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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 646/2003 vom 07.08.2003
Gespräch mit NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück
Am 05.08.03 fand ein weiterer Meinungsaustausch von Vertretern des StGB NRW (Bürgermeister Roland Schäfer und Hauptgeschäftsführer Dr. Bernd Schneider) mit dem Ministerpräsidenten des Landes NRW, Herrn Peer Steinbrück, über aktuelle kommunalrelevante Themen statt. Diskutiert wurden insbesondere Fragen der Gemeindefinanzreform und der Reform der Mittelebene.
Gemeindefinanzreform
Am Vorabend des Gesprächs hatte die Regierungskoalition des Bundes zur Reform der Kommunalfinanzen in Hannover getagt. Nachdem zum Zeitpunkt des MP-Gesprächs noch keine schriftlichen Erkenntnisse, auch nicht beim Ministerpräsidenten, vorlagen, konnten nur einzelne Informationen ausgetauscht werden.
Der Ministerpräsident wies darauf hin, dass er weiter am kommunalen Modell festhalten wolle und für eine Gleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapital eintrete. Dies bedeute, so Steinbrück, dass es auch künftig in der Bemessunsgrundlage gewinnunabhängige Elemente wie Miete, Leasing, Pacht und Zinsen enthalten sein müssten.
Hinsichtlich der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe sei derzeit unklar, wie hoch die den Kommunen verbleibenden Einspareffekten seien. Die von Bundesfinanzminister Eichel genannten Zahlen von 4,5 Mrd. (2004) bzw. 5 Mrd. (2005) Euro als Entlastungshilfe für die Kommunen seien daher nicht belastbar. Sowohl der Präsident als auch der Hauptgeschäftsführer betonten zwar die Richtigkeit der Einbeziehung der Freiberufler. Aber völlig inakzeptabel sei der Versuch der Bundesregierung durch Abschaffung der bereits bestehenden Hinzurechnungen die Gewerbesteuer in eine reine Ertragssteuer umzuwandeln. Damit würde der unheilvolle Weg der Demontage fortgesetzt. Wer insoweit von Reformen spreche verhalte sich mehr als zynisch. Die Kommunen würden, so Präsident Schäfer, bei einer derartigen "Reform" sowohl strukturell als auch vom Volumen schlechter stehen als vor der Änderung. Denn die Abschaffung der ertragsunabhängigen Elemente würde die Steuer noch konjunkturabhängiger machen und zu weiteren Einbrüchen führen. Die durch die Einbeziehung Freiberuflicher prognostizierten Mehreinnahmen (höchstens 500 Mio. Euro bundesweit) könnten diese Ausfälle nicht ausgleichen. Die Gemeindefinanzrefom ist dann als gescheitert anzusehen.
Dr. Schneider wies darauf hin, dass die bislang bekannten Zahlen des Bundes hinsichtlich der Krippenplatzversorgung sehr fraglich seien. Nach einer Berechnung des StGB NRW würden allein in NRW bei einer 20%igen Krippenplatzversorgung ca. 1 Mrd. Euro erforderlich sein.
Präsident Schäfer äußerte seine Enttäuschung darüber, dass die guten Vorarbeiten der Gemeindefinanzreform, die letztlich auch von allen Politikern getragen wurden, offensichtlich wirkungslos seien. Dr. Schneider erläuterte abschließend zu diesem Thema, dass in den letzten Jahren die Defizite der Verwaltungshaushalte der Kommunen in NRW auf zu erwartende 4,5 Mrd. Euro gestiegen seien. Ein Großteil der Kommunen im Land befinde sich in der Haushaltssicherung, für diese Kommunen, aber auch für die anderen würden sich demnächst unlösbare Probleme zur Finanzierung der ihnen obliegenden Aufgaben ergeben.
Reform Mittelebene
Ministerpräsident Steinbrück informierte über seine Reformvorstellungen und kündigte erste Gespräche mit der CDU nach der Sommerpause an. Präsident Schäfer erklärte, dass sich der Städte- und Gemeindebund im Rahmen einer einheitlichen kommunalen Position konstruktiv an einer Reform auch der Mittelebene beteiligen wolle. Alle Möglichkeiten, durch Abbau überflüssiger Bürokratien und Ineffizienzen Kosten zu sparen, müssten energisch genutzt werden.
HGF Dr. Schneider wies darauf hin, dass mit einer Reform der Mittelebene auch weitere, wichtige Struktur- und Aufgabenreformen im Verhältnis der Kreise zu den kreisangehörigen Städte und Gemeinde umzusetzen seien. Für die Städte und Gemeinden in NRW sei insbesondere die Herabsenkung der Schwellenwerte von 60.000 auf 50.000 und von 25.000 auf 20.000 Einwohner wichtig. Die kommunale Finanznot erfordere auf absehbare Zeit weitere umfassende Einsparungen. Hierzu sei es unabdingbar, dass die gesetzlichen Hindernisse für eine umfassende interkommunale Zusammenarbeit der Gemeinden und Kreise insbesondere
bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung beseitigt würden.
Ein weiterer zentraler Punkt für den Fall der Aufgabenverlagerung auf die Landkreise sei eine Stärkung der Städte und Gemeinden. Dies sei insbesondere dadurch zu erreichen, dass die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ein passives Wahlrecht für die Kreistage erhielten. In anderen Bundesländern seien hiermit sehr gute Erfahrungen gemacht worden. Nordrhein-Westfalen sei neben einem weiteren Land das einzige in Deutschland, wo dies derzeit noch nicht möglich sei.
Zum Schluss des einstündigen Gespräches bedankte sich Präsident Schäfer beim Ministerpräsident für die Offenheit und konstruktive Art der Diskussion. Das Gespräch offenbarte, so Schäfer weiter, dass Kommunen und Landesregierung auf vielen Politikfeldern eng und harmonisch zusammen arbeiteten. Ministerpräsident Steinbrück bedankte sich ebenfalls für das Gespräch und die Unterstützung des Verbandes bei der Gemeindefinanzreform.
Az.: G/3