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StGB NRW-Mitteilung 349/1997 vom 20.07.1997

Gipfeltreffen europäischer Regionen und Kommunen

Am 15. und 16. Mai 1997 fand in Amsterdam ein Gipfeltreffen europäischer Regionen und Kommunen statt. Die Veranstaltung, zu der vom Ausschuß de regionalen und kommunalen Gebietskörperschaften (Ausschuß der Regionen) eingeladen wurde, hatte die Funktion, kurz vor dem Abschluß der Regierungskonferenz zur Reform des Maastrichter Vertrages noch einmal deutlich vernehmbar die Bedeutung der Kommunen und Regionen in Europa und deren Forderungen an die Reform des Maastrichter Vertrages in Erinnerung zu bringen.

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Nachstehend die verabschiedete Schlußerklärung zur Kenntnis:

Europäischer Gipfel der Regionen und Städte

Schlußerklärung

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Die Vertreter der europäischen Regionen und Städte, die sich am 15. und 16. Mai 1997 zu einem Gipfeltreffen in Amsterdam versammelt haben, erklären:

1. Die europäische Integration hat den Bürgern in den letzten 40 Jahren große Vorteile gebracht. Wo die Völker Krieg gegeneinander führten, herrscht heute Frieden. Wo es Diktaturen gab, hat die Freiheit gesiegt. Wo die Menschen unter Armut litten, ist Wohlstand eingekehrt. Wo Schranken und Zölle den Handel behinderten, gibt es heute einen Binnenmarkt mit der Freiheit des Verkehrs von Waren, Dienstleistungen und Kapital sowie der Freizügigkeit für die Bürger. Den Rissen, die sich in der Gesellschaft aufzutun drohen, wird mit einer Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts begegnet.

Diese Fortschritte sind gewaltig. Sie schaffen aber auch neue Probleme, neue Herausforderungen. Die Europäische Union steht heute vor der Notwendigkeit, ihre Institutionen zu reformieren, um schneller entscheiden und besser funktionieren zu können. Die Wirtschafts- und Währungsunion stellt die Gemeinschaft, die sich erweitern will, ohne den Zusammenhalt zu gefährden, vor eine Bewährungsprobe bisher unbekannten Ausmaßes.

2. Wir sind überzeugt, daß Europa zur Bewältigung dieser Herausforderungen der vollen Unterstützung der Regionen, Städte und Gemeinden in ihrer Vielfalt und in ihrer Autonomie bedarf.

Wir sind bereit, unsere Verantwortung wahrzunehmen und unsere Fähigkeiten für Europa nutzbar zu machen, indem wir uns stärker an der Ausarbeitung der Gemeinschaftspolitiken beteiligen.

Nur wenn die Europäische Union durch eine Reform auf diesem Weg voranschreitet, wird sie fähig sein, ihren Bürgern eine bessere Zukunft zu bieten.

Diese Reform erfordert eine Vereinfachung und Bereinigung des Entscheidungsprozesses, ohne die die Union nicht funktionieren kann und die für ihre Legitimation und Glaubwürdigkeit unerläßlich ist. Die Europäische Union muß aus unserer Sicht handlungsfähiger und bürgernäher werden.

Wir wollen dazu beitragen, eine politische Union der Völker Europas zu schaffen, in der die Entscheidungen gemäß dem Subsidiaritätsprinzip auf der am besten geeigneten und möglichst bürgernahen Verwaltungsebene getroffen werden.

Je mehr die Regionen und Kommunen Europas mitgestalten, desto besser können sie gemeinsam mit den Europa- Abgeordneten die Rolle eines Mittlers für die Bürger übernehmen.

Je weniger die Städte und Regionen einbezogen werden, desto weniger können sie mithelfen, das Mißtrauen gegenüber dem fernen "Brüssel" abzubauen.

Wir erwarten vom Europäischen Rat, der am 16./17. Juni in Amsterdam mit dem Abschluß der Regierungskonferenz 1996/97 maßgebliche Änderungen am Vertrag verabschieden wird, eine erste Weichenstellung auf dem Weg, die europäischen Institutionen den Bürgern näher zu bringen.

3. Eigenverantwortlichkeit der Regionen und kommunale Selbstverwaltung sind Grundbedingungen für ein Europa, das Einheit herstellt und kulturelle Vielfalt bewahrt. Zur Globalisierung und Europäisierung bilden die Regionen und Kommunen die notwendige Antwort und das unerläßliche Gegengewicht. Sie sind der Raum, in dem die Bürger Identität, Heimat und Geborgenheit finden.

Nur im Miteinander aller Ebenen läßt sich Europas Zukunft gestalten. Politik kann sich nur kommunal, regional, staatlich und supranational abgestimmt und nicht gegeneinander entfalten. Diese Abstimmung muß sich auf die Subsidiarität als Ordnungsprinzip unter Wahrung der Besonderheiten jedes Mitgliedsstaats stützen.

4. Die europäischen Regionen und Städte wenden sich an die Regierungskonferenz mit konkreten Forderungen:

A: Die Mitsprache der Regionen, Städte und Gemeinden muß durch eine Ausdehnung der Beratungsbefugnisse des Ausschusses der Regionen erheblich verbessert werden, insbesondere dadurch,

- daß dem Ausschuß in Verwaltungs- und Haushaltsangelegenheiten volle Autonomie (d.h. Unabhängigkeit vom Wirtschafts- und Sozialausschuß) zugestanden und ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Geschäftsordnung selbst zu bestimmen;

- daß die Palette der Themen, zu denen der Ausschuß gehört werden muß, vorrangig um die Bereiche Beschäftigung, berufliche Bildung, Sozialpolitik, Umwelt und Energie erweitert und es dem Europäischen Parlament ermöglicht wird, den Ausschuß zu konsultieren;

- daß die Mandatsperiode des Ausschusses so terminiert wird, daß sie zeitgleich mit denen der anderen politischen Organe Europas beginnt, und darüber hinaus zur Auflage gemacht wird, daß die Mitglieder des Ausschusses entweder einem gewählten Organ der regionalen oder kommunalen Ebene angehören oder einem gewählten politischen Organ als Mandatsträger rechenschaftspflichtig sein müssen;

- daß dem Ausschuß zumindest zur Wahrung seiner eigenen Befugnisse ein Klagerecht vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eingeräumt wird.

B: Vor allem im Interesse der Eigenständigkeit der Regionen und Kommunen muß das Subsidiaritätsprinzip strikt angewandt werden. Infolgedessen ist den Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof einzuräumen.

Unklare Formulierungen in Artikel 3 b des EG-Vertrages müssen geändert, zumindest aber durch ein Protokoll zum EG-Vertrag klargestellt werden. Die Aufgaben der Europäischen Union müssen besser abgegrenzt werden. Das regionale und kommunale Selbstverwaltungsrecht muß auch gegenüber dem Handeln der Europäischen Union garantiert werden.

5. Sechs Länder haben seinerzeit den Grundstein zu der heutigen Union der Fünfzehn gelegt. Vollständig ist jedoch auch diese Union noch nicht. Ihre Erweiterung um die mittel- und osteuropäischen Länder sowie um Zypern ist eine historische Chance für alle Beteiligten. Mehr noch: Sie ist eine moralische Verpflichtung. Nachdem wir den Demokratisierungsprozeß in diesen Staaten gefördert haben, müssen wir sie nun als Mitglieder in den großen Kreis der europäischen Demokratie aufnehmen - als vollwertige Mitglieder.

Europa will sich mit entschlossenem Handeln und starken demokratischen Institutionen breitere und stabilere Zukunftsperspektiven schaffen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß es die Absicht hätte, sich in eine von der Außenwelt abgeschottete Festung zu verwandeln. Wir müssen bestrebt sein, auf der Grundlage einer gegenseitigen Öffnung mit anderen Staaten zusammenzuarbeiten. Den Anfang sollte die Kooperation mit unseren Nachbarn im Mittelmeerraum und mit Rußland bilden.

6. Der wirtschaftliche, soziale und territoriale Zusammenhalt ist ein unabdingbarer Bestandteil einer erweiterten Europäischen Union. Die notwendige Reform der Strukturpolitik, die zu einer Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts führen muß, sollte als Chance genutzt werden, im Rahmen der Bestrebungen, den Regionen und Städten mehr Eigenverantwortung einzuräumen, auch sicherzustellen, daß die Grundsätze der Partnerschaft und der Komplementarität vertieft, gestärkt und auf alle Politiken ausgeweitet werden, die in die Zuständigkeit der EU-Institutionen, der Mitgliedsstaaten, der Regionen, der Städte und der Gemeinden fallen.

Die Aufrechterhaltung des europäischen Sozialmodells und die Vollendung des Binnenmarkts erfordern die Aufnahme des Sozialprotokolls in den Vertrag, damit ein Sockel für ein soziales Europa errichtet werden kann, der die Gewähr für Solidarität, eine harmonische Wirtschaftsentwicklung und Chancengleichheit bietet. Zu diesem Zweck muß der Vertrag um einen neuen Titel erweitert werden, in dem die Gemeinschaft, die Mitgliedsstaaten und die mit Gesetzgebungskompetenzen ausgestatteten Regionen die Beschäftigungsförderung zu einer Frage des Allgemeininteresses erhaben, die eine regelmäßige Koordinierung innerhalb des gemeinschaftlichen Rahmens erfordert.

Zur Förderung der europäischen Idee wollen die europäischen Regionen, Städte und Gemeinden einen entscheidenden Beitrag leisten. Auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die interregionale Kooperation und kommunale Partnerschaften sorgen dafür, daß Europa bei den Bürgerinnen und Bürgern lebendig wird. Die in Amsterdam versammelten Vertreter der europäischen Regionen, Städte und Gemeinden fordern die Mitgliedsstaaten, die die Garanten der Union sind, zu auf, für mehr Europa, aber auch für mehr Mitsprache der Regionen, Städte und Gemeinden und für mehr Bürgernähe zu sorgen.

Az.: I

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