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StGB NRW-Mitteilung 391/2010 vom 31.08.2010
Haftung bei Veranstaltungen in kommunalen Einrichtungen
Stellen Kommunen gemeindliche Hallen oder andere kommunale Einrichtungen für Veranstaltungen zur Verfügung und kommt es bei einer derartigen Veranstaltung zu Personen- oder Sachschäden, stellen sich vielfältige Haftungsfragen. Der Städte- und Gemeindebund nimmt die aktuelle Anfrage einer Mitgliedskommune zum Anlass, die hierbei relevanten Haftungsgrundlagen darzulegen.
Eine Gemeinde, die in ihrem Eigentum stehende Hallen für Veranstaltungen zur Verfügung, stellt, betreibt diese als öffentliche Einrichtungen im Sinn des § 8 der Gemeindeordnung. Bei der Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses hat sie die Wahl zwischen einer privatrechtlichen Organisationsform (z.B. Vermietung nach dem BGB) oder einer öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung (Verwaltungsakt oder Verwaltungsvertrag). Im Fall der privatrechtlichen Vermietung handelt es sich bei den üblicherweise beigefügten Nutzungsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinn der §§ 305 ff. BGB, im Fall der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung handelt es sich entweder um Vertragsbestimmungen des öffentlich-rechtlichen Vertrages oder um Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt. Da vielfach die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung gewählt wird und bei Mehrdeutigkeit der gewählten Handlungsform eine Vermutung für ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis spricht, soll im Folgenden hiervon ausgegangen werden.
Haftung des Veranstalters gegenüber der Gemeinde:
Bei der Vergabe einer öffentlichen Einrichtung durch gemeindlichen Verwaltungsakt oder Verwaltungsvertrag entsteht ein sog. verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis, d.h. die Bestimmungen des Zivilrechts (BGB) — insbesondere die Haftungsansprüche - sind entsprechend anwendbar. Daher haftet der Veranstalter gegenüber der Gemeinde analog § 280 BGB, wenn er sich nicht an die Nutzungsbedingungen (wie z.B. maximal zulässige Besucherzahl) hält und in dieser Folge der Gemeinde Schäden entstehen. Voraussetzung hierfür ist freilich, dass die Nutzungsbedingungen rechtlich zulässig sind und daher dem Veranstalter gegenüber Wirkung entfalten. Für Schäden, die z.B. am gemeindlichen Eigentum entstehen, haftet der Veranstalter darüber hinaus nach den entsprechend anwendbaren deliktischen Vorschriften des Zivilrechts, d.h. insbesondere § 823 BGB.
Haftung der Gemeinde gegenüber dem Veranstalter:
Auch die Gemeinde haftet bei Verletzung ihrer Pflichten gegenüber dem Veranstalter nach § 280 BGB analog. Darüber hinaus kommt die Amtshaftung gemäß Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB in Betracht, wenn kommunale Bedienstete schuldhaft Amtspflichten verletzt haben.
Haftung des Veranstalters gegenüber den Besuchern:
Die Veranstalter sind gegenüber den Besuchern in der Regel vertraglich gebunden, d.h. bei Pflichtverletzungen haften sie nach zivilrechtlichen Vorschriften (§ 280 BGB, § 823 BGB). Hierbei obliegen ihnen die sogenannten nebenvertraglichen Schutzpflichten nach § 241 Abs. 2 BGB. Die Veranstalter sind demnach verpflichtet, Personen und Eigentum im Rahmen des Zumutbaren vor Schäden zu schützen. Hierzu gehört z.B. auch die Verpflichtung, nicht mehr Eintrittskarten zu verkaufen, als Plätze vorhanden sind. Es empfiehlt sich daher grundsätzlich der Abschluss einer Veranstalterhaftpflichtversicherung für Personen- und Sachschäden in ausreichender Höhe. Dies kann auch in die Nutzungsbedingungen mit aufgenommen werden.
Haftung der Gemeinde gegenüber den Besuchern:
Zwischen der Gemeinde und den Besuchern besteht kein besonderes Vertragsverhältnis. Die Gemeinde haftet daher nur im Fall der Amtspflichtverletzung nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB, d.h. bei einer schuldhaften Verletzung von Pflichten, die den Besuchern gegenüber bestehen. In Betracht kommt hierbei insbesondere die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten durch die Gemeinde. Maßgebliche Kriterien für Inhalt und Umfang der Verkehrssicherungspflichten sind die Grundsätze der Erforderlichkeit und Zumutbarkeit. D.h. die Gemeinde muss grundsätzlich nur diejenigen Maßnahmen ergreifen, die objektiv erforderlich und zumutbar sind. Möglich ist aber auch die Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf den Veranstalter mit der Folge, dass dieser gegenüber Dritten deliktsrechtlich verantwortlich wird. Hierbei sind klare Absprachen erforderlich, die die Sicherung der Gefahrenquellen zuverlässig garantieren. In diesem Fall verbleiben der Gemeinde lediglich Kontroll- und Überwachungspflichten. Sie muss sich daher vergewissern, dass der Veranstalter bereit und in der Lage ist, die Verpflichtungen zu erfüllen. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Veranstalter seinen Verkehrssicherungspflichten nicht nachkommt, sollte die Gemeinde einschreiten. Bleibt die Gemeinde trotz solcher Anhaltspunkte untätig, so kann eine Pflichtverletzung durch Unterlassen und in der Folge die Amtshaftung begründet sein.
Az.: I/2 100-03