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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 532/2003 vom 23.06.2003
Gewerbeabfallverordnung und Pflicht-Restmülltonne
Aus gegebenen Anlass weist die Geschäftstelle auf folgendes hin: Nach § 7 Satz 4 GewAbfV sind Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen verpflichtet, einen Abfall-Behälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers in angemessenem Umfang nach dessen näheren Festlegungen, mindestens aber einen Behälter zu nutzen (§ 7 Satz 4 GewAbfV). Hintergrund dieser Regelung ist die Erfüllung der Abfallüberlassungspflicht nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG für „Abfälle zur Beseitigung“.
Grundsätzlich ist zu beachten, dass § 7 Satz 4 GewAbfV von Erzeugern und Besitzern von gewerblichen Siedlungsabfällen spricht und nicht von Grundstückseigentümern. Hieraus folgt, dass eine sog. Pflicht-Restmülltonne nicht pro Grundstück, sondern pro Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen auf dem jeweiligen Grundstück in Benutzung zu nehmen ist. Befinden sich demnach auf einem Grundstück z.B. 3 Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen (Supermarkt, Drogeriemarkt, Pizzeria), so hat jeder dieser Abfallbesitzer/-erzeuger von gewerblichen Siedlungsabfällen eine Pflicht-Restmülltonne nach § 7 Satz 4 GewAbfV zu benutzen. In der Praxis bedeutet dieses, dass entweder jeder Abfallbesitzer/-erzeuger für sich allein jeweils eine Pflicht-Restmülltonne benutzt oder eine einzige, gemeinsame Pflicht-Restmülltonne für alle Abfallbesitzer/-erzeuger aufgestellt wird. Weiterhin folgt aus der Verordnungs-Begründung, dass die Pflicht zur Benutzung einer Pflicht-Restmülltonne nach § 7 Satz 4 GewAbfV ohne Ausnahme besteht, weil nach den Erfahrungen der Vollzugspraxis bei jedem Erzeuger und Besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen Abfälle anfallen, die nicht verwertet werden (Bundestags-Drucksache 14/9107, S. 18; 14/7328, S. 18). Hierzu gehören z.B. überfällige bzw. verdorbene Lebensmittel, Essensreste, Kaffeefilter, Zigarettenkippen, benutzte Damenbinden/ Tampons, Küchenschwämme, Schwammtücher, Staubsaugerbeutel, Kehricht, defekte Kugelschreiber, benutzte Papiertaschentücher. Damit wird dem Pauschal-Einwand es fielen überhaupt keine überlassungspflichtigen Abfälle zur Beseitigung an, durch § 7 Satz 4 Gewerbeabfall-Verordnung grundsätzlich die Grundlage entzogen.
§ 7 Satz 4 GewAbfV beruht insoweit auf der von der allgemeinen Lebenserfahrung getragenen Überzeugung des Verordnungsgebers, dass bei allen anderen Herkunftsbereichen als privaten Haushaltungen, etwa jedem Wirtschaftsunternehmen und jeder privaten und öffentlichen Einrichtung – ähnlich wie bei jeden Privathaushalt -, auch bei vollständiger Erfüllung der Verwertungspflichten nach den Vorgaben der Gewerbeabfall-Verordnung „Abfälle zur Beseitigung“ anfallen ( vgl. Ziffer 2.1 der Vollzugshinweise der LAGA zu § 7 GewAbfV). Ein Nachweis, dass bei einem einzelnen Abfallerzeuger entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung keinerlei Abfall zur Beseitigung anfällt und folglich ein kommunaler Restabfallbehälter nicht zu benutzen ist, wird durch die Gewerbeabfall-Verordnung zwar nicht ausgeschlossen, dürfte aber wohl kaum schlüssig und nachvollziehbar zu führen sein, zumal etwa überfällige bzw. verdorbene Lebensmittel, Essensreste, Zigarettenkippen, benutzte Damenbinden/ Tampons, Küchenschwämme, Schwammtücher, Staubsaugerbeutel, Kehricht, defekte Kugelschreiber, benutzte Papiertaschentücher usw. auch bei gewerblichen Abfallbesitzern/-erzeugern regelmäßig anfallen.
§ 7 Satz 4 GewAbfV hat damit eine eigenständige Bedeutung gegenüber den Regelungen in § 7 Satz 1 bis 3 GewAbfV, wo lediglich die schon nach §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 15 Abs. 1 KrW-/AbfG bestehende Rechtslage wiedergegeben wird. § 7 Satz 4 GewAbfV ordnet mithin an, dass alle Abfallerzeuger/-besitzer von gewerblichen Siedlungsabfällen mindestens einen Restabfall-behälter des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers zu nutzen haben. Ein Verstoß gegen die Maßgabe in § 7 Satz 4 GewAbfV stellt nach § 11 Nr. 9 GewAbfV sogar eine Ordnungswidrigkeit dar.
Eine anderweitige Auslegung der Regelungssystematik in § 7 GewAbfV, etwa eine optionale, d.h. in das Belieben des gewerblichen Abfallerzeugers/-besitzern, gestellte Nutzung des Restabfallbehälters des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers, würde demnach dem Sinn und Zweck der Gewerbeabfall-Verordnung nicht gerecht, da der Verordnungsgeber sich dann die umfangreichen Regelungen insbesondere zur Getrennthaltung von Abfällen in der Gewerbeabfall-Verordnung (§ 3, 8 GewAbfV) hätte gänzlich ersparen können. Ziel der Gewerbeabfall-Verordnung war es aber insbesondere, der Erfahrungspraxis und allgemeinen Lebenserfahrung Rechnung zu tragen, wonach auch bei gewerblichen Abfallbesitzern/-erzeugern - ähnlich wie in einem privaten Haushalt – selbst bei einer vollständigen und ordnungsgemäßen Erfüllung der Pflichten zur Abfallverwertung „Abfälle zur Beseitigung“ anfallen (Bundestags-Drucksache 14/9107, S. 18 ; 14/7328, S. 18; Rühl Recht der Abfallwirtschaft 2002, S. 14ff., S. 17; Schink, UPR 2002, S. 401ff., S. 407ff.; Queitsch, UPR 2003, S. 131ff., S. 134)
In diesem Zusammenhang ist § 7 Satz 4 GewAbfV demnach die Folge der Getrennthaltungspflichten in § 3 GewAbfV und der Regelungsgrundlage in §§ 7 Abs. 1 Nr. 2, 12 Abs. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG Anforderungen, d.h. Vorgaben, für die Getrennthaltung von Abfällen zu regeln. Die Befugnis nach § 7 Abs.1 Nr. 2 KrW-/AbfG Anforderungen an die Getrennthaltung von Abfällen zu regeln soll dabei insbesondere im Interesse einer sortenreinen Verwertung Vermischungen und Verunreinigungen der Abfälle vorbeugen und dient damit der Konkretisierung der Maßgabe in § 5 Abs. 2 Satz 4 KrW-/AbfG, die anderenfalls praktisch ins Leere ginge (vgl. Kunig in: Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Kommentar, 2. Aufl. 2003, § 5 Rz. 16; Mann in: Jarass/Ruchay/Weidemann, KrW-/AbfG, Loseblatt-Kommentar, § 7 Rz. 32). Vor diesem Hintergrund ist eine ordnungsgemäße, schadlose und nach Möglichkeit hochwertige Verwertung nicht erreichbar, wenn etwa verwertbare Abfälle wie z.B. Papier und Pappe mit Essensresten, verdorbenen Lebensmitteln, Abfällen aus dem Toilettenbereich (benutzte Damenbinden, Tampons), Zigarettenkippen, blutbenetzten Abfällen aus dem medizi-nischen Bereich vermischt werden (vgl. VGH Baden-Württemberg , Beschluss vom 31.05.1999 - Az.: 10 S 2766/98, Städte- und Gemeinderat, Heft 10/1999, S. 28, wonach nicht nachvollziehbar ist, weshalb ein übel riechendes Abfallgemisch bestehend aus Zigarettenkippen, Eierschalen, Salatblättern „Abfall zur Verwertung“ sein soll). In diesem Zusammenhang hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15.6.2000 (Az.: 3 C 4.00, NVwZ 2000. S. 1178f.) darauf verwiesen, dass das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz zwar kein generelles Vermischungsverbot für „Abfälle zur Beseitigung“ und „Abfälle zur Verwertung“, sondern nur relative Getrennthaltungsgebote (§§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 2 KrW-/AbfG) kenne, gleichwohl eine Getrennthaltung von „Abfällen zur Verwertung“ und „Abfällen zur Beseitigung“ verlangt werden könne, wenn unter anderem durch Rechtsverordnung nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 KrW-/AbfG und § 12 Abs. 1 Nr. 1 KrW-/AbfG Anforderungen an die Getrennthaltung von Abfällen aufgestellt werden (vgl. Bundestags-Drucksache 14/7328, S. 11). Diese Anforderungen an die Getrennthaltung von Abfällen regelt nunmehr die seit dem 1.1.2003 geltende Gewerbeabfall-Verordnung. Dabei begeht ein Abfallbesitzer/-erzeuger von gewerblichen Siedlungsabfällen nach § 11 Nr. 3 GewAbfV eine Ordnungswidrigkeit, wenn er z.B. entgegen den Trennungsmaßgaben in § 4 Abs. 1 GewAbfV Abfälle in einen Abfallbehälter sammelt.
Az.: II/2 31-02 qu/g