Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 517/2010 vom 08.11.2010

Hinweise zum Erlass zu § 61 a Landeswassergesetz NRW I

Das Umweltministerium NRW (MKULNV NRW) hat mit Datum vom 5.10.2010 ein 9seitiges Schreiben an die Bezirksregierungen verschickt. In diesem Schreiben geht es um die Umsetzung des § 61 a Abs. 3 bis 6 Landeswassergesetz NRW im Hinblick auf die Durchführung von Dichtheitsprüfungen an privaten Abwasserleitungen. In dem Schreiben wird deutlich herausgestellt, dass wegen zahlreicher Anfragen zum Vollzug des § 61 a LWG NRW Hinweise für die konkrete Umsetzung vor Ort gegeben werden. Das Ministerium sieht das Hinweis-Schreiben gleichwohl als „Vollzugs-Erlass“ an, obwohl dieser Erlass im Vorfeld textlich mit den kommunalen Spitzenverbänden nicht abgestimmt worden ist.  Der StGB NRW hatte das Umweltministerium gebeten, keinen Erlass herauszugeben, weil sich zurzeit viele Städte und Gemeinden mit dem Thema „Dichtheitsprüfung an privaten Abwasserleitungen“ beschäftigen und der Erlass entsprechender Satzungen vorbereitet wird, weil nur so den Betrügern („Kanalhaien“) die Plattform für ihre Aktivitäten entzogen werden kann. Denn weiß der Bürger als Grundstückseigentümer, dass die Stadt/Gemeinde durch Satzungen eine klare Ansage für die Frist zur Durchführung der Dichtheitsprüfung an seinem Grundstück machen wird, so braucht er sich bis zum Erlass der Satzung an der Haustür „nichts aufdrängen zu lassen“, weil die Stadt/Gemeinde spätestens nach dem Inkrafttreten der Satzung im Rahmen ihr Unterrichtungs- und Beratungspflicht (§ 61 a Abs. 5 Satz 4 LWG NRW) jedem Grundstückseigentümer helfen wird. Nur so sind Betrügereien vermeidbar.

In diesem Zusammenhang kann es auch hilfreich sein, dass z.B. eine Gemeinde in der Tageszeitung darüber berichten lässt, wie sie bei einem gemeindeeigenen Grundstück (z.B,. einem Kindergarten oder Schulgrundstück) die Dichtheitsprüfung durchgeführt hat und wie sie dort Schritt für Schritt vorgegangen ist. Dabei kann etwa auch dargestellt werden, wie die Gemeinde einen Sachkundigen gefunden hat, dass die Gemeinde sich die Teilnahmebescheinigung an einem Sachkundekurs und die Anerkennungsurkunde als Sachkundiger hat zeigen oder sogar eine Fotokopie davon hat aushändigen lassen und sie auch darauf geachtet hat, dass der Sachkundige bei der Durchführung der Dichtheitsprüfung vor Ort anwesend war, weil in  § 61 a Abs. 3 Satz 1 LWG NRW ausdrücklich bestimmt, dass die Prüfung durch den anerkannten Sachkundigen durchzuführen ist.

Wenngleich die Hinweise in dem „Vollzugs-Erlass zu § 61 a LWG NRW“ zumindest teilweise den Städten und Gemeinden in der Praxis eine Hilfestellung sein können, begegnen dennoch einige Aussagen in dem „Vollzugserlass“ rechtlichen Bedenken. Die Geschäftsstelle weist insoweit  auf Folgendes hin:

1. Muster-Satzung des StGB NRW zu § 61 a LWG NRW

Die Geschäftsstelle empfiehlt, sich an der Muster-Satzung des StGB NRW zu § 61 a LWG NRW zu orientieren. Diese Muster-Satzung ist mit dem Umweltministerium abgestimmt worden.

Es wird davon abgeraten, in gemeindlichen Satzungen zur Dichtheitsprüfung z.B. DIN-Vorschiften wie etwa die 1986- 30  namentlich aufzunehmen. DIN-Vorschriften sind nach dem OVG NRW (Urteile vom 9.5.2006 (Az.: u.a. 15 A 4247/03 und 15 A 4254/03) für private Grundstückseigentümer nicht verbindlich, weil sie privates — nicht demokratisch legitimiertes - Regelwerk darstellen. Sie sind erst dann verbindlich, wenn das Umweltministerium diese Regelwerke etwa nach § 57 LWG NRW als verbindliches technisches Regelwerk unter den dort genannten Voraussetzungen eingeführt hat. Vor diesem Hintergrund ist die Aufnahme von DIN-Vorschriften oder sonstigen privaten Regelwerken in der Muster-Satzung bewusst unterblieben.

2. Undichtheit von Abwassereinleitungen bei Einleitung von Drainagewasser

In dem „Vollzugs-Erlass“ wird festgehalten, dass private Abwasserleitungen als undicht anzusehen sind, wenn Grund- und Drainagewasser-Einleitungen in diese vorhanden sind. Diese Aussage ist mit einem Prozessrisiko belastet, weil das VG Arnsberg mit Beschluss vom 10.5.2010 (Az.: 14 L 219/10 — Rz. 20ff der Urteilsgründe - abrufbar unter: www.nrwe.de) entschieden hat, dass es bei den Dichtheitsprüfungen nach § 61 a LWG NRW nicht bzw. nicht in erster Linie darum geht, das Eindringen von sogenanntem Fremdwasser in Abwasserleitungen zu verhindern. Private Abwasserleitungen können demnach trotz der Einleitung von Fremdwasser technisch gesehen dicht sein. Insoweit liegt dann allerdings ein Verstoß gegen die Benutzungsbedingungen in der Abwasserbeseitigungssatzung vor, wonach das Einleiten von Grund- und Drainagewasser in die öffentliche Abwasseranlage grundsätzlich verboten ist.

3. Konzepte und Fristen

Entsprechend des Beschlusses des Umweltausschusses in der 114. Sitzung am 08.06.2010 in Düsseldorf wird zurzeit allen Städten und Gemeinden empfohlen, zu prüfen, ob und inwieweit mit einem integrierten Konzept und Satzungen nach § 61 a Abs. 5 LWG NRW die Pflicht zur Dichtheitsprüfung bei privaten Abwasserleitungen sachgerecht umgesetzt werden kann.

In diesem Zusammenhang wird auch empfohlen, in Wasserschutzgebieten entsprechend der „Muss-Vorschrift“ in § 61 a Abs. 5 Satz 2 LWG NRW zunächst die Frist für die Dichtheitsprüfung (31.12.2015) für diejenigen Grundstücke zu verkürzen, auf denen die Abwasserleitungen bei dem Anfall von häuslichem Abwasser vor dem 01.01.1965 und bei dem Anfall von gewerblichen/industriellen Abwasser vor dem 01.01.1990 errichtet worden sind. Möglich ist aber auch alle Grundstücke auf der Grundlage der Selbstüberwachungs-Verordnung Kanal hineinzunehmen (Variante 3 in § 1 der Muster-Satzung des StGB NRW). Zu beachten ist auch, dass Grundstückseigentümer von der Prüfpflicht nicht erfasst werden, wenn sie z.B. ihr Grundstück nach dem 1.1.1996 erstmalig bebaut haben, eine Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung (Ersterrichtung) durchgeführt haben und hierüber eine Dichtheitsprüfungs-Bescheinigung haben. Die Dichtheitsprüfung ist dann in Abständen von höchstens 20 Jahren zu wiederholen (§ 61 a Abs. 3 Satz 5 LWG NRW). Dieses folgt daraus, dass in § 61 a Abs. 4 LWG NRW die Rede davon ist, dass bei bestehenden Abwasserleitungen die erste Dichtheitsprüfung (Anmerkung: also gab es zuvor noch nie eine Prüfung) bei Änderung, spätestens jedoch bis zum 31.12.2015 durchgeführt werden muss. Zutreffend ist allerdings der Hinweis in dem „Vollzugs-Erlass“, dass eine Fristverkürzung für die Grundstücke in Wasserschutzgebieten nicht für alle Grundstücke auf einen einzigen Zeitpunkt (z. B. 31.12.2013) erfolgen sollte, weil die Stadt/Gemeinde besser beraten ist, wenn sie jedes Jahr eine bestimmte Anzahl von Grundstücken abarbeitet und insoweit auch dem unstreitig erforderlichen Unterrichtungs- und Beratungsbedarf für die Grundstückseigentümer personell nachkommen kann.

Außerhalb von Wasserschutzgebieten ist es zurzeit nicht als erforderlich anzusehen, nunmehr bereits bis zum Frühjahr 2011 entsprechende Satzungen zu erlassen, weil dieses zeitlich gesehen auch im Jahr 2012, 2013 oder 2014 noch erfolgen kann. Wichtig ist vielmehr, dass die Stadt/Gemeinde, den Grundstückseigentümern klar macht, dass diese erst dann tätig werden müssen, wenn die Stadt/Gemeinde durch eine Satzung für das jeweilige Grundstück eine klare Ansage macht. Nur so können die Grundstückseigentümer vor betrügerischen Machenschaften bewahrt werden. Erfolgt jedenfalls keine Fristverkürzung oder Verlängerung nach § 61 a Abs. 5 Satz 1 LWG NRW durch den Erlass einer entsprechenden Satzung, gilt die gesetzliche Frist 31.12.2015. Insoweit ist der Erlass einer Satzung außerhalb von Wasserschutzgebieten auch dann erforderlich, wenn die Frist über den 31.12.2015 hinaus verlängert werden soll, weil nur durch Satzung kann die gesetzliche Frist verlängert werden (§ 61 a Abs. 5 Satz 1 LWG NRW).

Der „Vollzugs-Erlass“ zeigt hier auf, dass eine Fristverlängerung maximal bis zum 31.12.2023 möglich ist, weil gekoppelt an die 2. Untersuchungstranche der Selbstüberwachungs-Verordnung Kanal (1.1.2006 bis 31.12.2020) maximal 3 Jahre zugegeben werden können, da § 61 a LWG NRW erst zum 31.12.2007 in das LWG NRW aufgenommen wurde, die Verwaltungsvorschrift zu § 61 a LWG NRW erst im Mai 2009 bekannt gemacht worden ist (GV NRW 2009, S. 217ff.), die NRW-Sachkundigen-Liste erst im Laufe des Jahres 2010 endgültig anwendbar vorgelegen hat und § 61 a LWG NRW mit dem Inkrafttreten des Landeswassergesetzes NRW am 31.3.2010 in Anpassung an das neue Wasserhaushaltsgesetz des Bundes nochmals geändert worden ist (GV NRW 2010, S. 185ff.).

Az.: II/2 24-30

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