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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 518/2010 vom 08.11.2010
Hinweise zum Erlass zu § 61 a Landeswassergesetz NRW II
Die Geschäftsstelle weist zum „Vollzugs-Erlass“ des Umweltministeriums NRW vom 5.10.2010 auf Folgendes hin:
1. Hinweise zur Prüfmethode
Die in dem „Vollzugs-Erlass“ gegebenen Hinweise zur Art der Dichtheitsprüfung offenbaren, dass die gesetzliche Regelung in § 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW lückenhaft ist und die Landesregierung und der Landesgesetzgeber gut beraten gewesen wäre, bei der letzten Änderung des Landeswassergesetzes im März 2010 den Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes NRW zur Schließung dieser Lücken umzusetzen. Dieses ist aber nicht erfolgt.
Insoweit ergeben sich weiterhin verwaltungsgerichtliche Prozessrisiken, weil der Landesgesetzgeber z.B. nicht in § 61 a Abs. 6 LWG NRW geregelt hat, dass in einer Verwaltungsvorschrift geregelt werden kann, wann welche Prüfmethode (TV, Wasser, Luft) anzuwenden ist und wie eine Dichtheitsprüfungsbescheinigung auszusehen hat. Hier vermag auch ein „Vollzugs-Erlass“ nicht zu helfen, weil Erlasse für die Verwaltungsgerichte nicht bindend sind. Auch deshalb hat der Umweltausschuss des StGB NRW in seiner 115. Sitzung in Lippstadt Landesregierung und Landtag nochmals einstimmig aufgefordert, die Regelungslücken zu schließen.
2. Untere Wasserbehörde
Die Ausführungen im „Vollzugs-Erlass“ zur Zuständigkeit der Unteren Wasserbehörde helfen in der Praxis nicht weiter. In § 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW ist ausdrücklich festgelegt worden, dass die Gemeinde die privaten Grundstückseigentümer zur Erfüllung ihrer Pflicht zur Durchführung von Dichtheitsprüfungen an privaten Abwasserleitungen anhält. Die Untere Wasserbehörde kann als allgemeine wasserrechtliche Aufsichtsbehörde (§ 100 WHG in Verbindung mit § 116 LWG NRW) bei denjenigen Grundstücken, die an den Kanal angeschlossen sind, dann tätig werden, wenn z. B. eine Gefahr für das Grundwasser besteht und die Gemeinde ihre Hilfestellung ausdrücklich wünscht.
Im Übrigen ist die Gemeinde auch für die privaten Abwasserzuleitungen zuständig, die zu abflusslosen Gruben und Kleinkläranlagen führen (siehe hierzu die Muster-Satzung). Bei den abflusslosen Gruben besteht ohnehin ein Anschluss über den so genannten „rollenden Kanal“ an die öffentliche Abwasseranlage der Gemeinde, so dass die Gemeinde im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses auch die Dichtheitsprüfungen an den privaten Abwasserleitungen auf dem privaten Grundstück abarbeitet, die das Abwasser der abflusslosen Grube zuführt.
Bei den Kleinkläranlagen ist dieses nicht so. Grundstücke im Außenbereich, auf denen Kleinkläranlagen betrieben werden, sind dadurch gekennzeichnet, dass die Untere Wasserbehörde die Abwasserbeseitigungspflicht gemäß § 53 Abs. 4 LWG NRW auf den Grundstückseigentümer übertragen hat. Zwar hat die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde die Pflicht, den Klärschlamm aus den Kleinkläranlagen zu entsorgen und zugleich auch eine Überwachung der Kleinkläranlagen insoweit durchzuführen, als sie die Untere Wasserbehörde unterrichtet, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Kleinkläranlage nicht abwassertechnisch in Ordnung ist. Sodann muss die Untere Wasserbehörde aus ihrer Zuständigkeit heraus eine Sanierungsverfügung gegen den Betreiber der Kleinkläranlage erlassen. Die gleiche Systematik ergibt sich auch bei den Zuleitungen, die auf dem privaten Grundstück das Abwasser in die Kleinkläranlage befördern. Die Gemeinde kann hier auf der Grundlage des § 61 a Abs. 3 bis 6 LWG NRW den Grundstückseigentümer dazu anhalten, die privaten Abwasserleitungen (Zuleitungen) zur Kleinkläranlage auf Dichtheit zu prüfen. Ergibt die Prüfung, dass diese undicht sind, so muss auch hier die Untere Wasserbehörde eine Sanierungsanordnung erlassen. Diese Rechtssystematik ist in Abstimmung mit dem Umweltministerium auch in den Mustersatzungen zu § 61 a Abs. 3 bis 7 LWG NRW und in der Mustersatzung zur Entsorgung von Grundstücksentwässerungsanlagen (Kleinkläranlagen, abflusslose Gruben) festgehalten worden.
3. Defekte Abwasserleitungen
Schließlich ist es hilft es wenig, dass der „Vollzugs-Erlass“ Aussagen zu den Sanierungsfristen bei defekten privaten Abwasserleitungen tätigt, weil es gerade hier darum geht, den Städten und Gemeinden grundsätzlich den Weg für eine gemeinsame ganzheitliche und zeitgleiche Sanierung der öffentlichen Abwasserkanäle und der privaten Abwasserleitungen nicht zu erschweren. Auch insoweit kann deshalb der Inhalt des „Vollzugs-Erlasses“ lediglich als „unverbindlicher Hinweisgeber“ verstanden werden. Ohnehin bestimmt § 60 Abs. 2 WHG, dass, bei defekten Abwasserleitungen die erforderlichen Sanierungs-Maßnahme innerhalb einer angemessenen Frist durchzuführen. Für den Erlass einer Sanierungsanordnung ist die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde zuständig, die je nach Schadensbild eine Sanierung in angemessener Frist gegenüber dem Grundstückseigentümer bestimmt. Regelmäßig ist es aber auch möglich, in Gesprächen mit dem Grundstückseigentümer eine Sanierung zu erreichen, insbesondere wenn die Gemeinde mit beratend Hilfe leistet. Ohnehin sollte ein Grundstückseigentümer ein Eigeninteresse an dichten Abwasserleitungen haben, weil der Austritt von Schmutzwasser oder Mischabwasser aus privaten Abwasserleitungen den Straftatbestand der Gewässerverunreinigung (§ 324 StGB) verwirklicht, weil das austretende Schmutzwasser oder Misch-Abwasser das Grundwasser als Schutzgut verunreinigen kann, so dass sich der Grundstückseigentümer durch den Betrieb von undichten Abwasserleitungen strafbar macht.
4. Zeitnahe Vorlage der Dichtheitsprüfungs-Bescheinigungen
Im Hinblick darauf, dass die Grundstückseigentümer davor bewahrt werden müssen betrügerischen Machenschaften ausgesetzt zu sein, ist es als Bürger— und Kundenservice zu verstehen, dass zeitnah innerhalb eines Monats die Dichtheitsprüfungsbescheinigung bei der Stadt vorgelegt wird, damit die Stadt/Gemeinde die Bescheinigung prüfen kann und den Grundstückseigentümer zeitnah mitteilen kann, ob durch Rückkontakt mit den Sachkundigen der Inhalt der Dichtheitsprüfungs-Bescheinigung noch weiter präzisiert werden muss.
In der Praxis ist es vorgekommen, dass auf einer Prüfbescheinigung nur vermerkt wurde „Alles undicht“. Derartige Prüfbescheinigungen bergen die Gefahr, dass überteuerte Sanierungen durchgeführt werden, weil überhaupt nicht klar ist, wo und inwieweit eine Abwasserleitung defekt ist. Für den Grundstückseigentümer ist die Rückkopplung durch die Stadt/Gemeinde deshalb besonders wichtig, damit er zeitnah im Rahmen der Gewährleistungsvorschriften den beauftragten Sachkundigen anhalten kann, eine ordnungsgemäße Prüfbescheinigung auszustellen. Würde eine solche Prüfung durch die Stadt/Gemeinde erst Jahre später erfolgen, so könnte sich der Fall ergeben, dass der Sachkundige gar nicht mehr tätig ist und das aufgewandte Geld von der Dichtheitsprüfung dann buchstäblich zum Fenster herausgeworfen worden ist und sogar eine erneute Dichtheitsprüfung durchgeführt werden muss.
Deshalb ist eine zeitnahe Vorlage der Dichtheitsprüfungsbescheinigung als unerlässlich anzusehen. Im Übrigen ist es in jüngster Vergangenheit auch vorgekommen, dass Sachkundige eine Dichtheitsprüfungsbescheinigung überhaupt nicht ausgestellt haben und dann nicht mehr auffindbar bzw. erreichbar waren. Auch insoweit hilft eine satzungsrechtliche Regelung wie in § 3 Abs. 3 Muster-Satzung des StGB NRW, weil dann der Grundstückseigentümer von sich aus Wert darauf legen wird, eine ordentliche Dichtheitsprüfungsbescheinigung zu erhalten, weil er diese zeitnah der Stadt/Gemeinde vorzulegen hat. Nicht zu vergessen ist auch, dass die wasserrechtlichen Aufsichtsbehörden im Zweifelsfall dokumentiert haben wollen, wie weit die Prüfpflichten durch die Grundstückseigentümer abgearbeitet worden sind. Werden die Prüfbescheinigungen zeitnah der Stadt vorgelegt, kann sie eine solche Dokumentation nachweisbar führen.
Az.: II/2 24-30