Mitteilungen - Umwelt, Abfall, Abwasser

StGB NRW-Mitteilung 112/2014 vom 16.12.2013

Kommunale Spitzenverbände zur Luftreinhaltung

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte am 05.09.2013 (Az.: 7 C 21.12; siehe Mitt. StGB NRW Nr. 691/2013) entschieden, dass anerkannten Umweltverbänden ein Klagerecht gegen einen Luftreinhalteplan zusteht. Die geltenden Grenzwerte für Stickoxide (NO 2) wurden in der betroffenen Stadt Darmstadt an den drei am stärksten belasteten Straßenzügen trotz des Luftreinhalteplans auf absehbare Zeit nicht eingehalten. Auf die Klage eines Umweltverbandes hatte das zuständige Verwaltungsgericht das Land Hessen verpflichtet, den Luftreinhalteplan so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des Immissionsgrenzwertes für NO2 vorsieht. Zu den in Betracht kommenden Maßnahmen zählte dabei auch die Einführung einer Umweltzone. Mit seiner Sprungrevision zum BVerwG hatte das Land Hessen geltend gemacht, der klagende Umweltverband sei nicht klagebefugt. Dem folgte das Bundesverwaltungsgericht nicht.

Im Nachgang hierzu hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell) mit Schreiben vom 15.11.2013 verschiedene Städte und Gemeinden in Deutschland angeschrieben. Auch Mitgliedsstädte des StGB NRW haben das Schreiben erhalten, weshalb der StGB NRW mit Schnellbrief vom 05.12.2013 hierüber die Stadt- und Gemeindeverwaltungen unterrichtet hat. Gleichzeitig wurde das Schreiben der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände vom 03.12.2013 an die Deutsche Umwelthilfe beigefügt, welches folgenden Wortlaut hat:

„Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 15. November 2013, mit dem Sie einige unserer Mitgliedkommunen „auffordern“, Ihnen die geplanten Maßnahmen mitzuteilen, um eine Grenzwertüberschreitung bei Stickstoffdioxid (NO2) aktuell und in naher Zukunft zu verhindern. Gleichzeitig drohen Sie „rechtliche Schritte“ für den Fall an, dass Ihnen die von den Kommunen vorgesehenen Maßnahmen nicht ausreichend erscheinen. Ihr „Antrag“ ist mit einer Frist bis zum 13. Dezember 2013 versehen. Ihr Vorgehen ist aus unserer Sicht unangemessen und inakzeptabel und erst Recht nicht zielführend. Zu diesem Schreiben nehmen wir daher wie folgt Stellung:

Für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen sind — bis auf zwei Ausnahmen — deutschlandweit die Länder zuständig. Rechtliche Schritte — auch von Umweltverbänden — müssen deshalb gegenüber dem jeweils zuständigen Land unternommen werden. Ihr „Antrag“ richtet sich deshalb an den falschen Adressaten.

Unsere Mitgliedkommunen nehmen das Thema Luftreinhalteplanung seit langem sehr ernst. Gemeinsam mit den zuständigen Landesbehörden haben sie deshalb eine Vielzahl von Maßnahmen erarbeitet und umgesetzt, die in den Luftreinhalteplänen dokumentiert worden sind. Die kommunalen Bemühungen, die Verkehrsemissionen mit stadtplanerischen, verkehrsplanerischen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen zu verringern, stoßen jedoch an ihre Grenzen. Die EU-Kommission (Generaldirektion Umwelt) hat bekanntlich Ende Februar entschieden, dass den Anträgen auf Fristverlängerung (NO2) für insgesamt 57 Städte und Regionen in Deutschland nur in 24 Fällen stattgegeben wird. Die kommunalen Spitzenverbände setzen sich seit langem für u.a. folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ein:

  • Schnelle Einführung der modernsten Abgasnorm EURO 6 nicht nur für Neufahrzeuge, sondern auch für den Bestand (Nachrüstpflicht).
  • Prüfung strengerer immissionsschutzrechtlicher Vorgaben für Industrieanlagen und Kraftwerke, die maßgebliche Emittenten von Feinstaub sind (Bekämpfung an der Quelle).
  • Wirtschaftliche Anreize zur Umrüstung durch eine stärker emissionsbezogene Kfz-Steuer für Pkw.
  • Fortschreibung und Stärkung der emissionsabhängigen Mautgebührenstaffelung.
  • Verbesserung der Anreize für die Nachrüstung mit Filtersystemen, die sowohl den Partikel- als auch den Stickoxidausstoß bereits zugelassener Fahrzeuge reduzieren.
  • Einführung eines bundesweiten Förderprogramms für die Anschaffung abgasarmer, nicht mautpflichtiger leichter Lkw’s.
  • Zusätzliche Förderprogramme der EU, des Bundes und der Länder zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur (z.B. durch intelligente Ampelschaltungen, zügigen Ausbau der Elektromobilität, Radweg- und ÖPNV-Ausbau)
  • Erhöhung der Finanzmittel für die Gemeindeverkehrsfinanzierung von 1,34 Mrd. Euro auf 1,96 Mrd. Euro ab dem Jahr 2014 (GVFG).

Diese Forderungen haben die kommunalen Spitzenverbände gegenüber der Umweltministerkonferenz in einem Gespräch am 4. Juli 2013 vorgetragen. Sie waren gleichfalls Bestandteil der Forderungen an den neuen Bundestag und die neue Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD werden diese kommunalen Forderungen im Kapitel „Umwelt und Gesundheit“ (Seite 121), insbesondere bezüglich der Reduzierung von Schadstoffen bereits an der Quelle mit innovativen Techniken, aufgegriffen.

Da auch der Deutschen Umwelthilfe bekannt ist, dass im Rahmen der bestehenden europarechtlichen Regelungen eine Änderung der NO2-Problematik nur dann eintreten wird, wenn die Schadstofftechnik EURO 6 sich auf breiter Front in der Fahrzeugflotte durchgesetzt hat, wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre Kraft und Energie auf die Unterstützung der berechtigten und zielführenden kommunalen Forderungen verwenden würden. Die o. g. Vorschläge sind im Übrigen u.a. durch den Deutschen Städtetag auch mit Vertretern der Generaldirektion Umwelt abgesprochen worden. Auch dort hält man die vorgeschlagenen Maßnahmen für zielführend. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Umsetzung der verpflichtenden Verwendung von Baumaschinen mit Partikelfiltern fehlt bisher. Auch hier könnte sich die Deutsche Umwelthilfe im Interesse des Umweltschutzes politisch engagieren.

Am 14.11.2013 hat der Deutsche Städtetag gemeinsam mit den Umweltverbänden eine Tagung „Saubere Luft in den Städten“ durchgeführt. Ziel der Tagung war es, einerseits die aktuellen Überlegungen zur Luftreinhalteplanung auf der europäischen und auf der Bundesebene darzulegen sowie andererseits die bereits umgesetzten Maßnahmen in den deutschen Städten gemeinsam mit Vertretern der Umweltverbände zu diskutieren, um im Interesse eines effektiven Gesundheitsschutzes weitere Fortschritte bei der Luftreinhaltung zu erzielen.

Ein Ergebnis dieser Tagung war, dass die Vertreterin der Generaldirektion Umwelt der Europäischen Kommission vom intensiven Engagement der deutschen Städte und Regionen in der Luftreinhalteplanung beeindruckt war. Weiterhin bestand Konsens zwischen allen Beteiligten, dass die umwelt- und gesundheitspolitischen Ziele der europäischen Luftqualitätsrichtlinie unbestritten richtig seien. Allerdings wurde von allen Beteiligten auch deutlich gemacht, dass nur gemeinsame Anstrengungen der verschiedenen Akteure weitere Fortschritte in der Schadstoffreduktion bringen können.

Vor diesem Hintergrund halten wir den Stil Ihres Schreibens an die Städte und Regionen für inakzeptabel. Zudem werden Sie die weitere Zusammenarbeit mit den Kommunen nur dann weiterhin kooperativ gestalten können, wenn zukünftig unsere Mitgliedkommunen nicht durch derartige Schreiben „an den Pranger gestellt werden“, obwohl sie mit großem Einsatz Maßnahmen der Luftreinhaltung vorantreiben. Wir bitten Sie daher, Ihre Art des Vorgehens zu überdenken und sich zukünftig auf politische Aktionen gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden zur Verbesserung der Luftqualität zu konzentrieren. Für ein vertiefendes Gespräch über alle Fragen der Luftreinhaltung stehen wir Ihnen selbstverständlich sehr gerne zur Verfügung“.

Az.: II/2 70-40 qu-ko

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