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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 461/1998 vom 20.08.1998
Gemeindefinanzierungsgesetz 1999
In unserer Mitteilungen vom 05.07.1998 hatten wir unter der lfd. Nr. 343 über die Eckdaten zum Referentenentwurf für das GFG 1999 und das SBG 1999 berichtet. Zwischenzeitlich hat die Landesregierung hinsichtlich des GFG 1999 weitere Festlegungen getroffen. Im einzelnen ist auf folgendes hinzuweisen:
Gewichtig und keinesfalls akzeptabel ist das Vorhaben der Landesregierung, die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen 1999 aufgrund der geringeren finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes zu einem Sparbeitrag in Höhe von 325 Mio. DM heranzuziehen. Danach sollen die Ausgaben des Landes im Rahmen des § 4 Flüchtlingsaufnahmegesetz (Kostenpauschalen) in Höhe von 325 Mio. DM mittels einer Befrachtung aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz 1999 finanziert werden. Der verbleibende Restbetrag in Höhe von 252 Mio. DM (Ausgaben insgesamt: 577 Mio. DM) soll weiterhin im Einzelplan 03 des Landeshaushaltes etatisiert werden.
Finanzminister Schleußer begründet diesen "fairen Interessenausgleich mit den Kommunen des Landes" mit dem schlechten Abschneiden des Landes beim Vergleich der Nettokreditaufnahme, den Zinsausgaben und dem Schuldenstand im Verhältnis zu den Gemeinden. Des weiteren spricht er lediglich von einem "Nettosparbeitrag" von 245 Mio. DM, wenn man die Änderungen bei der Beihilfegewährung in Höhe von rd. 18 Mio. DM als Entlastung der Kommunen gegenrechnet. Auch habe sich das Land stets als verläßlicher Partner der Kommunen gezeigt und einen fairen Ausgleich geschaffen. So habe Nordrhein-Westfalen den Gemeinden die Mittel für die Neugestaltung des Familienleistungsausgleichs in vollem Umfang zur Verfügung gestellt.
Der Ausgleich für den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer durch eine Beteiligung der Gemeinden an der Umsatzsteuer sei vom Land unterstützt und mitgetragen worden. Die kommunalen Verluste würden voll ausgeglichen.
Diese Argumentation ist weder stichhaltig noch vom Ergebnis her akzeptabel.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß sich allein aus dem Haushaltssicherungsgesetz eine Belastung für die kommunale Ebene von knapp 10 Mio. DM ergibt, so daß die zu erhoffenden Einsparungen bei der Beihilfe bereits aufgebraucht sind. Von einem fairen Interessenausgleich und einer verläßlichen Partnerschaft des Landes kann keine Rede sein. Wenn das Land als Beleg hierfür die Tatsache anführt, daß es bislang die Mittel für die Neugestaltung des Familienleistungsausgleichs den Gemeinden in vollem Umfang zur Verfügung gestellt hat, dann mutet dies mehr als seltsam an. Denn zum einen hat sich das Land hierzu im Vermittlungsverfahren ausdrücklich verpflichtet. Zum anderen muß in Erinnerung gerufen werden, daß durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs (künftige Verrechnung des Kindergeldes mit der Lohn- und Einkommensteuer) die Städte und Gemeinden bei der Einkommensteuer originäre Mindereinnahmen in Höhe von jährlich rd. 4 Mrd. DM zu verkraften haben. Es waren die Länder, die entgegen dem Votum des Bundesfinanzministeriums im Vermittlungsverfahren durchgesetzt haben, daß die Städte und Gemeinden keinen originären Ausgleich bekommen. Denn das adäquate Ausgleichsinstrument für diese unmittelbaren Steuermindereinnahmen wäre die Anhebung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer von 15 auf 16 % und am Zinsabschlag von 12 auf 13 % gewesen. Dieser adäquate steuerliche Ausgleich ist jedoch am Widerstand der Länder gescheitert. Sie haben durchgesetzt, daß sie durch die Anhebung des Umsatzsteueranteils um 5,5 Prozentpunkte mehr als einen vollen Ausgleich für die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs erhalten, d.h. überproportional entschädigt werden. Die Länder haben wieder einmal die Wahrung berechtigter kommunaler Interessen zugunsten eigener finanzieller Interessen vernachlässigt. Für die Gemeinden ist es nach wie vor nicht akzeptabel, anstelle eines originären Ausgleichs auf nicht gesicherte Finanzzuweisungen der Länder verwiesen zu werden. Wenn nunmehr der Finanzminister darauf verweist, daß er pflichtgemäß die Umsatzsteuermehreinnahmen, welche die Verluste des Landes aus dem Familienleistungsausgleich überkompensieren, an die Kommunen weiterleitet, um deren Verluste auszugleichen, dann ist dies weder ein Entgegenkommen noch eine freiwillige Leistung des Landes, die einer besonderen Würdigung bedarf. Als es seinerzeit im Vermittlungsverfahren darum ging, die kommunale Forderung nach einem originären und unmittelbaren Ausgleich durch Anhebung des Einkommensteueranteils zu unterstützen, hat sich das Land nicht als verläßlicher Partner der Kommunen in Nordrhein-Westfalen gezeigt.
Sinngemäß das gleiche gilt auch für die Behauptung des Landes, die Verluste der Kommunen durch den Wegfall der Gewerbekapitalsteuer würden voll ausgeglichen. Dem ist nicht so. Denn auch hier haben die Länder im Vermittlungsverfahren in einer Nacht- und Nebelaktion, ohne die kommunalen Spitzenverbände vorher anzuhören, gegenüber dem Bund durchgesetzt, daß die von den Gemeinden abzuführende Gewerbesteuerumlage zugunsten der Länder für die Jahre 1998 bis 2000 um 7 Vervielfältigerpunkte, ab dem Jahr 2001 um 6 Vervielfältigerpunkte erhöht wird. Allein dadurch verlieren die Städte und Gemeinden pro Jahr rd. 220 Mio. DM (1 Punkt = 31,7 Mio. DM).
Begründet wurde die Anhebung der Umlage mit den angeblichen Mehreinnahmen bei der Gewerbeertragsteuer aus den Gegenfinanzierungsmaßnahmen, insbesondere der Streichung der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften. Da aber diese Mehreinnahmen sie sind nicht nur in bezug auf den prognostizierten Zeitpunkt mit erheblichen Unsicherheiten behaftet - nicht allen Städten und Gemeinden zugute kommen und überdies spätestens ab 2003 mit dem Abschluß der Auflösung der Rückstellungen auslaufen, hätte die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage zumindest befristet werden müssen. Auch insoweit hat sich das Land nicht als verläßlicher Partner der Kommunen gezeigt.
Wie überhaupt festgestellt werden muß, ist das Land seit Beginn der 80er Jahre vor allem durch die Absenkung des Verbundsatzes immer wieder der Versuchung erlegen, den kommunalen Finanzausgleich eigenen Finanzinteressen unterzuordnen. Offensichtlich soll diese Linie beibehalten werden, indem der in den Eckpunkten für einen Referentenentwurf zum GFG ´99 für eine Befrachtung angedachte Betrag von 302,4 Mio. DM sogar noch auf 325 Mio. DM erhöht wird. Dieses Vorhaben muß auf den entschiedensten Widerstand der Städte und Gemeinden stoßen. Denn deren Finanzsituation ist genauso angespannt wie diejenige des Landes. Trotz eines jahrelangen strikten und für die Bürgerinnen und Bürger mit schmerzhaften Einschnitten verbundenen Konsolidierungskurses sind die Fehlbeträge der Verwaltungshaushalte 1997 auf insgesamt 3,3 Mrd. DM angewachsen. Nach 1995 (3,9 Mrd. DM) ist dies der zweithöchste Betrag. Die Zahl der Gemeinden mit einem strukturell unausgeglichenen Haushalt nimmt von Jahr zu Jahr kontinuierlich zu. Die Städte und Gemeinden sind nur dann in der Lage, ihre Finanzsituation in den Griff zu bekommen, wenn keine neuen originären Fehlbeträge entstehen und die bestehenden Fehlbeträge zumindest in einem mittelfristigen Zeitraum durch weitere strikte Konsolidierungsmaßnahmen abgebaut werden können.
Jede Ebene muß im eigenen Bereich sparen. Das Land ist nicht berechtigt, den kommunalen Finanzausgleich zur Konsolidierung des eigenen Landeshaushalts heranzuziehen. Was der kommunalen Ebene nicht möglich ist, davor sollte die Landesebene zurückschrecken. Dies vor allem angesichts der Tatsache, daß die verfügbaren Finanzmittel der Kommunen (Steuern netto plus Zuweisung des Landes minus Solidarbetrag) von 1981 bis 1996 lediglich um 56 v.H. gestiegen sind, während bei den verfügbaren Finanzmitteln des Landes im selben Zeitraum eine Steigerung um 109 v.H. festzustellen ist. Damit hat sich die Finanzausstattung des Landes fast doppelt so gut entwickelt wie die Finanzausstattung der Kommunen. Von einem Gleichmäßigkeitsgrundsatz bei der Entwicklung der verfügbaren Finanzmittel des Landes und der Kommunen kann also im Land Nordrhein-Westfalen keine Rede sein.
Az.: IV-902-01/1