Mitteilungen - Recht, Personal, Organisation

StGB NRW-Mitteilung 315/2004 vom 31.03.2004

Keine Entscheidungssperre durch Bürgerbegehren

Die Geschäftsstelle hatte mit Mitteilung Nr. 213/2004 über die neueste Rechtsprechung des OVG NRW zum Bürgerbegehren berichtet. Mit Beschluß vom 19.03.2004 (15 B 522/04) hat es seine Rechtsprechung dahingehend bestätigt, daß im Falle des Betreibens eines Bürgerbegehrens bzw. Bürgerentscheids dies weder für den Rat noch für andere Organe oder Behörden eine „Entscheidungssperre“ begründet. Anderes würde allerdings dann gelten, wenn der Entscheidung des Rates zur Umsetzung des „angefochtenen“ Ratsbeschlusses vor Durchführung des Bürgerentscheides keine sachliche Erwägung zu Grunde liegen würde, sondern allein die Zielsetzung zu Grunde läge, einen Bürgerentscheid zuvorzukommen und damit eine Willensbildung auf direkt-demokratischen Wege zu verhindern. Diese Voraussetzungen hat das OVG NRW mit Beschluß vom 29.03.2004 (15 B 674/04) konkretisiert. Danach trägt derjenige, der sich gegen die Durchführung eines Ratsbeschlusses wendet, die materielle Beweislast. Denn in diesem Fall wird in Abweichung vom Regelfall, daß eine Entscheidungssperre nicht besteht, ein nur ausnahmsweise denkbarer Anspruch geltend gemacht, nämlich das die Gemeinde zur Vermeidung rechtsmißbräuchlichen Verhaltens zu einem Zuwarten verpflichtet sei. Nach allgemeinen Beweislastregelungen trägt derjenige, der aus einem Verstoß gegen Treu und Glauben Rechte herleitet, die Beweislast dafür, daß die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Verstoßes vorliegen. Danach können die mittels eines Bürgerbegehrens/Bürgerentscheides angegriffenen Gegenstände vom Rat entschieden werden, wenn der betroffene Gegenstand entscheidungsreif ist. Denn es bedarf keiner besonderen Gründe für den Rat, eine Entscheidung in einer entscheidungsreifen Sache zu treffen und damit keine Verzögerung eintreten zu lassen. Vielmehr bedarf es umgekehrt besonderer Gründe, die es rechtfertigen, eine solche Entscheidung als rechtsmißbräuchlich zu qualifizieren. Im konkreten Fall, bei dem es um die Veräußerung von Anteilen an den Stadtwerken ging, konnte die Antragstellerin mit dem Argument nicht durchdringen, daß die Stadt zur Durchführung von Nachverhandlungen zwecks Fristverlängerung gegenüber den Käufern der Anteile an den Stadtwerken verpflichtet war.



Az.: I/2 020-08-26

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