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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 356/2000 vom 05.07.2000
Geschlossene Versorgungsgebiete in der Wasserversorgung
Die Wasserversorgung gehört unstreitig zu den Bereichen kommunaler Daseinsvorsorge. Sie ist nach Einführung des Wettbewerbs auf dem Energiesektor der einzige Bereich der Versorgung mit noch bestehendem Gebietsmonopol. Überlegungen des Bundeswirtschaftsministeriums, dieses Monopol zur Disposition zu stellen, werden abgelehnt. Der StGB NRW beurteilt den Ansatz, daß mehr Wettbewerbsfähigkeit der Wasserver- und entsorgungswirtschaft bei gleichzeitiger Zerschlagung bewährter Strukturen erreicht werden soll, als sehr kritisch. Zunächst müßten mögliche Kooperationsformen der bestehenden Anbieter geprüft werden.
Der Wettbewerb um Versorgungsgebiete darf nicht zu einer Senkung des Qualitätsstandards durch die Hintertür führen. Das Wasser ist als Lebensmittel Nr. 1 eine schützenswerte Ressource, die es auch in Zukunft zu erhalten gilt. Gerade die Städte und Gemeinden leisten mit ihrer Ver- und Entsorgungsaufgabe dafür einen entscheidenden Beitrag. Wird der Gebietsschutz und damit die enge Verknüpfung zwischen geschlossenen Versorgungsgebieten und der Nutzung der entsprechenden regionalen bzw. örtlichen Wasservorräte aufgehoben, könnten Wasserversorger über hunderte Kilometer Wasser in andere Gebiete transportieren. In Regionen, in denen dann aus "Effektivitätsgründen" die Wasserförderung eingestellt würde, könnte sich das Interesse am nachhaltigen Grundwasser- und Gewässerschutz reduzieren. Im Wettbewerb um Marktanteile und Absatzmengen würden unter Umständen "lohnende" Ressourcen geplündert werden, wobei nicht mehr genutzte Vorkommen aus dem Gewässerschutz herausfallen könnten. Weiterhin könnte es zu einem Wettbewerb um die lukrativsten Kunden kommen. Diese Rosinenpickerei würde Industrieunternehmen mit hohem Wasserverbrauch bevorteilen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, daß Haushalte sowie kleine und mittelständische Unternehmen künftig stärker belastet werden.
Wettbewerb und Privatisierung können kein Selbstzweck sein, sondern haben nur dann eine Berechtigung, wenn durch sie den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger gedient wird und auch weiterhin eine sichere Ver- und Entsorgung gewährleistet bleibt. Der StGB NRW spricht sich deshalb für eine Erfüllung der Wasserversorgung durch kommunale oder private Unternehmen auf der Grundlage geschlossener Versorgungsgebiete aus. Diese Regelung hat sich bewährt und stellt für die Verbraucher die kostengünstigste Lösung dar.
Auf ihrer Sitzung am 4./5. Mai 2000 hat sich nun die Innenministerkonferenz nachdrücklich dafür ausgesprochen, die geschlossenen Versorgungsgebiete im Bereich der Wasserversorgung zu erhalten:
1. Die Innenministerkonferenz spricht sich nachdrücklich dafür aus, an den für die Wasserversorgung noch in alter Fassung geltenden §§ 103, 103a und 105 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) festzuhalten. Diese Regelungen schützen die ausschließlichen Wegerechte in der Wasserversorgung.
2. Die Aufhebung der genannten Vorschriften würde nach Auffassung der Innenministerkonferenz zu einer Zerschlagung der bestehenden kommunalen Wasserversorgungsstruktur und damit zu einer Gefährdung der kommunalen Selbstverwaltung führen. Außerdem ist Wasser kein Wirtschaftsgut, sondern ein Lebensmittel, bei dem die hohen Standards der Trinkwasserversorgung einzuhalten sind.
Diese wären gefährdet, wenn bei Mitbenutzung bestehender Rohrnetze durch Mitbewerber Wasser unterschiedlicher Qualität durchgeleitet würde, so dass nicht zu kontrollierende gesundheitliche Risiken entstünden.
Az.: G/3 815-00