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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 352/1997 vom 20.07.1997
Gemeindefinanzierungsgesetz 1998/Solidarbeitragsgesetz 1998: Stellungnahme des NWStGB zum Referentenentwurf
Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund hat zum Referentenentwurf des GFG 1998/Solidarbeitragsgesetzes 1998 mit Schreiben vom 18.06.1997 an den Innenminister wie folgt Stellung genommen:
"Wir bedanken uns für die Übersendung des Referentenentwurfs zum GFG 1998 und zum Solidarbeitragsgesetz 1998. Vorbehaltlich der Beratungen in unseren Gremien nehmen wir zu dem Inhalt des Referentenentwurfs kurzfristig wie folgt Stellung:
I. Grundsätzliches
1. Die Finanzlage der Kommunen wird immer dramatischer
Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen stehen vor dem finanziellen Kollaps. Nach den deutlich nach unten korrigierten Daten der jüngsten Steuerschätzung haben sie in den nächsten Jahren mit Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe zu rechnen. Vor dem Hintergrund, daß die Zahl der kreisangehörigen Kommunen, die trotz aller Anstrengungen 1996 und 1997 ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen mußten, weiter ansteigt, ist dies eine mehr als katastrophale Zukunftsperspektive. So hat die Anzahl der Kommunen, die einen Haushaltsausgleich ohne Eingriffe in ihre Substanz tätigen und somit einen "echten" Haushaltsausgleich vorweisen können, erschreckende Dimensionen angenommen. Nach der vom Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund Anfang dieses Jahres durchgeführten Umfrage ist festzustellen, daß 1996 und 1997 rd. 60 % der kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Landes Nordrhein-Westfalen keinen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorweisen können.
Trotz drastischer Konsolidierungsbemühungen der Städte und Gemeinden, die
- sich in den Verwaltungshaushalten insbesondere in den Bereichen Personal- und Sachaufwand niedergeschlagen und
- bei den Investitionen zu volkswirtschaftlich kaum noch zu vertretbaren Kürzungen geführt haben sowie
- vorübergehender Entlastungseffekte bei den Sozialausgaben, die
- wegen der Deckelung der Leistungen der Pflegeversicherung,
- der absehbaren demographischen Entwicklung und
- der weiterhin steigenden Arbeitslosenzahlen
keinen längerfristigen Bestand haben, spitzt sich die Haushaltslage in den Städten und Gemeinden weiter zu. Die katastrophale Verschlechterung der Kommunalfinanzen gefährdet den Fortbestand der kommunalen Selbstverwaltung. Die Bürgerinnen und Bürger bekommen dies durch schmerzliche Leistungseinschränkungen im gesamten Aufgabenspektrum zu spüren.
2. Abwehr neuer Belastungen
Vor dem Hintergrund der alarmierenden Finanzlage der Städte und Gemeinden und der Tatsache, daß die Anzahl der Kommunen ohne Haushaltsausgleich trotz Ausschöpfung aller Einsparpotentiale in den nächsten Jahren weiter drastisch zunehmen wird, sehen die Städte und Gemeinden mit ernsten Befürchtungen weitere Belastungen auf sich zukommen:
- Nachtrag zum Landeshaushalt 1997
Im Rahmen des Entwurfs des Nachtragshaushaltes 1997 ist beabsichtigt, die auf der Grundlage der Mai-Steuerschätzung 1997 notwendigen Korrekturen bereits im Steuerverbund des GFG 1997 umzusetzen und nicht erst entsprechend der geltenden Finanzausgleichssystematik mit einer zeitlichen Verzögerung von 2 Jahren. Die Städte und Gemeinden signalisieren Bereitschaft, an der Lösung der aktuellen Finanzkrise des Landes mitzuwirken, wehren sich jedoch mit Nachdruck gegen die Absicht der Landesregierung, die 97er Schlüsselzuweisungen um den geplanten Betrag in Höhe von 207,9 Mio DM zu kürzen. Die defizitären Verwaltungshaushalte der Städte und Gemeinden sind bekanntlich die Brennpunkte in den kommunalen Haushalten. Rein faktisch sind die Städte und Gemeinden nicht in der Lage, Eingriffe in die laufenden Schlüsselzuweisungen zu verkraften.
Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund widerspricht der Absicht der Landesregierung, den allgemeinen Steuerverbund 1997 mit dem Zuweisungstatbestand für modellhafte Projekte, die einer vorzeitigen Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen in ihr Heimatland dienen, zu befrachten. Im Rahmen des Kompromisses zum Asylbewerberleistungsgesetz hat der Vermittlungsausschuß den Ländern empfohlen, ab 01.01.1998 fünf Jahre lang jährlich 150 Mio DM in einen Fonds zur Finanzierung der Instandsetzung und des Neubaus von Wohnungen in Bosnien-Herzegowina für aus Deutschland zurückkehrende Flüchtlinge einzuzahlen. Die nun von der Landesregierung beabsichtigte Refinanzierung der Kosten für die Aufbringung des Fonds über den Finanzausgleich stößt auf strikteste Ablehnung.
- Umsetzung des ifo-Gutachtens dritter Schritt
Die Umsetzung der Empfehlungen des ifo-Gutachtens dritter Schritt, die zu einer weiteren massiven Umverteilung von Finanzmitteln führt, die einseitig zu Lasten des kreisangehörigen Raumes geht, muß verhindert und die bisherige Umsetzung rückgängig gemacht werden. Es ist unverantwortlich, in Zeiten höchster Finanznot eine Umverteilung zugunsten der Großstädte zu forcieren.
188 kreisangehörige Städte und Gemeinden greifen das nordrhein-westfälische Finanzausgleichssystem an. Noch nie hat es in einem Bundesland eine derartig flächendeckende Auseinandersetzung zwischen den Kommunen und dem Land über die Frage gegeben, ob das Finanzausgleichssystem ausreichend und finanzwissenschaftlich sachgerecht fundiert ist.
- Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund hat bei seinen Mitgliedsstädten und -gemeinden eine Umfrage durchgeführt, wie sich die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und die als Ausgleich vorgesehene Umsatzsteuerbeteiligung von 2,1 % unter Berücksichtigung einer West-Ost-Aufteilung von 85 % : 15 % und eines 20-prozentigen Abzugs für den Härtefonds auswirken würde. Das Ergebnis der Umfrage zeigt, daß die vorgesehenen Regelungen über die gemeindliche Beteiligung an der Umsatzsteuer völlig unzureichend sind. Die Verluste bewegen sich bei zahlreichen Mitgliedsstädten und -gemeinden in Millionenhöhe. Aus diesem Grund unterstützt der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund im Grundsatz den von der Freien und Hansestadt Hamburg im Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesezes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform, der insbesondere eine Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer in Höhe von 2,3 %, keinen Härtefallfonds und eine Absicherung der verbleibenden Gewerbeertragsteuer im Grundgesetz durch eine Ergänzung von Art. 28 Abs. 2 GG vorsieht.
- Die Unterbringung abgelehnter Asylbewerber kommt die Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen teuer zu stehen. Während das Land die Kosten für deren Unterhalt nur für vier Monate erstattet, bleiben die meisten fast zwei Jahre im Land, bevor sie ausreisen oder abgeschoben werden. In dieser Zeit müssen die Kommunen für die Versorgung der Asylbewerber aufkommen, obwohl dies eine typisch staatliche Aufgabe ist. Laut einer Umfrage des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes entstehen den befragten Kommunen dadurch Mehrkosten von 220 Mio DM. Pro Asylbewerber müssen Städte und Gemeinden jährlich rd. 8.000 DM aufwenden. Bei einem Soll von 120 Asylsuchenden wird der Haushalt einer Kommune mit fast 1 Mio DM belastet. Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund fordert die Landesregierung auf, die Kostenerstattung an die tatsächliche Aufenthaltsdauer der Asylbewerber anzupassen, wie dies auch vom Verfassungsgerichtshof NW in seinem Urteil vom 9.12.1996 angedeuet wurde.
- Die Städte und Gemeinden sehen mit ernsten Befürchtungen die Verschlechterungen im Zuge des Arbeitsförderungsreformgesetzes auf sich zukommen. Die Reform des Arbeitsförderungsgesetzes wird zu einer verstärkten Inanspruchnahme von Sozialhilfe führen. Dies ist für die Kommunen nicht mehr verkraftbar.
II. Eckdaten der Gemeindefinanzierung 1998
1. Auswirkungen des West-Ost-Transfers im Rahmen der Deutschen Einheit im Jahr 1998
Der Transferanteil des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Deutschen Einheit wird sich im Jahr 1998 auf 5,220 Mrd DM belaufen. Die Landesleistungen im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs (3,1 Mrd DM) sowie zum Fonds "Deutsche Einheit" (2,120 Mrd DM) werden - wie im Vorjahr - nicht von den Verbundgrundlagen abgezogen.
Mit Blick auf die Ankündigung des Finanzministers, daß der Ansatz des Landes im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs in Höhe von 3,1 Mrd DM mit nicht unerheblichen Risiken belastet ist, die sich wegen nicht absehbarer Veränderungen im Finanzkraftgefüge unter den Ländern noch nicht exakt quantifizieren lassen, sehen die Städte und Gemeinden mit großer Besorgnis zusätzliche Einschnitte im 98er Finanzausgleich auf sich zukommen.
Die Städte und Gemeinden vermissen die in den Orientierungsdaten 1997 bis 2000 für die Finanzplanung der Gemeinden (GV) des Landes Nordrhein-Westfalen bereits vorgesehene Rückführung des Vervielfältigers bei der Gewerbesteuerumlage für die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs von derzeit 29 Punkten auf 20 Punkte. Diese Maßnahme ist seinerzeit im Vorgriff auf die Revision gem. § 6 Abs. 3 Gemeindefinanzreformgesetz mit dem Ziel einer deutlichen Senkung der Vervielfältigerpunkte für die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs erfolgt. Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund wiederholt seine seit Jahren erhobene Forderung, daß in Anpassung an die reduzierten Solidarpaktlasten der alten Länder die Solidarpaktumlage deutlich abgesenkt wird.
2. Berechnung des allgemeinen Steuerverbundes 1998 im Vergleich zu 1997 auf der Basis des Entwurfs des Nachtragshaushaltes 1997
Im 98er Finanzausgleich stehen als Verbundmasse 14.216,1 Mio DM zur Verfügung. Gegenüber dem GFG 1997 auf der Basis des Entwurfs des Nachtragshaushaltes 1997 ist dies rein rechnerisch eine Steigerung der Verbundmasse um 828,2 Mio DM bzw. +6,2 %. Diese rechnerische Steigerung ist insbesondere darauf zurückzuführen, daß 1998 von der eigentlichen Verbundmasse kein in Vorjahren kreditierter Betrag an den Landeshaushalt zurückzuführen ist (1997 = 301 Mio DM). Die tatsächliche Steigerung der Verbundmasse beträgt gegenüber 1997 insgesamt 527,2 Mio DM oder 3,9 %.
Unberücksichtigt bleibt bei dieser Operation der negative Abrechnungsbetrag aus dem Jahr 1996 in Höhe von 432,2 Mio DM und der nachzuzahlende Betrag in Höhe von 212,26 Mio DM aufgrund der Abrechnung und endgültigen Festsetzung des Solidarbeitragsgesetzes 1996. Werden diese Abrechnungsbeträge berücksichtigt, ergibt sich bei der zur Verfügung stehenden Verbundmasse 1998 gegenüber der 1997 zur Verfügung stehenden Verbundmasse auf der Grundlage des Entwurfs des Nachtrags 1997 lediglich ein Zuwachs von 183,94 Mio DM bzw. +1,37 %. Vergleicht man die 1998 zur Verfügung stehende Verbundmasse - bereinigt um die Abrechnungsbeträge in Höhe von insgesamt 644,26 Mio DM - mit der nach dem derzeitigen Stand des GFG 1997 zur Verfügung stehenden Verbundmasse, liegt ein Rückgang von 113,46 Mio DM bzw. -0,83 % vor.
Vor dem Hintergrund der katastrophalen Situation der Gemeindefinanzen stellen die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen mit großer Besorgnis fest, daß bei den bereinigten 98er Finanzzuweisungen gegenüber den 97er Finanzzuweisungen auf der Grundlage des Entwurfs des Nachtrags 1997 lediglich ein minimaler Zuwachs von 1,37 % oder 183,94 Mio DM bzw. ein Rückgang von 0,83 % oder 113,46 Mio DM gegenüber dem derzeitigen Stand des GFG 1997 zu verzeichnen ist.
3. Umsetzung des ifo-Gutachtens dritter Schritt
Die Umsetzung des dritten Schrittes des ifo-Gutachtens soll entsprechend der Beschlußlage des Landtags vom 20.03.1996 (LT-Drs. 12/820) im GFG 1998 erfolgen.
188 kreisangehörige Städte und Gemeinden haben vor dem Verfassungsgerichtshof des Landes Verfassungsbeschwerde gegen das GFG 1996 erhoben. Sie wenden sich gegen den Beschluß des Landtages, den kommunalen Finanzausgleich ab 1996 in drei Schritten zu Lasten der kreisangehörigen Kommunen umzugestalten. Allein bis 1998, dem Abschluß der Reform, verlieren die kreisangehörigen Städte und Gemeinden rd. 670 Mio DM. Danach werden jedes Jahr 278 Mio DM in die kreisfreien Städte umgelenkt. Damit trägt das Land dazu bei, daß vielen kreisangehörigen Städten und Gemeinden der finanzielle Ruin droht. Einen Aderlaß in Milliardenhöhe können sie nicht verkraften. Daß die Einwendungen des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes und der klageführenden Mitgliedsstädte und -gemeinden berechtigt sind, zeigt das Gutachten der Finanzwissenschaftler Martin Junkernheinrich und Gerhard Micosatt (Bochum). Das Gutachten zeigt eindrucksvoll und in aller Schärfe, daß sich ein überproportionaler Anstieg des Finanzbedarfs aufgrund höherer Bevölkerungsdichte weder empirisch nachweisen noch finanzwissenschaftlich begründen läßt. Auch wird deutlich, daß die Landesregierung die Anmerkungen des nordrhein-westfälischen Verfassunsgerichtshofs zur Bemessung der Steuerkraft mißinterpretiert und zugunsten der kreisfreien Städte ausgelegt hat. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, daß die vom Landtag beschlossene Reform in ihren wesentlichen Elementen nicht sachgerecht und finanzwissenschaftlich nicht begründbar ist. Dies haben auch die vor Gericht klagenden Städte und Gemeinden geltend gemacht. Vorsorglich weisen wir darauf hin, daß auch das GFG 1997 einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung unterzogen wird.
Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund fordert, die weitere Umsetzung der Empfehlungen des ifo-Gutachtens, die erneut zu einer massiven Umverteilung von Finanzmitteln führt, die einseitig zu Lasten des kreisangehörigen Raumes geht, zu stoppen und die bisherige Umsetzung mit der Folge rückgängig zu machen, daß für das GFG 1998 die Strukturen des GFG 1995 gelten.
4. Stagnation bei den Schlüsselzuweisungen
Die Schlüsselzuweisungen an die Gemeinden, Kreise und Landschaftsverbände sollen 1998 um 3,0 % (323,4 Mio DM) steigen. Unberücksichtigt bleibt bei dieser Operation der negative Abrechnungsbetrag aus dem Jahr 1996 in Höhe von 411,6 Mio DM. Wird diese Abrechnung berücksichtigt, ergibt sich bei den 98er Schlüsselzuweisungen gegenüber den 97er Schlüsselzuweisungen auf der Grundlage des Entwurfs des Nachtrags 1997 netto lediglich ein Zuwachs von 109,5 Mio DM bzw. +1,0 %. Vergleicht man die 98er Schlüsselzuweisungen - bereinigt um den Abrechnungsbetrag in Höhe von 411,6 Mio DM - mit den Schlüsselzuweisungen nach dem jetzigen GFG 1997, liegt ein Rückgang von 98,4 Mio DM bzw. -0,92 % vor.
Die in der Koalitionsvereinbarung getroffene Festlegung, wonach die Chancen der kommunalen Gebietskörperschaften, ihre Haushaltsprobleme zu lösen, u.a. dadurch verbessert werden sollen, daß "eine den Ausgaben des Landeshaushalts entsprechende Entwicklung der Schlüsselzuweisungen" sichergestellt wird, stellt eine Mindestgarantie dar. Die Schlüsselzuweisungen müsen real zumindest entsprechend der Entwicklung der Ausgaben des Landeshaushalts steigen. Angesichts der hohen Fehlbeträge in den Verwaltungshaushalten ist eine Verstärkung der Schlüsselzuweisungen unabdingbar, um die Handlungsfähigkeit der Kommunen in Nordrhein-Westfalen im Jahre 1998 zu sichern bzw. um den drohenden finanziellen Kollaps abzuwehren.
Die Umsetzung der vom Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebund erhobenen Forderung, die Struktur des GFG 1998 der Struktur des GFG 1995 anzupassen, hat zur Folge, daß die Mittel der vorgesehenen Anpassungshilfe in Höhe von 97,1 Mio DM und des Strukturfonds in Höhe von 100 Mio DM voll der Schlüsselmasse zugeschlagen werden können. Somit würde die Negativwirkung aus der Abrechnung des Steuerverbundes aus dem Jahr 1996 im Zuge des Finanzausgleichs 1998 abgefedert.
5. Strukturfonds
Die vom Landtag am 20.03.1996 mit der Reform des kommunalen Finanzausgleichs (LT-Drs. 12/820) beschlossene Aufstockung des 1997 eingeführten Strukturfonds auf insgesamt 100 Mio DM wird umgesetzt.
Der Verteilungsmechanismus des Strukturfonds 1997 hat zur Folge, daß von den 182 Gemeinden, die am Strukturfonds teilnehmen, 15 Gemeinden zu den "Gewinnergemeinden" und 167 Gemeinden zu den "Verlierergemeinden" aufgrund der Umsetzung des ifo-Gutachtens zählen.
Zu der Aufteilungswirkung und den Auswahlkriterien des Strukturfonds stellen wir folgendes fest:
- Aufteilungswirkung
Die Umsetzung der Empfehlungen des ifo-Gutachtens führt zu einer massiven Umverteilung von Finanzmitteln, die sich einseitig zu Lasten des kreisangehörigen Raums auswirkt. Mit schlimmsten Befürchtungen sehen wir die negativen Auswirkungen insbesondere auf die Struktur der Finanzsituation der Mittelstädte, die bis weit in das Jahr 2000 hinein die Zeche für die Umsetzung der Empfehlungen des ifo-Gutachtens zu zahlen haben. Aus diesem Grund halten wir es für unverantwortlich, daß
- die "Gewinnergemeinden" am Strukturfonds partizipieren und
- ausweislich der vorliegenden Übersicht die großen "Verlierergemeinden" - die Mittelstädte - bis auf 10 Ausnahmen nicht beteiligt werden.
- Auswahlkriterien
Es begegnet höchsten Bedenken, als Auswahlkriterium für die Verteilung der Mittel des Strukturfonds die Steuerkraft heranzuziehen. Über die Wirkungen des Finanzausgleichs findet bereits ein Ausgleich der Steuerkraftunterschiede statt, so daß das Merkmal "Steuerkraft" in diesem Zusammenhang sachfremd ist. In Ergebnis läuft dieser Verteilungsmechanismus darauf hinaus, daß ein doppelter Finanzausgleich stattfindet. Aus diesem Grund ist das Kriterium "Steuerkraft" abzulehnen.
Hinsichtlich des Kriteriums "überdurchschnittliche hohe Anzahl von arbeitslosen Frauen" ist festzustellen, daß im Bedarfsbemessungssystem die Frauen als Einwohnerinnen und die Dauerarbeitslosigkeit durch den Nebenansatz "Soziallastenansatz" berücksichtigt sind. Das kombinierte Merkmal "Frauen im Verhältnis zur Arbeitslosigkeit" findet im Finanzausgleich keine Berücksichtigung.
Mit Blick auf das Kriterium "arbeitslose Jugendliche bis zu 25 Jahren" ist ebenfalls festzustellen, daß im Bedarfsbemessungssystem die Jugendlichen als Einwohner und die Dauerarbeitslosigkeit durch den Nebenansatz "Soziallastenansatz" berücksichtigt sind. Das kombinierte Merkmal "Jugendliche im Verhältnis zur Arbeitslosigkeit" findet im Finanzausgleich ebenfalls keine Berücksichtigung.
Beim Kriterium "Arbeitsplatzverluste" wird auf die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zurückgegriffen. Festzustellen ist, daß im Bedarfsbemessungssystem die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten durch den Nebenansatz "Zentralitätsansatz" Berücksichtigung finden. Im Gegensatz zum "Zentralitätsansatz" wird in diesem Fall jedoch nicht die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, sondern gegenläufig eine erhebliche negative Veränderung gewertet.
Die Auswahlkriterien "arbeitslose Frauen", "arbeitslose Jugendliche bis zu 25 Jahren" und "Arbeitsplatzverluste" begegnen wegen der aufgezeigten Verflechtungen mit der Bedarfsbemessung im Finanzausgleich erheblichen Bedenken.
Des weiteren sind wir der Auffassung, daß die vorgesehenen Mittel des Strukturfonds nicht als pauschale Zuweisungen zur Durchführung investiver Maßnahmen, sondern als pauschale Zuweisungen für die Verwaltungshaushalte gewährt werden sollten. Die defizitären Verwaltungshaushalte der Städte und Gemeinden sind bekanntlich die Brennpunkte in den kommunalen Haushalten.
Im übrigen führt die vorgesehene Aufteilung der Mittel des Strukturfonds auf vier verschiedene "Teiltöpfe" mit den jeweils unterschiedlichen Gewichtungen in den dafür vorgesehenen Kategorien dazu, daß die Verteilungssystematik des Strukturfonds ausgesprochen kompliziert und undurchsichtig ist.
6. Zuweisungen zur Begleitung des Strukturwandels und der Strukturanpassung
In das GFG 1998 wird zur Förderung investiver Maßnahmen eine pauschale Zuweisung zur Begleitung des Strukturwandels und der Strukturanpassung neu aufgenommen. Die hierfür vorgesehenen Mittel in Höhe von 45 Mio DM sollen für Zuweisungen an Gemeinden mit besonderen Belastungen aufgrund altindustrieller Monostrukturen (z.B. Kohle, Stahl) und an Gemeinden mit strukturellen Anpassungserfordernissen aufgrund wirtschaftlicher und landschaftlicher Besonderheiten im ländlichen Raum zur Verfügung stehen. Die bisherigen Bedarfszuweisungen aus besonderem Anlaß nach § 18 GFG 1997, die mit 64 Mio DM dotiert sind, entfallen.
Hinsichtlich der Entwicklung der Verteilungskriterien für die pauschalen Zuweisungen zur Begleitung des Strukturwandels und der Strukturanpassung fordert der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund eine frühzeitige Beteiligung um sicherzustellen, daß der kreisangehörige Raum bei der Verteilung dieser Mittel keine Benachteiligung erfährt.
7. Bedarfszuweisungen
7.1. Pauschalierte Zuweisungen zur Förderung kommunaler Projekte der Entwicklungsarbeit nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 GFG 1998
Aus dem Kreis unserer Mitgliedsstädte und -gemeinden wird verstärkt Kritik an dem Zuweisungstatbestand der Förderung kommunaler Projekte der Entwicklungsarbeit geübt. Nach den hierzu ergangenen Zuwendungsbescheiden werden diese Mittel als allgemeine Deckungsmittel pauschal und ohne haushaltsrechtliche Zweckbindung zur Verfügung gestellt. Nunmehr werden seitens der Bezirksregierungen Prüfungen dahingehend veranlaßt, ob die Mittel vollständig für die im GFG vorgegebene Zielprojektion verwendet worden sind. Angesichts der Dotation dieser Zuweisungen stellt sich die Frage, ob seitens der Landesregierung alles getan wird, um den Verwaltungs- und Prüfaufwand so gering wie möglich zu halten.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob diese "Töpfchenwirtschaft des Landes" angesichts knapper Kassen sinnvoll ist. Hier würde es sich vielmehr anbieten, diese Mittel den Schlüsselzuweisungen zuzuschlagen.
7.2 Einmalige Zuweisungen für besondere Bedarfssituationen von Gemeinden und Gemeindeverbänden
Für einmalige Bedarfszuweisungen zur Überwindung außergewöhnlicher Belastungssituationen und einmalige Zuweisungen für besondere Bedarfssituationen von Gemeinden und Gemeindeverbänden werden nach § 21 GFG 1998 25 Mio DM zur Verfügung gestellt. Aus diesen Mitteln können
- Zuweisungen für Maßnahmen, die der Weiterentwicklung der kommunalen Selbstverwaltung dienen (entspricht § 16 Abs. 1 S. 3 GFG 1997),
- Zuweisungen für modellhafte Projekte, die einer vorzeitigen Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen in ihr Heimatland dienen, soweit andere Möglichkeiten einer Förderung ausgeschöpft sind und
- Zuweisungen zum Ausgleich von Härten, die sich bei der Durchführung des Finanzausgleichs ergeben (enspricht § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GFG 1997)
gewährt werden.
Hinsichtlich der Zuweisungen für modellhafte Projekte, die einer vorzeitigen Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen in ihr Heimatland dienen, verweisen wir auf unsere Ausführungen auf Seite 3 der Stellungnahme.
Mit Blick auf den Zuweisungstatbestand zum Ausgleich von Härten, die sich bei der Durchführung des Finanzausgleichs ergeben, wird aus dem Kreis unserer Mitgliedsstädte und -gemeinden kritisch hinterfragt, nach welchen Kriterien diese Mittel verteilt werden.
8. Verbesserung der Umlagegrundlagen im Zuge des GFG 1998
Im Zuge der Umsetzung des GFG 1998 werden wie im Vorjahr bei den Umlagegrundlagen für die Landschaftsumlage und die Kreisumlage erhebliche Verbesserungen eintreten, die auf folgende Faktoren zurückzuführen sind:
- Berücksichtigung der Kompensationszahlungen an die Städte und Gemeinden für Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs im Jahr 1998, obwohl sich diese Zahlungen im Jahr 1998 nicht in der für das GFG 1998 gültigen Referenzperiode 01.07.1996 - 30.06.1997 auswirken und
- Mitnahmeeffekt bei den Umlagegrundlagen, falls das ifo-Gutachten im dritten Schritt umgesetzt wird.
8.1 Berücksichtigung der Kompensationszahlungen an die Städte und Gemeinden für die Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs
Der Nordrhein-Westfälische Städte- und Gemeindebund fordert, daß die Berücksichtigung der Kompensationszahlungen an die Städte und Gemeinden für Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs im Jahr 1998 nicht in die Umlagegrundlagen 1998 einbezogen werden. Die durch die Systemumstellung beim Familienleistungsausgleich weggefallenen gemeindlichen Einkommensteueranteile wären nämlich nach dem maßgeblichen Referenzzeitraum erst zur einen Hälfte im Jahr 1999 und zur anderen Hälfte im Jahr 2000 für die Berechnung der Umlagegrundlagen herangezogen worden.
In diesem Zusammenhang dürfen wir darauf hinweisen, daß die Kompensa-tionszahlungen und trotz Intervention des Nordrhein-Westfälischen Städte- und Gemeindebundes bereits in den Haushaltsjahren 1996 und 1997 zu den Grundlagen der Kreisumlagen und der Landschaftsumlagen hinzugerechnet worden sind. Die Kreise und Landschaftsverbände haben an dem Verlustausgleich partizipiert, ohne daß den Kommunalverbänden Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs entstanden wären.
Um sicherzustellen, daß sich die Kompensationsleistungen an die Gemeinde für die Verluste durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs nach § 33 GFG 1998 erst für die Berechnung der Umlagen im Jahr 1998 auswirkt, halten wir folgende Klarstellung für unumgänglich:
In § 35 Abs. 1 GFG 1998 wird am Ende des Absatzes im letzten Spiegelstrich die Worte "die Kompensationsleistungen nach § 33" gestrichen.
8.2 Mitnahmeeffekt bei den Umlagegrundlagen im Zuge der Umsetzung des ifo-Gutachtens dritter Schritt
Werden die Empfehlungen des ifo-Gutachtens in einem dritten Schritt im Rahmen des GFG 1998 umgesetzt, wird über die Anhebung der fiktiven Hebesätze bei der Grundsteuer B sowie der Gewerbesteuer eine höhere Steuerkraft der kreisangehörigen Städte und Gemeinden unterstellt. Dies wird für die Umlagegrundlagen der Kreise und Landschaftsverbände erhebliche Mitnahmeeffekte zur Folge haben.
9. Härteregelung für den durch den Truppenabzug bedingten Rückgang der Einwohnerzahl im Finanzausgleich 1998
Für den Finanzausgleich 1998 wird die Einwohnerzahl zum 31.12.1996 maßgeblich sein. Aus dem Kreis der Garnisonsstädte und -gemeinden sind wir darüber informiert worden, daß trotz des Freiwerdens von Wohnungen aufgrund des Abzugs der Streitkräfte keine weitere Zuwanderung von Einwohnern erfolgt. Es hat lediglich eine Umverteilung der Einwohner stattgefunden, indem z. B. die bereits ansässigen Aussiedler und Übersiedler das Wohnungsangebot nutzen. Infolgedessen konnte der Verlust der A- und D-Einwohner nicht abgefangen werden.
Dies hat für die betroffenen Garnisonsstädte und -gemeinden gravierende Einbußen bei den Schlüsselzuweisungen zur Folge.
Aus diesem Grund halten wir es für unabdingbar, die Berechnung der Einwohnerzahl in den Standortgemeinden, die aufgrund der dargestellten Sachlage im Rahmen des Finanzausgleichs 1998 mit Einnahmeverlusten zu rechnen haben, entsprechend der Regelung nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 GFG 1997 im Sinne einer Härteregelung vorzunehmen.
10. Berücksichtigung der sonderpädagogischen Förderung an Regelschulen beim Schüleransatz nach dem GFG 1998
Seitens der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände von Nordrhein-Westfalen ist in der Vergangenheit bereits mehrfach die Forderung nach einer Berücksichtigung der mit der Durchführung der sonderpädagogischen Förderung an allgemeinbildenden Schulen verbundenen Kostenbelastungen im GFG gefordert worden. In der Sache geht es darum, einer Benachteiligung solcher Schulträger im GFG entgegenzuwirken, die sich im Bereich der sonderpädagogischen Förderung an allgemeinbildenden Schulen (gemeinsamer Unterricht) engagieren. Die sonderpädagogisch geförderten Schüler/innen am Förderort Regelschule sollten im Rahmen des Schüleransatzes weiterhin wie Sonderschüler mit dem erhöhten vom-Hundert-Satz Berücksichtigung finden.
Darüber hinaus wäre denkbar, bei der Festlegung der entsprechenden Sätze im Schüleransatz nicht nur zwischen Halbtags- und Ganztagsschulen zu differenzieren, sondern für den Bereich des "Gemeinsamen Unterrichts" einen neuen zusätzlichen vom-Hundert-Satz im Schüleransatz festzulegen.
III. Soldidarbeitrag
Der Entwurf der Bestimmungen über den Solidarbeitrag 1998 stellt eine Fortschreibung der gültigen Regelung des Solidarbeitragsgesetzes 1997 dar. Der Solidarbeitrag 1998, der wegen der geringfügig gesunkenen Lasten des Landes im Rahmen des Fonds "Deutsche Einheit" gegenüber dem Solidarbeitrag 1997 um knapp 5,5 Mio DM zurückgeht, stellt mit knapp 2,2 Mrd DM eine erhebliche zusätzliche Belastung für die Städte und Gemeinden dar. Gleichwohl ist dies eine zwangsläufige Zahlung, die auch die Städte und Gemeinden im Zuge des Einigungsprozesses mittragen müssen.
IV. Änderung sonstiger Vorschriften
1. Die vorgesehene Ergänzung des § 75 Abs. 4 GO NW begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Hier wird im wesentlichen die schon bisher praktizierte Rechtsanwendung konkret in das Gesetz übernommen.
2. Soweit in § 75 Abs. 7 Satz 2 Ziffer 1 GO NW weitere Restriktionen für die Haushaltswirtschaft im Bereich der vorläufigen Haushaltsführung vorgesehen sind, bestehen aus unserer Sicht nicht unerhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Es stellt sich die Frage, ob die von Art 28 Abs. 2 GG geschützte Finanzautonomie der Kommunen durch eine Verordnung des Innenministeriums über die inhaltlichen Vorgaben der Gemeindeordnung hinaus materiell beschränkt werden darf. Aus Sicht der kreisangehörigen Städte und Gemeinden haben sich die Vorschriften der vorläufigen Haushaltsführung im wesentlichen bewährt, so daß wir keine zwingende Notwendigkeit einer derartigen weitergehenden Beschränkung erkennen können.
3. Die in § 75 Abs. 7 Satz 2 Ziffer 2 GO NW enthaltene Erweiterung der Zulässigkeit von Kreditaufnahmen während der vorläufigen Haushaltsführung ist aus kommunaler Sicht ausdrücklich zu begrüßen. In der Tat führt die bisherige restriktive Regelung in Einzelfällen zu nicht lösbaren Konflikten zwischen gleichrangigen Rechtsvorschriften.
Abschließend bitten wir, die vorstehenden Überlegungen bei der endgültigen Gestaltung des Entwurfs des Gemeindefinanzierungsgesetzes 1998 und des Solidarbeitragsgesetzes 1998 zu berücksichtigen."
Az.: V/1-902-17/0