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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 489/2006 vom 29.06.2006
Haushaltsbegleitgesetz 2006
Der Bundesrat hat am 16.06.2006 dem Haushaltsbegleitgesetz zugestimmt. Damit wird sich die Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 % erhöhen.
Neben der Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 %-Punkte ab dem 1. Januar 2007 werden noch eine Reihe weiterer Einsparungen zum Teil schon in diesem Jahr wirksam.
- Das Weihnachtsgeld für Beamte und Versorgungsempfänger des Bundes wird für die Jahre 2006 bis 2010 halbiert. Für die Bundesregierung sowie die parlamentarischen Staatssekretärinnen und Staatsekretäre wird es ganz abgeschafft. Insgesamt leistet die öffentliche Verwaltung damit einen Sparbeitrag von rund einer Milliarde Euro jährlich ab 2006.
- Neben der Mehrwertsteuer erhöhen sich zum 1. Januar 2007 auch die Regelsätze der Versicherungssteuer.
- Der pauschale Beitragssatz für geringfügig Beschäftigte (Minijobs) im gewerblichen Bereich wird zum 1. Juli 2006 von 25 auf 30 % erhöht: Erhöhung des Pauschalbetrags zur gesetzlichen Rentenversicherung auf 15 %, Erhöhung des Pauschalbetrags zur gesetzlichen Krankenversicherung auf 13 %, unverändert 2 % Steuern.
- Die Sozialversicherungsfreiheit von Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschlägen wird ab dem 1. Juli 2006 auf einen Grundlohn von 25 Euro die Stunde begrenzt.
- Die jährlichen Bundeszuschüsse an die Länder für den öffentlichen Nahverkehr - die so genannten Regionalisierungsmittel - werden neu festgesetzt und gesenkt.
Die geplante Mehrwertsteuererhöhung soll mit 1 %-Punkt dazu beitragen, die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 4,5 % ab dem Jahr 2007 zu senken. Die Bundesagentur für Arbeit soll den anderen Prozentpunkt zur Finanzierung beitragen. Im Hinblick auf die Forderung, dass die BA die gesamte Senkung selbst tragen könnte, da sie im Jahr 2006 voraussichtlich Überschüsse von ca. 4,5 Mrd. € erwartet, betont die Bundesregierung, dass aus den Überschüssen für das Jahr 2006 nicht automatisch Überschüsse auch für das Jahr 2007 abgeleitet werden könnten. Deshalb ist die Forderung nach einer Senkung der Arbeitslosenversicherung um 2 %-Punkte allein getragen durch die BA aus ihrer Sicht unseriös. Die Bundesregierung betont erneut, dass vor allem die geplante Mehrwertsteuererhöhung unabdingbar für das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Haushaltskonsolidierung ist, zumal die aus der Mehrwert- bzw. Versicherungssteuererhöhung geplanten Mehreinnahmen bereits vor Verabschiedung des Gesetzes in den jeweiligen Haushalten mit einbezogen wurde. Weiterhin bekräftigt die Bundesregierung ihr Ziel der Haushaltskonsolidierung durch das Argument der hohen Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Mit 1,5 Bill. € Gesamtverschuldung aller öffentlichen Haushalte ist der Spielraum für Investitionen stark eingeschränkt. Im Hinblick auf die hohen Sozialausgaben, die seit Beginn der 90er Jahre von einem Drittel auf jetzt über die Hälfte gewachsen sind, die hohen Zinszahlungen und die Personalausgaben finanziert der Bund bereits etwa zu drei Vierteln ausschließlich konsumtive Ausgaben, die nicht für Investitionen zur Verfügung stehen. Im Hinblick auf die EU-Maastricht-Kriterien und die Verabschiedung verfassungsgemäßer Haushalte nach Art. 115 Grundgesetz (GG) erscheint die angestrebte Haushaltskonsolidierung notwendig. Die demografische Entwicklung und die Globalisierung verschärfen diesen Konsolidierungsdruck zusätzlich.
Bezüglich der in der 25. Kalenderwoche stattfindenden abschließenden Beratungen über den Haushalt 2006 plant der Bund für 2006 Ausgaben von rd. 261,6 Mrd. €. Die Investitionen belaufen sich auf 23 Mrd. €. Dass die Nettokreditaufnahme über den Investitionsausgaben liegt, verstößt gegen Art. 115 GG, wird aber von der Bundesregierung mit dem Ziel einer Abwendung einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts begründet. Durch die geplante Mehrwertsteuererhöhung ab 2007 soll die Nettokreditaufnahme auf 22 Mrd. € im Jahr 2007 gekürzt, bis zum Jahre 2009 rund die Hälfte auf 20 Mrd. € reduziert werden. Damit würde in 2007 der Etat bei gleich bleibenden Investitionsausgaben formal nicht gegen das Grundgesetz verstoßen. Die zur Haushaltskonsolidierung des Bundes angestrebte Steigerung der Einnahmenseite soll bei gleichzeitiger Reduzierung der Ausgabenseite vonstatten gehen. Bis zum Jahre 2009 wird die Bundesregierung die Ausgaben um 32 Mrd. € kürzen.
Mit dem nun beschlossenen Haushaltsbegleitgesetz 2006 hat sich eindeutig der Paradigmenwechsel weg vom Steuersenkungswettlauf hin zu einer Konsolidierung durch Stabilisierung der Einnahmen vollzogen. Somit gilt es lt. der Großen Koalition, ein Einsparpotenzial auf der Ausgabenseite zu nutzen, Einnahmeverbesserungen im geltenden Steuersystem zu schaffen und letztendlich notwendige Steuererhöhungen zu beschließen.
Entgegen anderer Schritte zur Umsetzung der Koalitionsvereinbarung sorgt das nun verabschiedete Haushaltsbegleitgesetz 2006 bei den Kommunen für Mindereinnahmen. Zum einen werden die Gemeinden durch die Anhebung der Mehrwertsteuer bei Investitionen und Sachaufwand relativ stärker belastet. Zum anderen wird vermutet, dass die Unternehmen die Mehrwertsteuererhöhung nicht vollständig auf die Preise überwälzen können. Dadurch würde es zu einem Rückgang der Ertragsteuern, insbesondere der Gewerbesteuer kommen. Dies wiederum treffe die Gemeinden mit ihrem geringen Umsatzsteueranteil stärker als Bund und Länder. Laut einem Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2006 geht man davon aus, dass es allein durch die Erhöhung der Umsatzsteuer zu Mehreinnahmen in der vollen Jahreswirkung bei Bund (+12,1 Mrd. €) und Ländern (+10,9 Mrd. €) kommt, während die Gemeinden Mindereinnahmen von rd. 130 Mrd. € im Jahr haben werden.
Az.: IV/1 971-00