Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 257/1999 vom 20.04.1999

Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse

Von den Mitgliedskommunen wurde mehrfach die Frage nach Einzelheiten bei der Neuregelung der 630 DM-Jobs zum 1. April 1999 gestellt. Aus diesem Grunde geben wir eine Mitteilung des BMF zu den steuerlichen Folgewirkungen der Neuregelung bekannt:

1. Steuerfreiheit

Geringfügige Beschäftigungen, für die vom Arbeitgeber pauschale Beiträge zur Rentenversicherung bezahlt werden, sind steuerfrei, wenn der Arbeitnehmer keine anderen Einkünfte hat, die in der Summe positiv sind. Zu den anderen Einkünften gehören alle Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG). Hierzu zählen insbesondere der Arbeitslohn aus einem anderen Dienstverhältnis, der Ertragsanteil einer Rente, Pensionen, Zinseinnahmen von mehr als 6.100 DM (Sparerfreibetrag und Werbungskostenpauschbetrag), Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung. Zu den Einkünften gehören auch die Unterhaltszahlungen des geschiedenen Ehegatten, sofern er hierfür den Sonderausgabenabzug in Anspruch nimmt. Steuerfreie Einnahmen, z.B. Mutterschaftsgeld oder Wohngeld, werden nicht angerechnet. Einkünfte des Ehegatten werden nicht berücksichtigt.

2. Steuerliche Nachweispflicht

Bei der Besteuerung oder Nichtbesteuerung von Einkünften aus geringfügiger Beschäftigung ist zwischen drei Möglichkeiten zu unterscheiden:

a) Freistellung von der Besteuerung
b) Besteuerung nach Lohnsteuerkarte
c) Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber

Neu ist dabei nur die erste Möglichkeit. Ist also die geringfügige Beschäftigung nicht steuerfrei oder wird dem Arbeitgeber keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, obwohl Steuerfreiheit in Betracht kommt, so sind die bisherigen Regelungen des Lohnsteuerabzugs einschließlich der Möglichkeit der Pauschalierung anzuwenden. Die sozialversicherungsrechtlichen Änderungen sind stets zu beachten. Soweit sich Steuerabzugsbeträge ergeben, sind sie - wie bisher - stets beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers anzumelden und zu entrichten.

a) Freistellung von der Besteuerung

Legt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Freistellungsbescheinigung vor, zahlt dieser den Lohn steuerfrei aus, sofern dafür pauschale Arbeitgeberbeiträge in Höhe von 12 % zur gesetzlichen Rentenversicherung zu entrichten sind.

Die Freistellungsbescheinigung muß der geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer bei dem für ihn zuständigen Wohnsitzfinanzamt beantragen. Er muß dabei erklären, daß er neben dem Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung keine weiteren Einkünfte bezieht. Für die Freistellungsbescheinigung gibt es amtliche Muster - erhältlich beim Finanzamt. Um die Steuerfreiheit berücksichtigen zu können, sollte der Arbeitnehmer also gegebenenfalls die Freistellungsbescheinigung des Finanzamts unverzüglich beantragen und an seinen Arbeitgeber weiterleiten. Eine Lohnsteuerkarte braucht er dann nicht zu beantragen. Das amtliche Antragsmuster ist zunächst auch auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen und per Faxabruf erhältlich (Internetadresse und Faxnummer s.u.).

Wird dem Arbeitgeber eine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, so hat er im Lohnkonto dieses Arbeitnehmers das Datum der Bescheinigung, die Steuernummer und das ausstellende Finanzamt sowie das steuerfrei ausgezahlte Arbeitsentgelt einzutragen. Nach Ablauf des Kalenderjahres oder am Ende des Beschäftigungsverhältnisses hat der Arbeitgeber auf der Freistellungsbescheinigung die Lohnsteuerbescheinigung zu erteilen, also das steuerfreie Arbeitsentgelt und die Dauer der Beschäftigung einzutragen.

b) Besteuerung nach Lohnsteuerkarte

Monatliche Besteuerung

Das Arbeitsentgelt aus geringfügiger Beschäftigung kann auch - wie bisher - nach Maßgabe einer vorgelegten Lohnsteuerkarte versteuert werden. Die Höhe des Steuerabzugs hängt dann entscheidend von der Lohnsteuerklasse ab. Bei Lohnsteuerklasse I (Alleinstehende), II (Alleinerziehende mit Kind) oder III (verheiratete Arbeitnehmer, bei denen der Ehegatte kein Arbeitsentgelt bezieht) ist für das Entgelt aus geringfügiger Beschäftigung keine Lohnsteuer einzubehalten.

Diese Möglichkeit ist besonders für Arbeitnehmer interessant, die selbst oder deren Ehegatten keine weitere Einkünfte beziehen, beispielsweise Studenten. Arbeitnehmer, die mehrere geringfügige Beschäftigungen ausüben oder neben einer Hauptbeschäftigung einer geringfügigen Nebenbeschäftigung nachgehen, können bei ihrer Gemeinde- oder Stadtverwaltung eine zweite Lohnsteuerkarte mit der Lohnsteuerklasse VI erhalten.

Bei geringfügig beschäftigten Ehegatten von Arbeitnehmern, Beamten oder Pensionären wird in der Regel die Wahl einer Lohnsteuerkarte mit der Lohnsteuerklasse V zum insgesamt günstigsten Steuerabzug im Laufe des Jahres führen. Es besteht aber auch weiterhin die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung (s.u.).

In der Lohnsteuerklasse V werden einem Arbeitnehmer von 630 DM Gehalt 109,66 DM Lohnsteuer, in der Lohnsteuerklasse VI werden von 630 DM Gehalt 149,41 DM Lohnsteuer einbehalten (Solidaritätszuschlag fällt bei diesen Lohnsteuerbeträgen nicht an; neben der Lohnsteuer kann Kirchensteuer zu erheben sein). Von diesen Steuerbeträgen erhält der Arbeitnehmer je nach Höhe seiner anderen Einkünfte und der Einkünfte seines Ehegatten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung unter Umständen einen Teil vom Finanzamt zurück.

Nachträgliche Steuerfreiheit

Wird/ist eine Lohnsteuerkarte vorgelegt, obwohl der Arbeitnehmer eine Freistellungsbescheinigung erhalten könnte, so kann die Steuerfreiheit auch noch im Veranlagungsverfahren berücksichtigt werden. Dies kann bei Ehegatten im Fall der Zusammenveranlagung von Bedeutung sein.

Besteuerung nach Ablauf des Jahres

Sollte sich nach Ablauf des Jahres herausstellen, daß der Arbeitnehmer neben der geringfügigen Beschäftigung noch andere in der Summe positive Einkünfte erzielt hat, so ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine Einkommensteuererklärung abzugeben. Dazu ist die Freistellungsbescheinigung mit der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers beizufügen.

Bei den bisher steuerfrei belassenen geringfügigen Einkünften wird dann im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung geprüft, ob sie zusammen mit den anderen Einkünften zu versteuern sind. Dies führt jedoch nur dann zu einer Steuerbelastung, wenn das zu versteuernde Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung und anderen Einkünften den Grundfreibetrag (1999: 13.067 DM/26.135 DM bei Einzelveranlagung/ Zusammenveranlagung) plus Arbeitnehmerpauschbetrag, Werbungskosten, Sonderausgaben, ggf. Altersentlastungsbetrag und andere steuerliche Abzugsmöglichkeiten überschreitet. Auch wenn die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit im Kalenderjahr nicht gegeben sind, weil das 630-DM-Arbeitsverhältnis mit anderen steuerpflichtigen Einkünften zusammentrifft, bedeutet das keineswegs, daß das 630-DM-Arbeitsverhältnis in jedem Fall mit Steuern belastet wird. Ob Steuer tatsächlich zu zahlen ist, hängt von der Höhe des zu versteuernden Einkommens ab.

Beispielsweise ist (unter voller Ausschöpfung des Grundfreibetrages sowie unter Berücksichtigung der üblichen steuerlichen Abzugsbeträge) das 630 DM Arbeitsverhältnis trotz seiner Steuerpflicht im Ergebnis nicht steuerbelastet, wenn

- gleichzeitig eine Rente aus der Gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich bis zu 3.050 DM (Alleinstehende) bzw. 7.713 DM (Verheiratete) bezogen wird (Annahme: Rentenbeginn mit 63 Jahren = Ertragsanteil 29 %) oder

- gleichzeitig eine Pension von monatlich bis zu rd. 1.385 DM (Alleinstehende) bzw. rd. 2.783 DM (Verheiratete) bezogen wird (Annahme: 63jähriger Pensionär)

- oder eine geschiedene, alleinerziehende Frau mit einem Kind Unterhaltsleistungen bis zu 1.245 DM monatlich erhält. (Annahme: Unterhaltsleistungen an den geschiedenen Ehepartner erfolgen im Rahmen des sog. Realsplittings).

c) Pauschalbesteuerung durch den Arbeitgeber

Die Möglichkeit der Pauschalierung der Lohnsteuer für geringfügig Beschäftigte durch den Arbeitgeber besteht unverändert weiterhin. Dies ist insbesondere von Bedeutung, wenn eine Freistellung von der Besteuerung nicht in Betracht kommt.

Danach kann der Arbeitgeber unter Verzicht auf die Vorlage einer Lohnsteuerkarte bei Arbeitnehmern, die nur in geringem Umfang beschäftigt werden, die Lohnsteuer mit einem pauschalen Steuersatz von 20 % des Arbeitslohns erheben. Hinzu kommen die pauschalierte Kirchensteuer (i.d.R. 7 % der Lohnsteuer) und der Solidaritätszuschlag (5,5 % der Lohnsteuer).

Die Pauschalierung der Lohnsteuer ist zulässig, wenn der Arbeitslohn bei monatlicher Zahlung 630 DM oder bei kürzeren Lohnzahlungszeiträumen wöchentlich 147 DM nicht übersteigt.

Nicht zulässig ist die Lohnsteuerpauschalierung bei Arbeitnehmern, deren Lohn durchschnittlich 22 DM je Arbeitsstunde übersteigt. Bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft beträgt die pauschale Lohnsteuer für Aushilfskräfte 5 % zusätzlich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.

Ein Antragsmuster für die Freistellungsbescheinigung des Arbeitnehmers und ein Vordruck für die Lohnsteuerbescheinung des Arbeitgebers, sowie eine ausführliche Information mit Fallbeispielen für verschiedene geringfügige Beschäftigungsverhältnisse sind auf den Internetseiten des Bundesministerium der Finanzen unter

www.bundesfinanzministerium.de

abrufbar.

Das Antragsmuster für die Freistellungsbescheinigung des Arbeitnehmers ist außerdem per Faxabruf im Bundesministerium der Finanzen erhältlich:

Fax-Nr.: 0228/682-4629

Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) hat zur Neuregelung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse eine Broschüre erstellt, die seit dem 24.03.1999 beim BMA, Rochusstraße 1, 53123 Bonn oder per Telefax unter 0228/527-2965 bezogen werden kann.

Az.: IV/1-920-03

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