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StGB NRW-Mitteilung 551/1996 vom 20.11.1996
Kommunaler Widerstand gegen ein Planungsgebot im Raumordnungsgesetz
Im Anschluß an die Beratungen des Präsidiums des Deutschen Städte- und Gemeindebundes am 17./18.9.1996 zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 hat sich Präsident Bernrath gegenüber Bundesminister Professor Dr. Töpfer mit Schreiben vom 10.10.1996 nochmals eingehend mit den Überlegungen der Bundesregierung zur Schaffung eines Planungsgebotes auseinandergesetzt und die unmißverständliche Ablehnung der kommunalen Spitzenverbände deutlich gemacht. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
"Der Regierungsentwurf zum Raumordnungsgesetz begründet mit § 13 erstmalig ein Planungsgebot zu Lasten der Städte und Gemeinden. Ein derartiger Eingriff in die kommunale Planungshoheit kommt schon deshalb überraschend, weil es in den vergangenen Jahren weder eine Diskussion mit den kommunalen Spitzenverbänden über die Aufnahme eines Planungsgebotes in das ROG gegeben hat, noch entsprechende Voten zuständiger Expertenkommissionen vorliegen.
Die der Novelle beigefügte Begründung zu § 13 stützt sich auf den Bericht der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission zur Wohnungspolitik vom 16.10.1994, gibt deren Votum jedoch mehr als verkürzt wieder. Die Expertenkommission zur Wohnungspolitik ist das einzige mit der Raumordnung befaßte Gremium, das sich - mit Blick auf die Stadt/ Umlandproblematik und auch nur in sachlich eingeschränkter Form sowie mit einem gewichtigen Minderheitsvotum - überhaupt für ein Planungsgebot ausgesprochen hat. Sie betont jedoch, daß die kommunale Selbstverwaltungsgarantie lediglich eine tatbestandlich strikt umgrenzte Ausnahmeregelung zugunsten überörtlicher Planungsinteressen zulasse, für deren Durchsetzung im Einzelfall ein gravierendes Bedürfnis bestehen müsse. Im Gegenzug müßten gleichzeitig um so wirksamere Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte der Gemeinden begründet werden. Es ist sehr zweifelhaft, ob § 13 überhaupt einen derartigen Ausnahmetatbestand formuliert und damit den verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt. Der von der Expertenkommission verlangten Verknüpfung von Planungspflicht und Mitwirkungsrecht wird die ROG-Novelle jedenfalls in keiner Weise gerecht.
Neuere Stellungnahmen anderer mit der Raumordnung befaßter Gremien sprechen eindeutig gegen die Aufnahme eines Planungsgebotes in das Raumordnungsgesetz. So vertritt die Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs mit Hinweis auf Art. 28 Abs. 2 GG die Auffassung, daß kein Erfordernis zur Einschränkung der Planungshoheit der Gemeinden bestehe. Gegen eine weitere gesetzliche Einschränkung der kommunalen Planungshoheit spreche vielmehr, daß sich die Stadt/Umlandproblematik nicht durch rechtliche Vorgaben sondern primär durch eine interkommunale und regionale Zusammenarbeit lösen lasse.
Diese Sicht entspricht meiner Auffassung nach auch einer zeitgemäßen Vorstellung über die Rolle von Raumordnung und Landesplanung, die mehr auf Konsens und Moderation als auf Verrechtlichung und Zwang setzen sollte. Der Beirat für Raumordnung hat sich in seiner Empfehlung zur Novellierung des Raumordnungsgesetzes vom 9.2.1996 ebenfalls nicht für die Schaffung eines Planungsgebotes ausgesprochen. Auch der ad hoc-Arbeitskreis der Akademie für Raumforschung und Landesplanung erwägt in seinen Empfehlungen II an die Gesetzgebungsorgane des Bundes und der Länder zur Novellierung des Raumordnungsgesetzrechts vom Dezember 1995 nicht mehr die Schaffung eines Planungsgebotes sondern spricht sich vielmehr für Kooperationen vielfältigster Art aus.
Die Begründung zu § 13 des Regierungsentwurfs verweist des weiteren darauf, daß bereits in den Landesplanungsgesetzen einiger Bundesländer Planungsgebote vorhanden sind. Die Planungsgebote der Länder sind jedoch größtenteils an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft. Bisher hat - soweit mir bekannt ist - noch kein Land ein Planungsgebot ausgesprochen, obwohl entsprechende Regelungen seit Jahren in einigen Landesplanungsgesetzen existieren. In diesem Zusammenhang verweise ich darauf, daß sich die Ministerkonferenz für Raumordnung in ihrem Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen dafür ausgesprochen hat, daß neuartige raumordnerische Instrumentarien nur dann einer normativen Regelung unterworfen werden sollten, wenn sie sich nach längerer praktischer Anwendung bewährt haben.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht in Übereinstimmung mit den beiden anderen kommunalen Spitzenverbänden in der Schaffung eines Planungsgebotes im Bundesrecht eine unzulässige und unnötige Einschränkung der kommunalen Planungshoheit. § 1 Abs. 4 BauGB und § 4 Abs. 1 des Regierungsentwurfs zum ROG gewährleisten die Beachtung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung in ausreichendem Maße. Das Präsidium des Deutschen Städte- und Gemeindebundes hat dementsprechend auf seiner letzten Sitzung am 17./18.9.1996 beschlossen, der gesamten ROG-Novelle nicht zuzustimmen, sofern § 13 in der jetzigen Form bestehen bleibt. Dies wäre das erste Mal seit 1965, daß eine ROG-Novelle ohne Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände in Kraft treten würde. Ausdrücklich darf ich Sie, sehr geehrter Herr Minister Töpfer, in Würdigung des dargestellten Sachverhalts darum bitten, das Planungsgebot aus der ROG-Novelle zu streichen."
Az.: III 610 - 23