Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 165/2005 vom 08.02.2005

Kartellrechtliche Beurteilung langfristiger Gaslieferverträgen

Nach Auffassung des Bundeskartellamtes stellt die bestehende Praxis der langfristigen vertraglichen Bindungen der kommunalen Energieversorger an die etablierten Ferngasunternehmen ein wesentliches Hindernis für die wettbewerbliche Öffnung der Gasmärkte dar. Das Amt hat daher ein Papier zur kartellrechtlichen Beurteilung dieser langfristigen Gaslieferverträge veröffentlicht und zur Diskussion gestellt.

Das Papier mit dem Titel „Kartellrechtliche Beurteilungsgrundsätze zu langfristigen Gasverträgen“ vom 25.01.2005 ist im Internet unter www.bundeskartellamt.de/wDeutsch/download/pdf/Diskussionsbeitraege/050125_DiskussionspapierGasvertraege.pdf abrufbar.

Das Bundeskartellamt vertritt die Auffassung, dass die langfristige vertragliche Bindung der kommunalen Energieversorger (insbesondere Stadtwerke) an die etablierten Ferngasunternehmen bislang – neben dem Fehlen von effektiven Durchleitungsmöglichkeiten – eine wettbewerbliche Öffnung der Gasmärkte verhindert hat. Diese Praxis habe zu einer Abschottung der deutschen Märkte für in- und ausländische Lieferanten geführt. Die Liberalisierung wird, so das Bundeskartellamt weiter, nur dann zum Erfolg führen, wenn erstens ein effektiver Durchleitungsmechanismus gewährleistet ist und zweitens auch ausreichende Nachfragemengen im Wettbewerb zur Verfügung stehen. Ohne eine Lockerung der langfristigen Bezugsbindung laufe die Durchleitungsregulierung ins Leere.

Nach umfangreichen Ermittlungen in den gegen die 16 Ferngasunternehmen eröffneten Verfahren hat das Bundeskartellamt das genannte Papier mit Beurteilungsgrundsätzen zu langfristigen Gasverträgen vorgelegt. Das Amt geht dabei u. a. von folgenden Eckpunkten aus:

Lieferverträge mit einer Laufzeit von mehr als zwei Jahren und einer Bedarfsdeckung von über 80 % sind ebenso unzulässig wie Lieferverträge mit einer Laufzeit von mehr als vier Jahren und einer Bedarfsdeckung von über 50 %. Die jeweiligen Anteile müssen sich auf den tatsächlichen Bedarf und nicht auf eine von den Unternehmen festgelegte Referenzmenge beziehen. Mehrere Lieferverträge zwischen einem Lieferanten und dem Kunden werden als ein Vertrag angesehen, damit auch Marktverschließungseffekte mittels zeitlicher Vertragssplittung verhindert werden. Gleichzeitig sollen stillschweigende Verlängerungsklauseln für die Gaslieferverträge nicht akzeptiert werden. So genannte „englische Klauseln“, die den etablierten Lieferanten berechtigen, in günstigere Konkurrenzangebote einzusteigen, werden auf Grund der damit verbundenen Abschottungseffekte ebenfalls als kartellrechtlich unzulässig erachtet.

Az.: IV/3 811-00

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