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Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser
StGB NRW-Mitteilung 344/2011 vom 06.06.2011
Kommunale Spitzenverbände zu unkonventionellen Erdgasvorkommen
Der Landtag hat am 31.5.2011 eine öffentliche Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie zum Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1190, zum Thema: „Unkonventionelle Erdgasvorkommen: Grundwasser schützen — Sorgen der Bürger ernst nehmen — Bergrecht ändern“ durchgeführt.
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände hat zu dieser Anhörung mit Datum vom 16.5.2011 gegenüber dem Landtag zur Frage der Erschließung von unkonventionellen Erdgasvorkommen (sog. Fracing) folgende Stellungnahme abgegeben:
„Sehr geehrter Herr Landtagspräsident Uhlenberg,
wir bedanken uns für die Möglichkeit zur Stellungnahme. In der Sache nehmen wir wie folgt Stellung: In den vergangenen Monaten sind auch die kommunalen Spitzenverbände durch ihre Mitglieder auf das so genannte Fracking aufmerksam gemacht worden. Auslöser hierfür waren Berichte in der Presse und den Medien, wonach z. B. im Bundesland Niedersachsen durch die Anwendung der Methode eine Verschmutzung des Grundwassers festgestellt worden sein soll.
Vor diesem Hintergrund weisen die kommunalen Spitzenverbände darauf hin, dass den Städten und Gemeinden unter anderem die Aufgabe der „öffentlichen Trinkwasserversorgung“ obliegt. Insoweit besteht ein nachhaltiges Interesse daran, dass durch die Erschließung von unkonventionellen Erdgasvorkommen das Grundwasser nicht verschmutzt wird, weil dieses die Grundlage für die öffentliche Trinkwasserversorgung darstellt. Insbesondere deshalb gibt es in Deutschland Wasserschutzgebiete, die in erster Linie dem Schutz der Trinkwasserversorgung dienen. Aber auch außerhalb von Wasserschutzgebieten ist jedwede Verschlechterung des Grundwasserzustandes zu verhindern, zumal dieses auch durch die EU-Wasserrahmenrichtlinie vorgegeben wird. Der Bund hat insoweit eine Grundwasser-Verordnung erlassen, die am 18.11.2010 in Kraft getreten ist.
In Anbetracht dessen sehen wir es als unerlässlich und unverzichtbar an, dass zeitlich vor der Förderung von unkonventionellen Erdgasvorkommen, aber auch im Vorfeld bei so genannten Probebohrungen, eine Verschmutzung des Grundwassers definitiv ausgeschlossen werden kann.
Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die Folgewirkungen der PFT-Problematik, die im Jahr 2006 im Sauerland aufgetreten ist und bis heute Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung nach sich zieht. Auch deshalb muss selbst bei Probebohrungen eine Gefährdung des Grundwassers definitiv ausgeschlossen werden können.
Eine Besonderheit der bergrechtlichen Verfahrensvorschriften ist zudem, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung nur für die „Gewinnung von Erdgas“ vorgeschrieben ist und auch dies nur, wenn ein Fördervolumen von täglich mehr als 500.000 m³ geplant ist. Damit dürften typische Erkundungsvorbereitungsmaßnahmen im Bereich des Fracing regelmäßig nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erfasst sein. Die Fördervolumina sind aber unter Berücksichtigung der besonderen Risiken des Fracing nicht entscheidend, vielmehr kommt es auf die konkreten Gefährdungspotentiale für die betreffenden Umweltmedien, insbesondere das Grundwasser, an. Es ist daher die Forderung aufzustellen, generell für alle Schritte im Rahmen der Erschließung „unkonventioneller Erdgasvorkommen“ einschließlich Probebohrung und Fracing eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzuschreiben und die Genehmigung von der Vereinbarkeit mit den Belangen der Umwelt abhängig zu machen. Hierfür sollte sich das Land Nordrhein-Westfalen, insbesondere über den Bundesrat, einsetzen.
Zudem muss auch die Beteiligung der Öffentlichkeit, der betroffenen öffentlich-rechtlichen Körperschaften und insbesondere der Kommunen verbessert werden, die gegenwärtig in bergrechtlichen Verfahren nicht oder nur eingeschränkt vorgesehen ist. Die bisher durch die Bezirksregierung Arnsberg auf freiwilliger Basis durchgeführten Informationstermine reichen aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände nicht aus, die Interessen der Bürger und Kommunen ausreichend zu berücksichtigen.
Schließlich sollte auch darauf hingewirkt werden, dass die von dem Abbau und den Vorbereitungsmaßnahmen zum Abbau „unkonventioneller Erdgasvorkommen“ betroffenen Kommunen im Rahmen sämtlicher bergrechtlicher Erlaubnisverfahren (zur Aufsuchung, ggf. zur späteren Gewinnung oder Aufbereitung) umfassend beteiligt werden; hierzu sollte auf gesetzlicher Ebene eine Klarstellung geschaffen werden.
Außerdem muss auch sichergestellt sein, dass keine nachteiligen Folgewirkungen für die Grundstücksnutzung insbesondere im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (§ 35 BauGB) entstehen. Hierzu gehört auch, dass eine Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung von Grundstücken nicht entsteht und ebenso jedwede Gefährdung im Rahmen der Produktion von Nahrungsmitteln im Interesse des Verbraucher- und Gesundheitsschutzes ausgeschlossen ist. Schlussendlich muss auch eine Beeinträchtigung von Wohngebieten und sonstigen Baugebieten ausgeschlossen werden können.
Insgesamt sind daher die Landesregierung und der Landtag aufgefordert, die in diesem Zusammenhang stehenden Fragestellungen sorgfältig abzuklären, damit Grundwasser-Verschmutzungen sowie sonstige Beeinträchtigungen von Grundstücksnutzungen zweifelsfrei ausgeschlossen werden können."
Az.: II/2 20-00 qu/qu