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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 750/2003 vom 29.08.2003
Gesetzentwurf zum Hochwasserschutz
Das Bundesumweltministerium plant ein Artikelgesetz, mit welchem dem – nach Auffassung des Bundes bestehenden – Regelungs- und Vollzugsdefizit beim (vorbeugenden) Hochwasserschutz Rechnung getragen werden soll. Der Entwurf des Artikelgesetzes sieht Änderungen des Wasserhaushaltsgesetzes, des Baugesetzbuches, des Raumordnungsgesetzes, des Bundeswasserstraßengesetzes und des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst vor. Kommunalrelevante Änderungen mit erheblichen Auswirkungen auf die kommunale Planungspraxis finden sich im WHG, im BauGB und im ROG. Das Bundesumweltministerium sieht die Notwendigkeit, die nach seiner Auffassung bestehenden Regelungs- und Vollzugsdefizite beim Hochwasserschutz abzubauen. Dazu sei nicht nur eine konsequente Durchsetzung des geltenden Rechts, sondern auch die Fortentwicklung des bundesgesetzlichen Instrumentariums notwendig. Mit dem geplanten Artikelgesetz sollen geeignete Rechtsgrundlagen für einen umfassenden vorbeugenden Hochwasserschutz geschaffen werden. Dazu zählen nach Auffassung des Bundes insbesondere Maßnahmen, um
- eine flächendeckende Festsetzung von Überschwemmungsgebieten mit Regelungen zur wirksamen Bekämpfung der Hochwassergefahren durchzusetzen,
- den Hochwasserschutz auf überschwemmungsgefährdete Gebiete mit geeigneten Schutzregelungen auszudehnen,
- den Flüssen mehr Raum zu lassen, vor allem ihnen ihre natürlichen Überflutungsflächen zu erhalten oder zurückzugeben,
-Hochwasser dezentral zurückzuhalten,
-die Siedlungsentwicklung den Hochwassergefahren anzupassen,
-die durch Hochwasser drohenden Schäden zu mindern und
-die Unterhaltung und den Ausbau von Flüssen besser an den Erfordernissen des Hochwasserschutzes auszurichten.
Ein nunmehr veröffentlicher Erster Referentenentwurf sieht insbesondere folgende Änderungen vor:
1. Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz (WHG):
In einem neuen § 31 a werden die zentralen Ziele und Grundsätze des Hochwasserschutzes normiert. Dazu gehören insbesondere die Rückhaltung des Hochwassers als ausdrückliche Leitlinie der Gewässerbewirtschaftung sowie die Einführung einer allgemeinen Schadensminderungspflicht. In einem neuen § 31 b WHG soll geregelt werden, dass die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage in Überschwemmungsgebieten der Einzelgenehmigung durch die zuständige Behörde bedarf, wobei diese Genehmigung nur erteilt werden darf, wenn das Vorhaben die Belange des Hochwasserschutzes nicht bzw. nur unwesentlich beeinträchtigt. Mit Blick auf die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten wird auf ein mindestens hundertjährliches Bemessungshochwasser (HQ 100) abgestellt. Neu eingeführt werden sollen die sog. überschwemmungsgefährdeten Gebiete (§ 31 c). Hier sollen die Bundesländer verpflichtet werden, solche Gebiete zu ermitteln – nicht förmlich festzusetzen – und geeignete Schutzregelungen zu erlassen. Außerdem sollen die Länder verpflichtet werden (§ 31 d), flussgebietsbezogene Hochwasserschutzpläne aufzustellen und diese auch international abzustimmen. Dabei ist Ziel der Hochwasserschutzplanung die weitestmögliche Beherrschung der von mindestens zweihundertjährlichen Hochwasserereignissen (HQ 200) ausgehenden Gefahren.
2. Änderung des Baugesetzbuches (BauGB)
Es ist vorgesehen, dass in Flächennutzungsplänen (§ 5 BauGB) sowie in Bebauungsplänen (§ 9 BauGB) Überschwemmungsgebiete nachrichtlich übernommen und überschwemmungsgefährdete Gebiete vermerkt werden sollen. Darüber hinaus werden die Belange des Hochwasserschutzes in § 1 Abs. 5 BauGB sowie in § 35 Abs. 3 BauGB aufgenommen.
3. Änderungen des Raumordnungsgesetzes (ROG)
In den allgemeinen Vorschriften über Raumordnungspläne (§ 7) wird klargestellt, dass zur Freiraumstruktur auch Freiräume zur Gewährleistung des vorbeugenden Hochwasserschutzes gehören und dass Festlegungen zu den raumbedeutsamen Erfordernissen und Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes zur Aufnahme in Raumordnungspläne geeignet und erforderlich sein können.
Die Geschäftstelle weist ergänzend auf folgendes hin:
Die „Jahrhunderthochwasser“ der Jahre 1999 und 2002 haben deutlich werden lassen, dass ein grundsätzlicher Handlungsbedarf im Hinblick auf einen verbesserten (vorbeugenden) Hochwasserschutz besteht. Gefordert sind hier neben den Kommunen jedoch sowohl der Bund wie auch die Länder. Dennoch hält die Geschäftsstelle des StGB NRW in Übereinstimmung mit dem DStGB an ihrer Einschätzung fest, dass ein wirksamer (vorbeugender) Hochwasserschutz bei konsequenter Nutzung und Durchsetzung des geltenden Rechts bereits heute umfassend erreicht werden kann. Eine Änderung insbesondere des BauGB würde daher zu keinen (gesetzlichen) Verbesserungen führen, die kommunale Planungshoheit jedoch in nicht zu akzeptierender Weise einschränken. Notwendig erscheint vielmehr eine verbesserte Durchsetzung des geltenden Rechts und insbesondere die Gewährleistung einer länderübergreifenden Zusammenarbeit z.B. bei der Festlegung und Umsetzung von Aktionsplänen oder der dezentralen Rückhaltung von Hochwasser über die Landesgrenzen hinweg. Im übrigen ist zur Rechtslage in NRW auf folgendes hinzuweisen: Bereits heute werden in Nordrhein-Westfalen Überschwemmungsgebiete i.S.d. § 32 Wasserhaushaltsgesetz nach § 112 Landeswassergesetz NRW von der zuständigen Behörde durch ordnungsbehördliche Verordnung festgesetzt. Zuständige Behörde ist die Bezirksregierung. Die Festsetzung eines Überschwemmungsgebietes hat Auswirkungen auf die kommunale Bauleitplanung. Denn widerspricht ein Bebauungsplan einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet, so ist er rechtswidrig. Weiterhin ist zu bedenken, dass sich grundsätzlich eine Amtshaftung der Gemeinde (§ 839 BGB, Art. 34 GG) ergeben kann, wenn entgegen einer ordnungsbehördlichen Verordnung, mit welcher ein Überschwemmungsgebiet festgesetzt wird, neue Bebauungen in diesem Gebiet zugelassen werden. Die gleiche Haftungsfrage stellt sich grundsätzlich auch bei sog. überschwemmungsgefährdeten Gebieten, die nicht Bestandteil eines festgesetzten Überschwemungsgebietes sind. Wegen der Gefahr einer Amtshaftung aus Art. 34 GG, § 839 BGB ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Städte und Gemeinden als Träger der Bauleitplanung eine zielorientierte Bauleitplanung mit Blick auf Überschwemmungsgebiete und überschwemmungsgefährdete Gebiete vornehmen. Zugleich kann außerdem unter Rücksichtnahme auf die eingetretenen Flutschäden insbesondere im Bundesland Sachsen eine sachorientierte Bauleitplanung durch die Städte und Gemeinden erwartet werden, so dass es keiner weiteren gesetzlichen Regelung bedarf. Der nunmehr veröffentliche Referentenentwurf ist innerhalb der Bundesminsiterien noch nicht abschließend abgestimmt. Insofern ist zu erwarten, dass sich der Entwurf im weiteren Verfahren noch verändern wird. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) erarbeitet derzeit gemeinsam mit dem Deutschen Städtetag und dem Deutschen Landkreistag eine umfassende Stellungnahme zu dem Referentenentwurf. Die Geschäftsstelle wird über den Fortgang berichten.
Az.: II/2 20-00 qu/g