hier jedenfalls zweifelhaft sein, weil die Flächen nicht im Gebiet der Stadt liegen und demgemäß auch durch den eigenen Flächennutzungsplan nicht erfasst werden. Ebenfalls mag zweifelhaft sein, ob die Auffassung des vorinstanzlichen Gerichtes allein hinreichend ist, dass nichts dafür spreche, die Stadt werde den Beschluss ihres Planungs- und Umweltausschusses nicht vollziehen. Allein auf die Glaubwürdigkeit einer Absichtserklärung wird es im Regelfall nicht ankommen können, um den Erfordernissen des § 1 a Abs. 3 Satz 3 BauGB gerecht zu werden. Die tatsächlichen Feststellungen des Normenkontrollgerichts ergeben hier jedoch, dass von einer Sachlage auszugehen ist, die es der Stadt kaum möglich macht, von ihrer einseitigen Erklärung später Abstand zu nehmen. Die näher bezeichneten Ausgleichsflächen befinden sich im Außenbereich. Sie liegen nach den tatsächlichen Feststellungen in einem Bereich, der nach der in Aufstellung befindlichen Fortschreibung des Regionalplans M. 1/94 "regionales Siedlungs- und Freiraumkonzept" als Freiraum zwischen den Siedlungseinheiten F. und M. festgelegt werden soll (Ziel 4.3.2 - Trenngrün Nr. 4). Diese überregionale Verbindlichkeit in Verbindung mit dem vorhandenen Gemeindeeigentum ist als ausreichend anzusehen.
Az.: II/1 620-01