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Mitteilungen - Bauen und Vergabe
StGB NRW-Mitteilung 563/2002 vom 05.09.2002
Kommunale Gesellschaften als Bieter bei öffentlichen Ausschreibungen
In dem grundlegenden AWISTA-Beschluß vom 12.01.2000 (Az.: Verg 3/99, NZBau 2000, S. 155 ff), hat der Vergabesenat des OLG Düsseldorf zugelassen, daß kommunale Gesellschaften bei abfallwirtschaftlichen Ausschreibungen (Müllabfuhr) von Kommunen auch außerhalb ihres Gemeindegebiets als Bieter auftreten dürfen. Begründet hat das OLG Düsseldorf dies im AWISTA-Fall damit, daß die Beschränkungen des § 107 Abs. 1 GO NRW kraft ausdrücklicher Festlegung des Gesetzgebers in § 107 Abs. 2 für die in diesem Absatz 2 genannten Geschäftsbereiche (insbesondere Abfallbeseitigung und Abwasserbeseitigung) nicht gelten.
Jetzt hat der Vergabesenat in einem noch unveröffentlichten Beschluß vom 17. Juni 2002 (Az.: Verg 18/02) für einen Teilbereich eine Einschränkung vorgenommen. Er hat eine nordrhein-westfälische Stadt, die die Müllabfuhr ausgeschrieben hat, verpflichtet, eine Firma vom Vergabeverfahren auszuschließen, die eine 100 %ige Tochter des Kommunalverbands Ruhr (KVR) ist. Das OLG hat diese Entscheidung mit der Regelung im Gesetz über den KVR begründet, wo festgelegt ist, daß die Tätigkeit des KVR auf das Verbandsgebiet beschränkt ist. Diese Beschränkung müsse auch für eine Tochtergesellschaft gelten, weil sonst durch Gründung einer solchen Tochtergesellschaft einer Umgehung Tür und Tor geöffnet seien.
Durch diese Entscheidung wurde der ausschreibenden Stadt verboten, das günstigste Angebot der KVR-Tochtergesellschaft anzunehmen. Gewinner des Rechtsstreits ist die zweitgünstigste Bieterin, eine der großen nordrhein-westfälischen Abfallbeseitigungsfirmen. Die Vergabekammer Düsseldorf hatte die Vergabe an die KVR-Tochterfirma als billigste Bieterin für rechtmäßig erklärt. Die konkurrierende Firma hatte erst mit der sofortigen Beschwerde beim OLG Düsseldorf Erfolg.
Wichtig: In einem für die Entscheidung nicht erheblichen Teil des Beschlusses macht das OLG Düsseldorf deutlich, daß ein Bieter nicht allein deswegen ausgeschlossen werden darf, weil sein Angebot unter den Selbstkosten liegt, also für den Unternehmer nicht auskömmlich ist. Laut OLG ist es nicht Sinn der vergaberechtlichen Vorschriften (§ 25 Nr. 2 Abs. 2 und 3 VOL/A und § 25 Nr. 3 Abs. 1 und 2 VOB/A), den Bietern auskömmliche Preise zu garantieren. Es ist dem öffentlichen Auftraggeber nicht verwehrt, auch sog. Unterkostenpreise bei einer Auftragsvergabe zu akzeptieren, sofern er nach Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, daß der Anbieter auch zu diesen Preisen zuverlässig und vertragsgerecht wird leisten können (BHG NJW 1995, S. 737). Es kann für einen Bieter durchaus rechtlich nicht zu beanstandende Motive geben (z.B. einen Deckungsbeitrags zu den eigenen Gemeinkosten zu erlangen oder als Newcomer ins Geschäft zu kommen), weshalb er bei einem bestimmten Einzelauftrag davon absieht, einen sog. auskömmlichen Preis zu verlangen. Es würde geradezu einen Verstoß gegen das europäische Richtlinienrecht bedeuten, wenn man einen öffentlichen Auftraggeber dazu verpflichten würde, nur auskömmliche oder kostendeckende Preise der Bieter zu akzeptieren. Das OLG Düsseldorf nimmt ausdrücklich bezug auf eine Entscheidung des EuGH, NVwZ 1990, S. 649/650, Erwägungsgründe 18 und 20).
Az.: II schw/g