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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 724/1998 vom 20.12.1998
Gewerbesteuerzerlegung bei der Deutschen Telekom AG
Wir hatten zuletzt mit Schnellbrief vom 09. Januar 1998 und in den "Mitteilungen" NWStGB 14/1998 (Nr. 372, S. 212 ff.) über den Stand der Gespräche zur Zerlegung des gewerbesteuerlichen Meßbetrages der DTAG informiert. Zwischenzeitlich haben am 11.08.1998 und 02.11.1998 im Finanzministerium NRW weitere Gespräche zwischen Vertretern der Finanzverwaltung, der DTAG, des DST und des DStGB stattgefunden. An dem vorbereitenden Gespräch mit dem DST waren auch Vertreter der Geschäftsstelle des NWStGB beteiligt.
Zur Vorbereitung des Gesprächs am 11. August 1998 hatte das Finanzministerium einen neuen Diskussionsvorschlag unterbreitet, der sich zu je einem Viertel aus den Arbeitslöhnen je Betriebsstätte, der Anzahl der Arbeitnehmer je Wohnort, dem Wert der"oberirdischen, bodenfesten Betriebsanlagen" je Gemeinde und dem Umsatz je Gemeinde zusammensetzt. In Vorgesprächen mit dem DStGB war man sich auch seitens des NWStGB nach Beratungen im Finanzausschuß einig, daß dieser Zerlegungsschlüssel akzeptabel sei, sofern das Merkmal "Betriebsanlagen" sich auch auf das unterirdische Leitungsnetzwerk beziehe. Denn vor allem die Verlegung unterirdischer Netze bringt regelmäßig erhebliche Belastungen für die Gemeinden mit sich. Zur Zeit wird von der DTAG geprüft, inwieweit die erforderlichen Angaben für eine Zerlegungserklärung ermittelbar sind. Die Betriebsanlagen hinsichtlich des unterirdischen Leitungsnetzwerks werden derzeit im Anlagespiegel der DTAG nicht gemeindescharf ausgewiesen. Sollte eine gemeindebezogene Ermittlung auch der unterirdischen Betriebsanlagen nicht möglich sein, hätte dieses Kriterium für die Zerlegung keinerlei Aussagekraft. Sinnvoller wäre es dann, die wirtschaftliche Bewertung auch des unterirdischen Netzes, das ja die Mehrgemeindlichkeit der DTAG begründet, mittels einer stärkeren Gewichtung des Kriteriums Umsatz (z.B. 50 v.H.) zu erfassen.
Im Bewußtsein, daß ein von allen Beteiligten getragener Zerlegungsschlüssel nur gefunden werden kann, wenn sowohl der kreisfreie als auch der kreisangehörige Raum die nötige Kompromißbereitschaft entwickelt, wäre in einem zweiten Schritt weiterhin denkbar, auf das Wohnortprinzip zu verzichten und stattdessen das Betriebsstättenprinzip, d.h. die Arbeitslöhne ebenfalls mit 50 v.H. zu gewichten.
Mit dem Verzicht auf die Einbeziehung der Anzahl der Beschäftigten würde man überdies einer neueren Rechtsprechung Rechnung tragen. Nach Auffassung der Finanzverwaltung, die sich an der bisherigen Rechtsprechung orientiert, sollen mit der Einbeziehung des Wohnsitzprinzips die Lasten abgedeckt werden, die den Gemeinden durch ansässige Arbeitnehmer entstehen. Das Finanzgericht Baden-Württemberg allerdings hat in einem neuen, noch nicht rechtskräftigen Urteil vom 22. Dezember 1997 (12 K 60/97) in bezug auf Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Gleichsetzung Arbeitnehmer Einwohner = (zusätzliche) Gemeindelast für nicht mehr sachgerecht angesehen. Der Senat hat grundsätzliche Bedenken, die Gemeindelast im Sinne des § 30 Gewerbesteuergesetz proportional zur Zahl der Einwohner zu setzen. Das Gericht begründet diese Auffassung mit dem Umstand, daß die Einwohnerzahl bereits bei der Bedarfsbemessung im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs berücksichtigt wird und außerdem sich der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer nach der Einkommensteuerleistung der ansässigen Bürger bemißt.
Sowohl der Finanzausschuß des Deutschen als auch des NW-Städte- und Gemeindebundes haben auf ihren letzten Sitzungen die Überlegungen der Geschäftsstellen gebilligt, mit einem Kompromißvorschlag in die weiteren Verhandlungen mit dem NRW-Finanzministerium zu gehen, der sich hälftig aus den Kriterien Umsatz und Arbeitslöhne zusammensetzt. Damit könnte man der Gefahr langjähriger Prozesse und einer damit verbundenen Planungsunsicherheit für die Städte und Gemeinden entgegenwirken. Bei einer Wohnsitzorientierung bestünde die Gefahr, daß ein derartiger Zerlegungsschlüssel gerichtlicherseits als nicht sachgerecht beurteilt würde. Auch der DST, der sich zunächst strikt gegen eine Abkehr von der Regelzerlegung ausgesprochen hatte, signalisiert mittlerweile Bereitschaft für ein Zerlegungskriterium mit einer stärkeren Umsatzgewichtung ohne Berücksichtigung des Wohnortprinzips. Der DST gab zu erkennen, daß bei einer Einbeziehung des Wohnsitzkriteriums mit zahlreichen Einsprüchen von Großstädten gerechnet werden müsse.
Überraschend haben die Vertreter des DST dann in dem weiteren Gespräch am 02. November 1998 erklärt, daß der angedachte Kompromiß (je 50 v.H. für Umsatz und Arbeitslöhne) nur dann akzeptiert werden könne, wenn sichergestellt sei, daß der Umsatz nach der Adresse des Leistungsortes und nicht nach der Rechnungsadresse erfaßt werde. Hintergrund ist die Praxis einiger Großunternehmen nach Einschätzung der DTAG sind es bundesweit etwa 100 bis 150 Kunden ihre Telefonrechnungen nicht an die jeweiligen Standorte, sondern an einen zentralen Ort senden zu lassen. Dies bedeutet, daß die entstandenen Umsätze dann nur bei der Gemeinde der Rechnungsadresse Berücksichtigung finden. Im Bewußtsein, daß bei einer Gewerbesteuerzerlegung nach § 30 Gewerbesteuergesetz eine Einzelfallgenauigkeit nie erreicht werden kann, ist diese Vorgehensweise nach Auffassung des DStGB und des NWStGB akzeptabel. Die DTAG erklärte, daß sie im Sinne eines notwendigen Kompromisses bereit sein könnte, die für die Umstellung der Umsatzerfassung erforderlichen Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe zu tätigen, wenn davon der allgemeine Konsens unter den kommunalen Spitzenverbänden für einen Schlüssel von 50/50 abhänge.
Die Vertreter des DStGB haben im Einvernehmen mit dem NWStGB zu Recht deutlich gemacht, daß eine höhere Gewichtung der Arbeitslöhne als 50 v.H. für den kreisangehörigen Raum keinesfalls akzeptabel sei. Auch das Finanzministerium ließ keinerlei Bereitschaft erkennen, von dem in mehreren Gesprächen nun gefundenen Schlüssel von 50/50 abzuweichen.
Das Finanzministerium NRW wird den kommunalen Spitzenverbänden in Kürze einen schriftlichen Vorschlag unterbreiten.
Az.: IV-932-01