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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 243/2001 vom 05.04.2001
Klärschlamm-Verwertungsverbot praktische Umsetzung
Zahlreiche Mitgliedsstädte und gemeinden haben bei der Geschäftsstelle angefragt wie sie mit dem Verwertungsverbot für Klärschlämme in dem Erlaß des Umweltministeriums NRW vom 02.03.2001 in der Praxis umzugehen sollen. Die Geschäftsstelle weist hierzu nach derzeitigem Kenntnisstand auf folgendes hin:
Der Erlaß vom 02.03.2001 (Az.: IV 9- 094 024) ist zwischenzeitlich durch einen weiteren Erlaß vom 20.03.2001 ergänzt worden. In dem ergänzenden Erlaß vom 20.03.2001 ist klargestellt worden, daß Schlachthöfe und Fleisch verarbeitende Betriebe nur dann als Risikobereich im Sinne des Erlasses vom 02.03.2001 einzustufen sind, wenn aus diesen Bereichen Abwasser abgeleitet wird, welches bei der Schlachtung von Rindern, Schafen und Ziegen angefallen ist. Metzgereien und andere Fleisch verarbeitetende Betriebe ohne eigene Schlachten sollen demnach nicht betroffen sein.
Unabhängig davon wird auf folgendes hingewiesen: Soweit der Inhalt der Erlasse des Umweltministeriums NRW vom 02.03.2001 und vom 20.03.2001 durch einen rechtsmittelfähigen Bescheid der unteren Abfallwirtschaftsbehörde der Kreise mit der Aufforderung an die Städte und Gemeinden gegeben wird, den Klärschlamm nicht mehr in die landwirtschaftliche Verwertung zu geben, kann gegen einen solchen Bescheid Widerspruch einlegt werden. Denn die Verfügung mit welcher die Klärschlammverwertung in der Landwirtschaft untersagt wird ist als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG NRW einzustufen, weil es sich bei der Abwasserbeseitigung nach diesseitiger Rechtsansicht um eine sog. "pflichtige Selbstverwaltungsangelegenheit" handelt. Der Widerspruch hat nach § 80 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverordnung aufschiebende Wirkung, soweit die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung nicht angeordnet wird. Bislang hat nach dem Kenntnisstand der Geschäftsstelle lediglich ein Landkreis in NRW (Kreis Gütersloh) rechtsmittelfähige Untersagungsbescheide in bezug auf die Klärschlammverwertung gegenüber den Städten und Gemeinden erlassen. Diese Untersagungsbescheide sind nicht für sofort vollziehbar erklärt worden.
Der Widerspruch kann damit begründet werden, daß die Verfügung zur Untersagung der landwirtschaftlichen Verwertung des Klärschlammes nicht auf § 21 Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz i.V.m. § 3 Abs. 1 Klärschlammverordnung des Bundes gestützt werden kann. Zwar ist in § 3 Abs. 1 Klärschlammverordnung des Bundes u.a geregelt, daß Klärschlamm auf landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden nur so aufgebracht werden darf, daß das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird. Das Wohl der Allgemeinheit wird aber in § 3 Abs. 2 bis 10 Klärschlammverordnung und in den §§ 4 bis 8 Klärschlammverordnung u.a. durch Aufbringungsverbote und Grenzwerte ausdrücklich konkretisiert. Werden danach die detaillierten Maßgaben zur landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung und die Grenzwerte nach der Klärschlammverordnung eingehalten, so ist Klärschlamm "Abfall zur Verwertung" und kann dementsprechend auch der landwirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden. Es ist daher rechtlich mehr als zweifelhaft, ob mit dem Erlaß des Umweltministeriums vom 02.03.2001 die Klärschlammverordnung des Bundes für Nordrhein-Westfalen gänzlich ausgehebelt werden kann, indem gestützt auf § 3 Abs. 1 Klärschlammverordnung die landwirtschaftliche Klärschlammverordnung in Nordrhein-Westfalen vollständig auf Null gesetzt und untersagt wird. Denn damit läuft der Regelungsgehalt der Klärschlammverordnung des Bundes nur in Nordrhein-Westfalen nicht aber in den anderen Bundesländern - vollständig leer. Außerdem fehlt bislang in dem Erlaß jedwede Begründung über den ursächlichen Zusammenhang von BSE und der landwirtschaftlichen Verwertung von Klärschlamm.
Es wäre in diesem Zusammenhang angezeigt, zunächst die Klärschlammverordnung des Bundes zu ändern und anzupassen, zumal hierdurch auch Übergangszeiträume geschaffen werden, um eine sachgerechte Umstellung der Klärschlammentsorgung zu ermöglichen. In diese Richtung geht auch ein Beschluß der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA), der im März 2001 einstimmig von allen Bundesländern gefaßt worden ist. Alle Bundesländer haben sich hiernach darauf verständigt, die Klärschlammverordnung im Sinne einer Verschärfung zu ändern. Insoweit muß allerdings die Bundesregierung tätig werden, weil die Klärschlammverordnung des Bundes eine Rechtsverordnung des Bundes zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz ist.
Gleichzeitig ist darauf hinzuweisen, daß es nunmehr Aufgabe des Umweltministeriums NRW ist, den Erlaß nochmals einer Rechtmäßigkeitsprüfung zu unterziehen. Dabei geht es auch darum, die behaupteten Zusammenhänge zwischen der BSE-Problematik und der Klärschlammverwertung detailliert und schlüssig darzustellen. Sollten fundierte wissenschaftliche Erkenntnisse hierzu vorliegen, so ist die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung insgesamt zu überprüfen und im Rahmen einer Änderung der Klärschlammverordnung neu zu regeln.
Für die Zwischenzeit kann unter Vorsorgegesichtspunkten nur empfohlen werden, Verträge über die landbauliche und landwirtschaftliche Klärschlammverwertung nur noch mit besonderen Vertragsklauseln darüber abzuschließen, daß der Klärschlammverwertungs-Vertrag automatisch gegenstandlos wird, wenn die landbauliche oder landwirtschaftliche Klärschlammverwertung untersagt bzw. verboten wird. Zumindest ist eine Vertragsbestimmung zu einer Vertragsanpassung aufzunehmen. Weiterhin sollte bereits jetzt im Vorfeld damit begonnen werden, alternative Entsorgungswege für Klärschlamm ausfindig zu machen, zumal nicht ausgeschlossen werden kann, daß die Preise für die Verbrennung von Klärschlämmen anziehen werden, wenn eine entsprechend große Nachfrage in dieser Richtung entstehen wird. In NRW kann unter anderem die Müllverbrennungsanlage im Kreis Wesel Klärschlämme verbrennen. Unabhängig davon muß davon ausgegangen werden, daß eine Verbrennung von Klärschlämmen zu einem nicht unerheblichen Anstieg der Abwassergebühren führen wird. Erste Schätzungen gehen dahin, daß sich eine Erhöhung der Abwassergebühren bis zu 1,00 DM pro Kubikmeter Abwasser ergeben könnte.
Az.: II/2 24-091