Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft

StGB NRW-Mitteilung 435/2015 vom 14.08.2015

Kommunaler Finanzreport 2015 der Bertelsmann Stiftung

Am 14. August 2015 hat die Bertelsmann Stiftung nach 2008 und 2013 nun ihren dritten kommunalen Finanzreport veröffentlicht. Dieser steht im Internet zum Download bereit unter www.bertelsmann-stiftung.de (Achtung: Dateigröße 43,8 MB). Die Ergebnisse und Aussagen des Kommunalen Finanzreports 2015 sind nachfolgend zusammengefasst.

Die bundesweite Analyse der kommunalen Haushalte zeigt nach dem Kommunalen Finanzreport 2015 ein weiteres Verschärfen bestehender Haushaltskrisen und eine sich verstärkende Diskrepanz zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen. Es gibt insgesamt keine Entwarnung für die kommunalen Haushalte. Die Kassenkredite steigen weiter, die Disparitäten in der kommunalen Finanzsituation verschärfen sich. Die Forderungen des StGB NRW und des DStGB nach einer dauerhaften kommunalen Finanzausstattung und Kostenentlastung vor allem bei den Sozialausgaben werden durch den neuen Kommunalen Finanzreport untermauert.

Der kommunale Finanzreport gliedert sich in vier Kapitel. Unter den „Rahmenbedingungen kommunalen Handelns“  wird die Bedeutung und der Einfluss externer Rahmenbedingungen auf die kommunalen Haushalte näher beleuchtet. Im Kapitel „Kommunale Finanzlage im Jahr 2014“ erwartet einen die klassische Berichterstattung über den Stand der Haushalte im Ländervergleich. In diesem Zusammenhang wird auch auf den Autonomiegrad der kommunalen Einnahmen und Ausgaben eingegangen. Im dritten Kapitel „Disparitätenanalyse“ werden zeitliche Trends und regionalen Unterschiede zwischen den Kommunen hinsichtlich der Kosten der Unterkunft (KdU), der Steuereinnahmekraft und der Verschuldung analysiert. Abschließend widmet sich der kommunale Finanzreport 2015 den für die Kommunen aufgelegten Stabilitäts- und Entschuldungsprogrammen der Bundesländer.

Das von der Bertelsmann-Stiftung zur Verfügung gestellte Zahlenmaterial stellt dabei allerdings nicht alleine auf das Jahr 2015 ab, zum Teil verweist es auch auf die Jahre 2012-2014 und berichtet damit nicht über den aktuellen Stand in 2015. Zudem dürften die auf der Ebene der Bundesländer regionalisierten Zahlen zudem teilweise kritisch mit Blick auf deren Validität und Aussagekraft diskutiert werden sowie mit Blick auf die Ausgangsvoraussetzungen und Entwicklungen in dem jeweiligen Land. So ist zum Beispiel der Hinweis in dem Kommunalen Finanzreport auf die Steuerkraft der hessischen Kommunen nicht ohne Verweis auf die erhebliche Verschuldenssituation der hessischen Kommunen zu sehen. Zudem gibt es zum Teil deutliche Unterschiede in den kommunalen Aufgaben und Zuständigkeiten. Auf die aktuelle Lage und Kostenentwicklung bei den Themen Flüchtlinge und Asyl geht der Kommunale Finanzreport naturgemäß nicht ein.

Weitere Aussagen des kommunalen Finanzreports 2015: Nach dem neuen kommunalen Finanzreport der Bertelsmann Stiftung haben die Bayerischen Kommunen das Haushaltsjahr 2014 mit 127 Euro pro Einwohner im Plus abgeschlossen, während die Kommunen im Saarland mit 319 Euro je Einwohner im Minus lagen. Bundesweit erzielten die Kommunen in den Flächenländern noch einen marginalen Überschuss von 240 Mio. Euro, wobei der Saldo in sechs Ländern allerdings negativ war. Gravierende Unterschiede zwischen den Ländern zeigen sich auch bei den gemeindlichen Steuereinnahmen. Die steuerstärksten Bundesländer waren 2014 Hessen und Bayern mit rund 1.300 Euro pro Einwohner, das gemeindliche Steueraufkommen in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern lag im Vergleich nur bei der Hälfte.

Entsprechend verwundert es nicht, dass die zehn steuerschwächsten Kommunen allesamt in Ostdeutschland und sieben der zehn steuerstärksten Kommunen in Bayern liegen. Die Unterschiede der Steuerkraft sind vor allem in den wirtschaftsstarken Ländern besonders groß. So lagen die Steuereinnahmen je Einwohner im Kreis München bei 3.440 Euro und in der Stadt Bayreuth bei lediglich 740 Euro. Die Entwicklung seit 2008 zeigt, dass sich die unterschiedliche Steuerkraft verstetigt hat und vor allem in starken Kommunen das Wachstum größer war. Die Steuerkraft der ostdeutschen Gemeinden stagniert weiterhin bei rund 60 Prozent des Niveaus der alten Bundesländer. Aufgrund der niedrigen Eigenfinanzierung aus Steuern ist die Autonomie ostdeutscher Kommunen merklich geringer als die der Kommunen in Westdeutschland. Gemessen an den Steuereinnahmen, vor allem ohne Zweckbindung am Haushalt, besitzen die Kommunen in Hessen die höchste Autonomie.

Die wichtigsten Ausgabenarten sind Personal (26 Prozent) und Soziales (24 Prozent). Auch hier gibt es wieder große Unterschiede zwischen den Kommunen in den Ländern, wobei dies hier unter anderem auf den unterschiedlichen Kommunalisierungsgrad der Aufgaben zurückzuführen ist. Vor allem die Sozialausgaben weisen mit einem bundesweiten Anstieg binnen eines Jahres von fünf Prozent eine hohe Dynamik auf, im Saarland lag der Anstieg gar bei 16 Prozent. Am höchsten sind die Sozialausgaben je Einwohner mit 853 Euro in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt liegt dagegen bei 405 Euro je Einwohner.

Große regionale Unterschiede sind auch bei den Kosten der Unterkunft nach SGB II festzustellen, die in den bayerischen Kommunen im Schnitt bei lediglich 78 Euro und in Mecklenburg-Vorpommern bei 244 Euro je Einwohner liegen. Noch größer ist der Unterschied zwischen den kommunalen Trägern. Innerhalb der Länder gibt es bei den KdU allerdings ebenfalls große Unterschiede. So variiert die Haushaltsbelastung durch die KdU in Nordrhein-Westfalen und Hessen bei rund 300 Euro je Einwohner. Der Vergleich der KdU-Zahlen der Jahre 2008 und 2013 zeigt, dass es keine sonderlichen Veränderungen bei der Belastung der Kommunen gab, es also eine konstante Gruppe mit hohen KdU-Ausgaben und eine konstante Gruppe gering belasteter Kommunen gibt. In diesem Zusammenhang appelliert die Bertelsmann Stiftung in ihrem kommunalen Finanzreport für einen deutlich höheren Finanzierungsanteil des Bundes an den KdU.

Der kommunale Finanzreport 2015 zeigt auch die Investitionsschwäche strukturschwacher Kommunen auf. So wurden 2014 in Mecklenburg-Vorpommern 206 und in Nordrhein-Westfalen 215 Euro pro Einwohner in den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur investiert. Mehr als doppelt so hoch war das Investitionsniveau je Einwohner in Bayern (590 Euro) und Baden-Württemberg (465 Euro).

Von 2008 bis 2013 erhöhte sich die Gesamtverschuldung der Kommunen nur geringfügig von 125 auf 135 Mrd. Euro. Sechs Ländern gelang dabei eine Verringerung der Schuldlast, wohingegen sie in sieben Flächenländern anstieg. An der Spitze des Abbaus der Gesamtverschuldung stehen die bayerischen Städte München, Regensburg und Straubing. Vor allem in Ländern mit ohnehin schon hoher kommunaler Verschuldung stieg die Verschuldung hingegen noch an. Der prozentual höchste Anstieg des Schuldenstandes war bei Kommunen in Rheinland-Pfalz auszumachen. Ostdeutsche Kommunen sind trotz hoher KdU-Ausgaben und geringer Steuerkraft weiterhin nicht übermäßig verschuldet.

Die wachsende Diskrepanz zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen wird bei den Kassenkrediten noch merklich sichtbarer. So schnellten diese zwischen den Jahren 2000 und 2014 von sieben auf 40 Mrd. Euro hoch. Im Saarland beliefen sich die Kassenkredite im Jahr 2014 auf rund 2.000 Euro pro Einwohner. Über 50 Prozent des Gesamtschuldenstandes machen mittlerweile im Saarland, in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz die Kassenkredite aus.

Im Zuge größer werdender Haushaltsprobleme der Kommunen haben neun der 13 Flächenländer in den Jahren 2009 und 2010 Entschuldungs- und Stabilisierungsprogramme aufgelegt. Auffallend ist dabei die föderal bedingt sehr differente Ausgestaltung, die - so zeigen die strukturellen Daten - vor allem auf die länderspezifischen Problemlagen zurückzuführen sind. Eine erste Analyse (Kommunen mit mehr als 50.000 Einwohnern) zeigt, dass die kommunalen Konsolidierungsbeiträge auf einem Niveau mit den erhaltenen Finanzhilfen liegen und teilweise sogar noch über diese hinausgehen.

Der kommunale Finanzreport zeigt nach bisherigen Erfahrungen allerdings auch auf, dass die eingesetzten Fördermittel eine gewisse Mindesthöhe erreichen müssen, um eine entsprechende Hebelwirkung erzielen zu können. So geht der gering ausgestattete Entlastungsfonds im Saarland einher mit geringen Konsolidierungspflichten, woraus ersten Analysen nach wiederum auch keine nennenswerte Verbesserung der saarländischen Kommunalhaushalte resultierte. Die weitere Umsetzung des Programms beziehungsweise des Entlastungsfonds wird daher teilweise bereits wieder in Frage gestellt. Grundsätzlich gilt, dass der langfristige Erfolg der Entschuldungs- und Stabilitätsprogramme letztlich sowohl von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der Umsetzung bereits angekündigter Entlastungen durch den Bund, wie von einer grundsätzlich angemessenen Finanzausstattung der Kommunen durch die Länder abhängig ist.

Zusammenfassend zeigt der „Kommunale Finanzreport 2015“ ein Verschärfen bestehender Haushaltskrisen auf. Es wird auch deutlich, dass finanzschwache Kommunen bei miteinander einhergehenden hohen Sozialausgaben und niedriger Steuerkraft eigentlich kaum Möglichkeiten haben, ihre finanziellen Handlungsspielräume mittelfristig zu verbessern. Es verwundert folglich auch nicht, dass 85 Prozent der Kommunen, die sich bereits im Jahr 2008 im schlechtesten Viertel befanden, auch 2013 noch dort verharren.

Az.: IV 41.0.7-001/004

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