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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 401/2017 vom 12.06.2017
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mieten für Konzertsäle
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ein Urteil zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Mieten für Konzertsäle gefällt. Konzertveranstalter müssen die Kosten für die tageweise Anmietung von Konzertsälen und anderen Veranstaltungsstätten bei der Gewerbesteuer anteilig ihrem Gewinn hinzurechnen, wie mit Urteil vom 08.12.2016, Az. IV R 24/11, entschieden wurde.
Der BFH hat in der Entscheidung klargestellt, dass von fiktivem Anlagevermögen als Grundlage der Hinzurechnung nur dann ausnahmsweise nicht auszugehen sei, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten unbeweglichen Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen. Einen derartigen Sonderfall hatte der BFH bei einer Durchführungsgesellschaft bejaht, die nur aufgrund auftragsbezogener Weisungen eines Auftraggebers bestimmte (Messe-)Flächen angemietet hatte (vgl. hierzu StGB NRW-Mitteilung 163/2017 vom 10.02.2017 „BFH zu gewerbesteuerrechtlicher Hinzurechnung bei Messeflächen“ zum BFH Urt. v. 25.10.2016, I R 57/15, BFHE 255, 280).
Sachverhalt
Im Urteilsfall veranstaltete die Klägerin Konzerte und mietete hierfür verschiedene Immobilien wie Theater, Konzertsäle, Stadien und Arenen an. Im Streitjahr 2009 betrug die Mietdauer regelmäßig einen Tag, in Ausnahmefällen bis zu acht Tagen. Die Klägerin mietete 13 verschiedene Objekte rund 160-mal an. Ein Objekt mietete sie 61-mal, ein Objekt 42-mal, ein Objekt 30-mal, ein Objekt zwölfmal und die weiteren Objekte zwischen ein- und viermal an.
Die Klägerin zog die Kosten für diese Mieten von ihrem Gewinn ab, nahm jedoch keine Hinzurechnung eines Anteils dieser Ausgaben nach § 8 Nr. 1 Buchst. e des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) vor. Nach dieser Regelung sind Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen anteilig dem Gewinn aus Gewerbetrieb hinzuzurechnen.
Der Beklagte, das Finanzamt, erhöhte die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer und nahm in dem Gewerbesteuermessbescheid für 2009 vom 19.08.2010 gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e des GewStG in der für das Streitjahr 2009 maßgeblichen Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes (UntStRefG) 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912), geändert durch das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007 (BGBl I 2007, 3150) eine Hinzurechnung von 1/4 aus 13/20 der von der Klägerin gezahlten Miet- und Pachtzinsen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags vor. Dadurch erhöhte sich der festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag gegenüber dem Erklärten um 9.293 EUR.
Nach § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet ein Viertel der Summe aus dreizehn Zwanzigstel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines Anderen stehen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der Beträge i. S. von § 8 Nr. 1 Buchst. a bis f GewStG 100.000 EUR übersteigt.
Entscheidungsgründe
Der BFH hatte das Verfahren wegen eines zunächst anhängigen Normenkontrollersuchens eines anderen Finanzgerichts über die Verfassungskonformität der streitigen Regelung bei dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ausgesetzt. Nachdem das BVerfG entschieden hatte, bestätigte der BFH die durch das FA getroffene Entscheidung. Eine gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung gezahlter Mieten ist danach schon dann vorzunehmen, wenn das Unternehmen des Steuerpflichtigen auf das Vorhandensein entsprechender Räume angewiesen ist. Unerheblich ist es hierbei, wenn sehr unterschiedliche Immobilien nur für kurze Zeit angemietet werden. Es muss auch nicht hypothetisch geprüft werden, ob der Steuerpflichtige jede einzelne Immobilie für die jeweilige Veranstaltung statt mieten auch hätte kaufen können.
In den Entscheidungsgründen führt der BFH dazu aus, dass die Hinzurechnungsnorm, wie auch schon die in § 8 Nr. 7 GewStG a. F. geregelt, eine fiktive Zuordnung zum Anlagevermögen des Mieters oder Pächters, da die Gegenstände mangels Eigentums seinem Betriebsvermögen nicht zugeordnet werden können. Es ist darauf abzustellen, ob die Wirtschaftsgüter Anlagevermögen des Mieters oder Pächters wären, wenn er ihr Eigentümer wäre. Bei dieser Prüfung ist das Eigentum des Mieters oder Pächters zu fingieren. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG begründet insoweit eine voraussetzungslose Fiktion der Eigentümerstellung. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck, der Systematik und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift.
Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen des UntStRefG 2008 für eine Ausweitung der Hinzurechnungen auf alle Fremdkapitalzinsen und deren Substitute entschieden (BTDrucks. 16/4841, S. 31). Diese Hinzurechnung bezweckt, den für die Besteuerung maßgebenden Gewerbeertrag unabhängig von der Art und Weise der für die Kapitalausstattung des Betriebs zu entrichtenden Entgelte zu bestimmen (BTDrucks 16/4841, S. 78); es soll der sog. objektivierte Gewerbeertrag unabhängig von der Art der Unternehmensfinanzierung erfasst werden.
Die hiermit bezweckte gewerbesteuerliche Gleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital knüpft an die vorgefundene Unternehmensfinanzierung durch den Steuerpflichtigen an. Das Gesetz verlangt keine Prüfung, ob die im jeweiligen Fall durch den Steuerpflichtigen gewählte Unternehmensfinanzierung auch anders hätte erfolgen können, oder ob eine Erwerbsalternative für den Fall des Fremd(sach)kapitals bestanden hätte oder ein Erwerb als Anlagegut vorstellbar gewesen wäre. Wollte man dies anders beurteilen, so der BFH, gelangte man zu einem kaum praktikablen Gesetzesvollzug, der zugleich mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden wäre.
Daneben spreche die Gesetzessystematik für ein derartiges Verständnis. Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Anlage- oder Umlaufvermögen setze voraus, dass der Steuerpflichtige deren (wirtschaftlicher) Eigentümer ist. Die Frage nach der Eigentümerstellung ist daher der Zuordnung zum Anlage- oder Umlaufvermögen notwendig vorgeschaltet. Diese Eigentümerstellung wird von § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG voraussetzungslos fingiert, um die Prüfkriterien für die notwendige Unterscheidung zwischen dem Vorliegen von Anlage- oder Umlaufvermögen auf den nur obligatorisch Nutzungsberechtigten übertragen zu können.
Der Tatbestand des § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG kann daher nicht dahingehend einschränkend ausgelegt werden, seine Anwendung setze voraus, dass vergleichbare Eigentümerbetriebe bestünden oder eine Wahlmöglichkeit zwischen Miete/Pacht einerseits und Erwerb andererseits gegeben sei. Demnach kommt es auch nicht darauf an, ob neben dem Erwerb auch das Halten der Immobilie(n) und eine etwaige spätere Veräußerung sich noch als rentabel erweisen würden.
Weiter legt der BFH dar, dass von fiktivem Anlagevermögen nur dann nicht auszugehen sei, wenn der Steuerpflichtige die angemieteten oder gepachteten unbeweglichen Wirtschaftsgüter nicht ständig für den Gebrauch in seinem Betrieb hätte vorhalten müssen. Einen derartigen Sonderfall hatte der BFH bei einer Durchführungsgesellschaft bejaht, die nur aufgrund auftragsbezogener Weisungen eines Auftraggebers bestimmte (Messe-)Flächen angemietet hatte. Angesichts der Zufälligkeit der Auswahlentscheidung des Auftraggebers konnte in diesem Fall nicht mehr davon ausgegangen werden, dass die Durchführungsgesellschaft entsprechende Flächen ständig in ihrem Betrieb vorgehalten hätte (BFH-Urteil in BFHE 255, 280, Rz. 21).
Entgegen der Auffassung der Klägerin greife die Eigentumsfiktion unabhängig davon ein, ob der Erwerb der Veranstaltungsimmobilien für sie wirtschaftlich sinnvoll gewesen wäre, denn die Eigentümerstellung wird voraussetzungslos fingiert. Zudem hat das FG festgestellt, dass die Klägerin nach ihrem Geschäftszweck, der Veranstaltung von Konzerten, auf die Verfügbarkeit von Veranstaltungsimmobilien angewiesen ist. Demnach hätte sie diese Immobilien ständig für den Gebrauch in ihrem Betrieb vorhalten müssen. Unschädlich sei, dass die Klägerin die Immobilien zum überwiegenden Teil nur für kurze Frist angemietet hat, und dass diese Immobilien von ihrer Lage, ihrem Zuschnitt und der Kapazität für Besucher starke Unterschiede aufgewiesen haben.
Das Urteil des BFH vom 08.12.2016 kann im Internet unter Aktenzeichen IV R 24/11 unter www.bundesfinanzhof.de heruntergeladen werden.
Az.: 41.6.2.1-006/003 mu