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StGB NRW-Mitteilung 127/1996 vom 20.03.1996
Haushaltsentschädigung
Mit der Neufassung der Gemeindeordnung hat der Gesetzgeber 1994 auch die bisherige "Hausfrauenentschädigung" als "Haushaltsentschädigung" neu geregelt (§ 45 Abs. 2 Nr. 3 GO). Die Neuregelung hat inzwischen zu zahlreichen Anfragen an die Geschäftsstelle geführt. Vielfach ging es dabei um die Frage, ob beispielsweise die Gewährung von Renten oder Pensionen die Haushaltsentschädigung ausschließen kann.
Zu dieser Frage hat die Geschäftsstelle bereits in den Mitteilungen des NWStGB vom 20.03.1991 (lfd. Nr. 121, dort unter 3.) die Auffassung vertreten, daß nach dem Sinn und Zweck der Verdienstausfallentschädigung kein Stundensatz für Haushaltstätigkeit als Verdienstausfall zu zahlen sei, wenn der wesentliche Beitrag zum Unterhalt der Familie aus einer Rente geleistet werde, die aus einer früheren Erwerbstätigkeit resultiere. Auf diese Mitteilungsnotiz hin teilte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen folgendes mit (vgl. Mitteilungen des NWStGB vom 05.04.1992, lfd. Nr. 175): "Der Anspruch auf den Stundensatz für Hausfrauen richtet sich nach den gleichen Grundsätzen wie der Anspruch auf den Regelstundensatz für Erwerbstätige. Hausfrauen und Hausmänner erfüllen durch die Führung des Haushalts die familienrechtliche Verpflichtung, durch Arbeit zum gemeinsamen Unterhalt beizutragen (§ 1360 BGB). Der Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 4 Satz 6 GO besteht darin, daß diese Verpflichtung bei Ausübung des Mandats nicht gleichzeitig erfüllt werden kann. Für den Bezug einer Rente wird der Nachteil nicht aufgehoben. Die Zahlung des Stundensatzes nach § 30 Abs. 4 Satz 4 GO wird deshalb nicht ausgeschlossen. Die vom Städte- und Gemeindebund gerügte Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vermag ich daher nicht zu erkennen." In VV 2.62 zu § 30 GO a.F. ist diese Rechtsauffassung ebenfalls festgehalten.
Im Sommer letzten Jahres teilte das Innenministerium nun mit:
"Bei der Prüfung der Frage, ob Verdienstausfallentschädigung - in welcher Form auch immer - gewährt werden kann, ist auch bei der Haushaltsentschädigung stets zu beachten, daß die Verdienstausfallentschädigung nur finanzielle Nachteile ausgleichen soll, die durch die Mandatsausübung entstehen (§ 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GO).
In bezug auf die Haushaltsentschädigung bedeutet das, daß, ausgehend von den einschlägigen Vorschlägen (gemeint ist wohl: Vorschriften) des Familienrechts, Ratsmitglieder einen Anspruch auf die Entschädigung für Hausfrauen oder Hausmänner haben, wenn sie ohne Verdienst die volle Verantwortung für einen Haushalt mit mehr als zwei Personen übernommen haben und durch die Arbeit den Beitrag zum gemeinsamen Unterhalt leisten. Die Mithilfe von Familienangehörigen steht dem Anspruch nicht entgegen, eine Aufteilung der Haushaltsführung und eine überwiegende Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Stunden schließt den Anspruch auf Haushaltsentschädigung jedoch aus.
Nach der bisherigen Rechtslage waren nur Hausfrauen oder Hausmänner, die im familienrechtlichen Sinne überwiegend für die Hausarbeit zum Unterhalt der Familie beigetragen haben, in die Regelung einbezogen.
Nach der Neuregelung in § 45 GO sind alle Personen anspruchsberechtigt, die einen Haushalt mit mindestens zwei Personen führen und nicht oder nur nebenbei erwerbstätig sind. Auf eine familienrechtliche Verpflichtung kommt es dabei nicht an.
Beim Bezug einer Rente ist (...) zu prüfen, ob daraus der wesentliche Beitrag zum Unterhalt der Familie geleistet wird. Der bloße Übergang in den Ruhestand begründet keinen Anspruch auf Zahlung des Hausfrauensatzes.
Der ehrenamtliche Charakter der Tätigkeit in einer kommunalen Vertretung, der eine Vergütung für dort geleistete Arbeit und aufgewendete Zeit ausschließt, darf durch die Leistung von Entschädigungen nicht zweifelhaft werden. So erhält z.B. ein Mandatsträger, der Arbeitslosengeld bezieht, keine Haushaltsentschädigung, weil er im Prinzip seinen Unterhalt durch seinen Beruf und nicht durch die Führung des Haushalts verdient."
Dies berücksichtigend wird die Geschäftsstelle ihrer Beratungspraxis künftig folgende Rechtsauffassung zugrunde legen:
Wie das Innenministerium in seinem Schreiben vom Juni 1995 zutreffend ausführt, ist bei jeder Verdienstausfallentschädigung - auch bei der Gewährung der sogenannten Haushaltsentschädigung - zu beachten, daß der Verdienstausfallersatz dazu dient, die finanziellen Nachteile auszugleichen, die durch die Mandatsausübung zwangsläufig entstehen. Ist der Mandatsträger in der Lage, durch eine individuelle Planung die Kollision von Zeiten der Mandats- und Erwerbstätigkeit zu verhindern - sei es durch Verlegung der Mandatstätigkeit, sei es durch Verlegung der Erwerbstätigkeit -, fehlt es bei gleichwohl eintretenden Kollisionslagen von Erwerbs- und Mandatstätigkeit an der für den Verdienstausfallersatz erforderlichen Zwangsläufigkeit des Nachteils.
Personen, die wegen einer mandatsbedingten Abwesenheit gehindert sind, den Haushalt zu führen, erleiden nicht ohne weiteres finanzielle Nachteile im engeren Sinne. Dies ist anders, wenn eine Vertretung im Haushalt notwendig wird. Gleichwohl wird auch im Regelfall (also ohne Haushaltshilfe) Verdienstausfallersatz gewährt. Der dahinter stehende Rechtsgedanke gründet darauf, daß die Haushaltsführung, und zwar unabhängig von einer familienrechtlichen Verpflichtung, eine geldwerte Leistung darstellt.
Den hieraus resultierenden Verdienstausfallersatzanspruch hat der Gesetzgeber jedoch noch von einer Tatbestandsvoraussetzung abhängig gemacht: Es darf keine Erwerbstätigkeit von 20 oder mehr Stunden neben der Haushaltsführung ausgeübt werden. In diesem Fall erlangt die Haushaltstätigkeit nach der Wertung des Gesetzgebers die Qualität einer Nebentätigkeit, die für die Feststellung von Verdienstausfall außer Betracht bleibt (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GO). Der Grund für die Nichtberücksichtigung von Nachteilen bei Nebentätigkeiten liegt in dem Verständnis der Mandatsausübung als ehrenamtliche Tätigkeit. Nachteile, die durch die ehrenamtliche Tätigkeit entstehen, werden gerade wegen des ehrenamtlichen Charakters nicht voll ersetzt, sondern nur soweit sie erheblich sind. Nachteile bei Tätigkeiten, die neben der Haupterwerbsquelle nur eine untergeordnete Bedeutung haben, werden als unerheblich gewertet, sie sind nicht entschädigungsfähig.
Versieht der Anspruchsteller neben der Haushaltsführung keine andere Tätigkeit, könnte angenommen werden, ein Verdienstausfallersatzanspruch bestehe bei Kollisionen zwischen der Mandatsausübung und der Haushaltstätigkeit ohne weitere Einschränkungen. Dem stehen jedoch verfassungsrechtliche Gründe (Gleichheitssatz, Artikel 3 GG) entgegen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend ungleich zu behandeln. Übt der Anspruchsteller zwar keine andere Erwerbstätigkeit aus, hat er aber nicht unerhebliche Einkünfte aus anderen Einkunftsquellen (z.B. Kapitalvermögen, Vermietung oder Verpachtung) oder erhält er "Einkommensersatzleistungen" (z.B. Renten, Arbeitlosengeld), ist der Anspruch auf Verdienstausfallersatz für die Haushaltstätigkeit ausgeschlossen, wenn der Anspruchsteller aus diesen Geldern seinen wesentlichen Unterhalt bestreitet. Der Geldwert der Haushaltstätigkeit erlangt in diesen Fällen im Verhältnis zu den anderen Einkünften eine nur untergeordnete Bedeutung. Würde gleichwohl Verdienstausfallersatz gewährt, bedeutete dies eine sachlich nicht gerechtfertigte Besserstellung gegenüber Personen, die Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit erzielen.
Az.: I/2-020-08-45/2